Das Licht Von Atlantis
schmücken, das am Abend gefeiert werden sollte.
Auf einem Hügel, von dem aus man die Meeresküste sehen konnte, fanden sie ein Feld voller Blumen. Von weit her kam ein schwacher salziger Geruch nach Binsen und Algen, die die Ebbe zurückgelassen hatte; der süße Duft des sonnengedörrten Grases hing in der Luft, vermischt mit dem schweren, berauschenden, honigsüßen Parfüm der Blüten.
Elis hatte Lissa mitgenommen. Das kleine Mädchen war jetzt über ein Jahr alt. Es tappelte überall hin, zog Blumen heraus, trampelte hinein, warf die Körbe um und zerrte an den Röcken, bis Elis ganz verzweifelt war.
Deoris, die die Kleine sehr lieb hatte, nahm sie auf den Arm. »Ich kümmere mich um sie, Elis, ich habe schon genug Blumen.«
»Ich auch«, sagte Domaris, legte ihre duftende Last nieder und fuhr sich mit der Hand über die feuchte Stirn. Die Sonne blendete auch dann noch, wenn man nicht in ihre Richtung blickte, und Domaris war schwindlig vom Einatmen der salzigen und süßlichen Gerüche. Sie nahm ihre Körbe mit Blumen und setzte sich zu Deoris ins Gras. Deoris hielt Lissa auf dem Schoß, kitzelte sie und summte ihr allerhand spaßhaften Unsinn vor.
»Du bist wie ein kleines Mädchen, das mit einer Puppe spielt, Deoris.«
Deoris' Gesicht verzog sich zu einem kleinen Lächeln. »Aber ich habe nie Puppen gemocht.«
»Das stimmt.« Domaris erinnerte sich noch genau daran, und ihr zärtlicher Blick ruhte eher auf Lissa, als auf Deoris. »Du wolltest lebendige Babys haben, wie das hier.«
Die schlanke schwarzhaarige Ista setzte sich im Schneidersitz ins Gras, zupfte an ihrem kurzen Rock und begann, mit geschickten Händen aus den Blumen in ihrem Korb Girlanden zu winden. Elis sah eine Minute lang zu. Dann warf sie einen Armvoll weißer und roter Blüten in Istas Korb. »Meine Girlanden gehen immer wieder auf«, erklärte Elis. »Winde meine auch, und ich tue dir dafür einen anderen Gefallen.«
Istas fleißige Finger hielten im Flechten nicht inne. »Das will ich gern tun, und Deoris wird mir helfen - nicht wahr, Deoris? Wir Skriptoren arbeiten allerdings nicht für einen Gegengefallen, sondern umsonst.«
Deoris drückte Lissa noch einmal an sich und legte sie Domaris in die Arme. Dann zog sie einen Korb an sich heran und verflocht die Blumen zu zierlichen Girlanden. Elis beugte sich vor und beobachtete die beiden. »Es ist eine Schande«, lachte sie, »dass ich die Tempelgesetze von zwei Skriptoren lernen muss...«
Damit warf sich Elis zu Domaris ins Gras. Von einem Busch pflückte sie eine Handvoll reifer goldener Beeren, steckte eine in den Mund und verfütterte die übrigen eine nach der anderen an die hopsende, krähende Lissa, die auf Domaris' Knien saß, ihnen beiden klebrige Küsse aufschmatzte und ihre hellen Gewänder mit Beerensaft befleckte. Domaris zog Lissa mit einer seltsamen Sehnsucht fest an sich. Mein Kind wird ein Junge sein , dachte sie stolz, ein kräftiger kleiner Sohn mit dunkelblauen Augen...
Elis sah ihre Cousine erstaunt an. »Domaris, bist du krank oder träumst du am helllichten Tag?«
Domaris befreite eine Strähne ihres kupferfarbenen Haars aus Lissas festem Kindergriff. »Ein bisschen benommen von der Sonne«, sagte sie und gab Lissa ihrer Mutter zurück. Sie versuchte mit Mühe, den einen, alles beherrschenden Gedanken zu verbannen, der zur Unwahrheit werden konnte, wenn er, und sei es nur in ihrem eigenen Kopf, in Worte gefasst wurde. Vielleicht ist es diesmal doch wahr... Seit Wochen hatte sie insgeheim gehofft, diesmal sei es soweit und sie trage Micons Sohn. Schon einmal hatte sie es voreilig ausgesprochen, und das Ende war bittere Enttäuschung. Diesmal war sie entschlossen zu schweigen, selbst Micon gegenüber, bis sie über jeden möglichen Zweifel erhaben war.
Deoris sah von ihren Blumen hoch, ließ ihre Girlande sinken und beugte sich mit großen, ängstlichen Augen zu Domaris hinüber. Die Veränderung, die mit ihrer Schwester vor sich gegangen war, hatte Deoris beinah den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie wusste, dass sie ihre Schwester verloren hatte, und sie gab allen aus ihrer Umgebung die Schuld. Sie war eifersüchtig auf Arvath, auf Elis und auf Micon und auf Rajasta ganz besonders.
Domaris war so benommen von ihrer alles überwältigenden Liebe, dass sie den Kummer des Kindes nicht bemerkte. Es ging ihr auf die Nerven, dass Deoris sich in letzter Zeit auf so kindische Weise an sie hängte. Warum konnte die Kleine nicht vernünftig sein und sie in
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