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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ob einem Menschen Gutes oder Böses widerfährt, liegt bei den Göttern, die sein Schicksal bestimmen, aber jeder Mann -« sein Gesicht verzog sich zu einem kurzen Lächeln - »und jede Frau ist frei, es sich zum Heil oder zum Unheil gereichen zu lassen.« Nun zeigte er wieder sein einnehmendes strahlendes Lächeln, wandte sein blindes Gesicht von Rajasta zu Domaris, und wieder schien es, als sähen seine blinden Augen. »Du kannst bezeugen, ob aus all dem nicht etwas Gutes erwachsen ist!«
    Rajasta neigte den Kopf. »Bei mir hat es viel Gutes bewirkt, Sohn des Lichts.«
    »Bei mir ebenfalls«, sagte Micon leise.
    Deoris beobachtete sie erstaunt. Sie fühlte ein leichtes Unbehagen und eine vage Eifersucht. Sie entzog ihre Hand Micons leichtem Griff und fragte: »Du brauchst mich heute doch nicht mehr, nicht wahr, Micon?«
    Domaris sagte schnell: »Lauf nur, Deoris; ich kann vorlesen, wenn Micon es wünscht.« Eifersüchtig wachte sie über Micon und betrachtete alles, was ihn von ihr entfernte, mit Missvergnügen.
    »Ich muss ein Wort mit dir sprechen, Domaris«, fiel Rajasta bestimmt ein. »Überlasse Micon und seine Skriptorin ihrer Arbeit und komm mit mir.«
     
    Die Frau erhob sich, erschrocken über den indirekten Vorwurf in Rajastas Ton, und schritt schweigend neben ihm den Pfad hinunter. Sie warf noch einen schnellen Blick auf ihren Liebhaber, der immer noch dasaß wie vorher. Erst jetzt senkte er den Kopf, und sein Lächeln galt Deoris, die sich zu seinen Füßen hingekauert hatte. Domaris hörte ihre kleine Schwester hell auflachen.
    Rajasta sah auf die schimmernde Krone von Domaris' Haar nieder und seufzte. Es fiel ihm schwer, sie für einen Fehler zu tadeln, der ebenso sein eigener war. Bis er sich seine Worte überlegt hatte, fühlte Domaris die Augen des Priesters, ernst und freundlich, doch feierlicher als üblich auf sich ruhen und hob das Gesicht.
    »Rajasta, ich liebe ihn«, erklärte sie schlicht.
    Diese Worte und das aufrichtige Gefühl, das sie zum Ausdruck brachten, hätten den Priester beinahe entwaffnet. Er legte die Hände auf ihre Schultern und sah ihr ins Gesicht. Nicht streng, wie er es vorgehabt hatte, sondern mit väterlicher Zuneigung sagte er leise: »Ich weiß, meine Tochter. Ich bin froh darüber. Aber du bist in Gefahr, deine Pflicht zu vergessen.«
    »Meine Pflicht?« wiederholte sie verblüfft. Sie hatte noch gar keine Pflichten innerhalb der Priesterkaste, ihr Studium ausgenommen.
    Rajasta verstand ihre Verwirrung. Er wusste jedoch auch, dass sie der Selbsterkenntnis auswich. »Du musst Rücksicht auf Deoris nehmen. Auch sie braucht dich.«
    »Aber - Deoris weiß, dass ich sie gern habe!« protestierte Domaris.
    »Weiß sie das wirklich, meine Akoluthin?« Absichtlich benutzte er diesen Ausdruck, um sie an ihre Stellung zu erinnern. »Oder muss sie glauben, du habest sie beiseite geschoben und nur noch für Micon Zeit?«
    »Sie kann nicht - sie würde nie - oh, das wollte ich nicht!« Die Ereignisse der letzten Wochen standen ihr vor Augen, und Domaris erkannte, dass der Vorwurf gerechtfertigt war. Sie ließ, wie man es sie gelehrt hatte, die Worte ihres Mentors tief auf Geist und Herz einwirken. Nach einer Weile schlug sie die Augen wieder zu ihm auf, und diesmal sprach tiefe Reue aus ihnen. »Sprich mich wenigstens von absichtlicher Selbstsucht frei«, bat sie. »Deoris ist mir so teuer und steht mir so nahe, sie ist wie ein Teil von mir, und ich hatte vergessen, dass ihre Bedürfnisse nicht immer so sind, wie ich es mir wünsche... Ich bin nachlässig gewesen; ich werde versuchen, es wieder gutzumachen -«
    »Wenn es nur nicht zu spät ist.« Ein Schatten tiefer Besorgnis verdunkelte die Augen des Priesters. »Deoris liebt dich sicher wie vorher, aber ob sie dir jemals wieder voll vertrauen kann?«
    Nun umwölkten sich Domaris' schöne Augen. Sie sprach in großer Erregung. »Wenn Deoris mir nicht mehr vertraut, muss ich die Schuld auf mich nehmen. Geben die Götter, dass es nicht zu spät ist, ich habe meine wichtigsten Pflichten versäumt.« Zugleich wusste sie, dass sie nicht anders hätte handeln können, und bereute es nicht, sich ganz und gar Micons Sorgen gewidmet zu haben.

5. DIE HEIMLICHE KRONE
    Die Zeit des Regens stand bevor. An einem der letzten sonnigen Tage, mit denen noch zu rechnen war, gingen Domaris und Elis zusammen mit Deoris und deren Freundin Ista, die auch Skriptorin war, Blumen pflücken. Die Akoluthen wollten das Haus der Zwölf für ein kleines Fest

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