Das Licht Von Atlantis
der Frauen ihrer Umgebung oder ihrer Sklavinnen ausgeliefert oder in einem besonderen Notfall einem Heiler-Priester, falls er sich ihrer erbarmte. Aber selbst für eine saji war ein Mann an einem Kindbett noch eine schreckliche Schande; so zogen sie sogar die ungeschickte Hilfe einer Sklavin vor.
Das saji -Mädchen erlebte eine schwere Geburt; Deoris hörte ihre Schreie fast die ganze Nacht. Sie war im Ring gewesen, war erschöpft und wollte schlafen, aber das qualvolle Stöhnen, unterbrochen von heiseren Schreien, zerrte an ihren Nerven. Die anderen Mädchen unterhielten sich, halb fasziniert und halb entsetzt, in verängstigtem Flüstern. Deoris lauschte und dachte voller Schuldbewusstsein an ihr Können, das Karahama gelobt hatte, und an die laienhafte Behandlung, die das saji -Mädchen erfahren musste.
Sie versuchte, in das Zimmer des Mädchens einzudringen, was ihr erst nach einiger Mühe gelang. Sie wusste, dass sie sich dadurch verunreinigte - aber schließlich war Karahama selbst auch einmal saji gewesen.
Teils durch gutes Zureden, teils durch Schimpfen wurde Deoris die anderen, die die Sache verpfuscht hatten, endlich los. Nach einer Stunde schwerer Arbeit entband sie die kleine saji und hatte sogar einiges von dem Schaden wiedergutgemacht, den die unwissenden Sklavinnen angerichtet hatten. Sie ließ das Mädchen schwören, niemandem zu sagen, wer ihr geholfen habe. Doch irgendwie sickerte das Geheimnis doch durch, entweder durch das dumme Geschwätz der beleidigten Sklavinnen oder durch die unsichtbaren Nachrichtenkanäle, die durch jede größere und engverbundene Gemeinschaft laufen und nicht aufspürbar sind.
Als Deoris das nächste Mal zum Tempel Caratras kam, wurde ihr der Zutritt verweigert. Schlimmer noch, man nahm sie fest und befragte sie endlos über das, was sie getan hatte. Einen Tag und eine Nacht musste Deoris in einer Einzelzelle zubringen, wo sie sich beinahe in Hysterie hineinsteigerte. Danach teilte man ihr streng mit, dass ihr Fall vor die Wächter gebracht werden müsse.
Als Rajasta davon erfuhr, waren seine erste Reaktion Abscheu und Entsetzen, aber er handelte nicht danach und wies mehrere Vorschläge zur Bestrafung zurück. Deoris erfuhr nie, welchem Schicksal sie um Haaresbreite entkommen war. Es erschien logisch, Riveda zu informieren, denn er war nicht nur Adept der Graumantel-Sekte, sondern auch Deoris' persönlicher Initiator, und man konnte sich darauf verlassen, dass er geeignete Schritte unternehmen würde. Auch diesen Gedanken verwarf Rajasta allerdings sofort.
Domaris gehörte ebenfalls zu den Wächtern, und so hätte Rajasta den Fall auch ihr vortragen können. Er wusste jedoch, dass Domaris und Deoris nicht mehr gut miteinander standen und dass mehr Schaden als Nutzen daraus entstehen mochte. Schließlich nahm er die Sache in die eigene Hand. Er rief Deoris zu sich, und eine Weile sprach er freundlich mit ihr von anderen Dingen. Dann fragte er sie, warum sie sich eine so schwerwiegende Verletzung der Gesetze von Caratras Tempel habe zuschulden kommen lassen...
Deoris antwortete stammelnd: »Weil - weil ich es nicht ertragen konnte, wie sie litt - wir haben gelernt, dass zu einer solchen Zeit alle Frauen eins sind. Es hätte Domaris sein können! Ich meine -«
Rajasta sah sie mitleidig an. »Mein Kind, das kann ich verstehen. Aber - was glaubst du wohl, warum die Priesterinnen von Caratras Tempel so sorgfältig behütet werden? Sie arbeiten bei den Frauen des Tempels und der ganzen Stadt. Eine Frau im Kindbett ist verwundbar, empfindsam gegen die geringste psychische Störung. Welche körperliche Gefahr für sie auch bestehen mag, dies ist schlimmer; ihr Geist und ihre Seele sind offen für großes Unheil. Vor gar nicht langer Zeit hat Domaris ihr Kind unter furchtbaren Schmerzen verloren. Möchtest du andere solchem Elend aussetzen?«
Deoris starrte stumm auf den Steinfußboden.
»Du selbst hast einen Schutz, wenn du unter die saji gehst, Deoris.« Rajasta spürte ihre Stimmung. »Aber du hast dich um eine saji -Frau in ihrem verletzbarsten Augenblick gekümmert - und wäre das nicht entdeckt worden, hätte in Zukunft jede schwangere Frau unter deinen Händen ihr Kind verloren!«
Deoris entrang sich ein entsetztes, doch ungläubiges Keuchen.
»Mein armes Mädchen«, sagte Rajasta sanft und schüttelte langsam den Kopf. »Diese Dinge sind nicht allgemein bekannt, aber die Gesetze des Tempels sind nicht bloß abergläubische Verhaltensmaßregeln. Deoris! Das ist
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