Das Licht Von Atlantis
werden!
Arvath wiederum gewann die Klarheit seines Denkens zurück und beruhigte sich. Schließlich hatte er nichts gesehen, was seine Eifersucht rechtfertigte, und Rajasta würde seiner Akoluthin bestimmt nicht erlauben, die Bräuche der Zwölf zu verletzen... So redete Arvath sich selbst gut zu, und bequemerweise vergaß er dabei alle Bräuche bis auf die, deren strenge Einhaltung er selbst wünschte.
Der Hauptgrund aber, dass sich Arvaths Zorn jetzt so rasch legte, war, dass er Micon wirklich mochte - und dass sie außerdem Landsleute waren. Bald waren die beiden in ein unverfängliches, freundliches Gespräch vertieft, wobei Micon allerdings, der mit seinen überaus empfindsamen Sinnen Arvaths Stimmung genau gespürt hatte, anfangs noch mit einiger Zurückhaltung antwortete.
Domaris hörte nicht länger zu. Sie entzog sich den widerstreitenden Gefühlen in ihrem Innern, indem sie sich ernsthaft ihrer Pflicht widmete. Die Augen auf die Sterne gerichtet, den Geist in Meditation versunken, studierte sie die Vorzeichen der Nacht.
Allmählich wurde es auf dem Sternenfeld ruhig. Die kleinen Beobachtergruppen verstummten, eine nach der anderen. Nur hin und wieder waren noch seltsam unirdisch klingende Wortfetzen zu hören; sie stammten von einer Schar besonders wachsamer junger Priester in einer abgelegenen Ecke des Feldes. Eine leichte Brise fuhr durch die Grashalme, ließ Mäntel und lange Haare flattern und legte sich wieder. Eine Wolke verdeckte vorübergehend den Stern in der Nähe Caratras. Irgendwo jammerte ein Kind und wurde wieder beruhigt.
Weit unter ihnen deutete ein trübes rotes Flackern die Stelle an, wo am Deich vor dem Meer Feuer angezündet worden waren, um Schiffe vor den Felsen zu warnen. Deoris war auf dem Gras eingeschlafen, den Kopf auf Rivedas Knien, die Schultern von dem langen grauen Mantel des Adepten bedeckt.
Arvath studierte wie Domaris die Omina der Sterne in meditativer Trance; Micon hing seinen eigenen stummen Gedanken nach. Rajastas Blick wanderte aus Gründen, die er sich selbst nicht erklären konnte, immer wieder zu Riveda hin. Stumm und bewegungslos hob sich das markante Profil Rivedas, sein Kopf und sein gerader Rücken, in tiefer Schwärze vor dem Sternenhimmel ab. Träumend saß der Adept da, Stunde um Stunde, sein Anblick faszinierte Rajasta. Die Sterne hinter dem Adepten schienen abwechselnd zu verblassen und aufzuleuchten - und für einen Augenblick vereinigten sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und wurden eins für den Priester des Lichts. Er sah Rivedas Gesicht, hagerer und müder, die Lippen in grimmiger Entschlossenheit zusammengepresst. Die Sterne waren völlig verschwunden, aber ein rötlich-gelber Schleier, wie aus Tausenden feiner, vom Wind verwehter Spinnwebfäden zusammengesetzt, tanzte und drehte sich um den Adepten.
Plötzlich umgab ein gleißender, schrecklicher Feuerschein Rivedas Kopf. Die dorje! Rajasta fuhr zusammen. Ein Beben durchlief ihn und alles um ihn herum, und dann waren die Dinge wieder wie zuvor. Ich muss geschlafen haben , sagte er erschüttert zu sich selbst. Das kann keine echte Vision gewesen sein! Aber er mochte zwinkern, wie er wollte, der grauenhafte Anblick von Rivedas Kopf veränderte sich nicht, bis Rajasta mit einem leisen Aufstöhnen das Gesicht abwandte.
Ein Windstoß fuhr über das stille Sternenfeld und verwandelte den Schweiß auf Rajastas Stirn in eisige Tropfen. Der Priester des Lichts wurde von wirrem Entsetzen geschüttelt, das gelegentlich von wellenhaften Phasen klarer Einsicht unterbrochen wurde.
Die Augenblicke, die vergingen, bis der Schock sich gelegt hatte, gehörten zu den schlimmsten, die Rajasta bislang durchlebt hatte, und kamen ihm wie ein nicht endendes Gefängnis der Zeit vor.
Vorgebeugt saß der Priester des Lichts da, noch immer von Angst gepackt und daher unfähig, in Rivedas Richtung zu blicken. Es kann nichts anderes gewesen sein als ein Alptraum , versicherte er sich beständig ohne viel Überzeugungskraft. Aber - wenn es das nicht war... Bei dieser Vorstellung erschauerte Rajasta von neuem. Dann rief er sich streng zur Ordnung und zwang seinen scharfen Verstand, das Unvorstellbare zu prüfen.
Ich muss mit Riveda darüber sprechen , entschloss Rajasta sich unwillig. Ich muss! Wenn es kein Traum war, ist es bestimmt als Warnung gemeint - als Warnung vor einer großen Gefahr, die ihm droht . Rajasta wusste nicht, was Rivedas Nachforschungen erbracht hatten, doch vielleicht... vielleicht war
Weitere Kostenlose Bücher