Das Licht Von Atlantis
einen Augenblick legte er seine Hand segnend auf ihre wirren Locken. »Mögen Frieden und Erleuchtung deinen Schritten folgen, Deoris.«
Im Haus der Zwölf lebten Männer und Frauen in aller Unschuld wie Brüder und Schwestern miteinander, was sich zwanglos dadurch ergab, dass sie alle gemeinsam aufgewachsen waren. Deoris jedoch hatte die Jahre, in denen ein Kind am stärksten geformt wird, unter den strengeren Gesetzen der Skriptorenschule verbracht und war an diese Freiheit nicht gewöhnt. Als sie im Innenhof ein paar Akoluthen entdeckte, die im Teich herumplanschten, wurde sie verlegen und - mit ihren Erfahrungen der letzten Zeit - zornig. Sie wollte nicht nachsehen, ob sich ihre Schwester unter ihnen befand. Aber Domaris hatte ihr oft so streng, wie sie überhaupt konnte, gesagt, solange sie mit den Akoluthen zusammenlebe, müsse sie sich ihren Sitten anpassen und die absurden Regeln vergessen, die den Skriptoren aufgezwungen wurden.
Chedan entdeckte Deoris als erster und rief ihr zu, sie solle sich ausziehen und zu ihnen ins Wasser steigen. Er war ein fröhlicher Junge, der jüngste der Akoluthen, und er hatte Deoris von Anfang an mit besonderer Freundlichkeit und Nachsicht behandelt. Deoris schüttelte den Kopf. Der Junge bespritzte sie, bis ihr Kleid triefte und sie sich seiner Reichweite entzog. Domaris stand unter dem niederfallenden Strahl des Springbrunnens. Sie hatte alles gesehen und rief Deoris zu: »Warte!«, wrang ihr nasses Haar aus und watete zum Rand des Teichs. Sie kam an Chedan vorbei, und seine nackten Schultern und der ihr zugekehrte Rücken reizten sie, ihm einen Streich zu spielen. So schöpfte sie eine Handvoll Wasser und spritzte es ihm in die Augen. Bevor er sich rächen konnte, indem er sie untertauchte, duckte sie sich und lief quietschend fort. Doch dann fiel ihr ein, dass es gerade jetzt nicht klug war, einen Sturz zu riskieren, und sie verlangsamte ihren Schritt.
Domaris war ins seichte Wasser gelangt. Deoris blickte ihrer Schwester wartend entgegen. Plötzlich wurden ihre Augen groß vor Bestürzung. Sie wollte nicht glauben, was sie sah. Abrupt drehte sie sich um und rannte davon. Sie hörte nicht, dass Chedan und Elis kreischend vor Vergnügen Domaris am Rand des Teichs einfingen und sie ins Wasser zurückzerrten. Sie tauchten sie unter und drohten, sie mitten in den Springbrunnen zu werfen. Domaris wehrte sich und wollte sich aus ihren groben Händen befreien, doch das hielten sie für Spiel. Zwei oder drei andere Mädchen wollten an dem Spaß auch teilhaben, und ihr Gelächter übertönte Domaris' Bitten um Gnade noch dann, als sie im Ernst zu weinen anfing. Lustig schwangen die anderen sie über der Wasseroberfläche hin und her.
Plötzlich rief Elis befehlend: »Hört auf! Hört auf damit, Chedan, Riva! Lasst sie los - nehmt eure Hände weg, sofort!«
Der Ton ihrer Stimme erschreckte sie so, dass sie gehorchten. Sogleich ließen sie Domaris los, aber sie waren immer noch wild und ausgelassen und merkten nicht, dass sie schluchzte. »Sie hat doch angefangen!« rechtfertigte sich Chedan, und sie alle sahen ungläubig zu, wie Elis die zitternde junge Frau schützend in die Arme nahm und ihr zum Rand des Teichs half. Bisher war Domaris stets die Anführerin bei ihren rauen Spielen gewesen.
Immer noch weinend, klammerte Domaris sich hilfesuchend an Elis. Ihre Cousine half ihr aus dem Wasser, nahm einen Mantel und warf ihn ihr zu. »Zieh das an, bevor du dich erkältest«, meinte sie fürsorglich. »Haben sie dir wehgetan? Du hättest es uns sagen sollen, nun hör auf zu zittern, Domaris, es ist alles wieder gut.«
Domaris wickelte sich gehorsam in den weißen Wollmantel und blickte kläglich auf die Wölbung nieder, die durch ihre Verhüllung stark betont wurde. »Ich wollte es nur noch eine kleine Weile für mich behalten... jetzt werden es wohl alle wissen.«
Elis schlüpfte mit den nassen Füßen in ihre Sandalen und knotete die Schärpe ihres Gewandes fest. »Hast du es nicht einmal Deoris erzählt?«
Domaris schüttelte stumm den Kopf. Sie gingen auf den Gang zu, wo ihre Wohnungen lagen. Plötzlich stand Deoris' entsetztes und ungläubiges Gesicht Domaris vor Augen. »Ich wollte es ja«, murmelte sie, »aber -«
»Du musst es ihr sofort erzählen«, riet Elis, »bevor sie es als Klatsch von jemand anderem hört. Und sei lieb zu ihr, Domaris. Arkati ist heute nacht gestorben.«
Sie blieben vor Domaris' Tür stehen, und Domaris flüsterte geistesabwesend: »Oh, wie
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