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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mit strengem Blick aufgefordert, sich nicht wie ein dummes kleines Mädchen aufzuführen. Das sei nun einmal der Weg der Natur, und niemand könne etwas daran ändern. Deoris hatte gebettelt, geweint, gefleht, überzeugt, dass Domaris etwas ändern konnte, wenn sie nur wollte.
    Domaris war sehr ärgerlich geworden. »Du benimmst dich kindisch! Ich habe dich verzogen, Deoris, und versucht, dich zu beschützen. Jetzt bereue ich, das getan zu haben. Du bist kein Kind mehr. Du musst lernen, wie eine Frau Verantwortung auf dich zu nehmen.«
     
    Deoris war jetzt fünfzehn Jahre alt. Die Priesterinnen setzten voraus, dass sie, wie die meisten Mädchen ihres Alters, schon beim ersten oder zweiten Tempelbesuch in den Grundbegriffen unterwiesen worden war. Zu schüchtern, um den Irrtum richtigzustellen, fand Deoris sich vor eine Aufgabe für Fortgeschrittene gestellt, wie sie einem Mädchen ihres Alters und der Tochter eines Priesters zukam: Sie sollte einer der Hebammen-Priesterinnen helfen, einer Frau, die gleichzeitig Heilerin in Rivedas Orden war. Ihr Name war Karahama.
    Karahama gehörte nicht zur Priesterkaste. Sie war die Tochter einer Tempeldienerin, die vor der Geburt ihres Kindes behauptet hatte, Talkannon selbst sei der Vater. Talkannon, erst kurze Zeit mit einer hochgeborenen Priesterin verheiratet, die später die Mutter von Deoris und Domaris werden sollte, hatte sich geweigert, das Kind anzuerkennen, was ihm eigentlich gar nicht ähnlich sah. Intimen Umgang mit der Frau gab er zu, aber er machte geltend, es sei durchaus nicht sicher, dass er auch der Vater des ungeborenen Kindes sei. Er rief andere Männer zu Zeugen auf, die aussagten, dass auch sie als Vater in Frage kämen.
    Bei so schlagenden Beweisen für einen schlechten Lebenswandel räumten die Ältesten ein, es könne niemand gezwungen werden, das Kind anzuerkennen. Der Frau wurden daraufhin ihre Privilegien als Tempeldienerin aberkannt. Man sorgte bis zur Geburt ihrer Tochter nur notdürftig für sie, und dann wurde sie aus dem Tempel verjagt. Männer und Frauen durften vor der Heirat leben, wie sie wollten, Promiskuität aber wurde nicht geduldet.
    Das Mädchen Karahama, kastenlos und namenlos, war von der Graumäntel-Sekte als eine ihrer saji aufgenommen worden - und war später zum Ebenbild Talkannons herangewachsen. Natürlich erfuhr der Erzpriester schließlich von den Hohnreden der Tempelsklaven und dem heimlichen Getuschel seiner Untergebenen. Es war tatsächlich ein saftiger Skandal, dass sich ein kleines Ebenbild des Erzpriesters unter dem schlimmsten Abschaum befand. Talkannon blieb nichts anderes übrig, als sich der öffentlichen Meinung zu beugen. Nachdem er für seinen Irrtum lange Buße getan hatte, adoptierte er Karahama.
    Die Graumäntel kannten keine Kastengesetze, und Karahama wurde in Rivedas Sekte Heiler-Priesterin. Durch Talkannon wieder in die Rechte eingesetzt, die ihr mit ihrem Namen und als Angehöriger der Priesterkaste zustanden, hatte sie sich entschlossen, dem Tempel Caratras beizutreten. Jetzt war sie eine Initiierte, und es stand ihr zu, das blaue Gewand zu tragen. Damit hatte sie einen Rang inne, der sich mit jedem anderen im Tempel messen konnte, und niemand durfte die »Namenlose« mehr verächtlich behandeln oder anspeien. Wegen der Demütigungen, die sie in ihrer rechtlosen Kindheit erfahren hatte, war Karahama aber manchmal von unberechenbarer Heftigkeit und oft unausgeglichen.
    Mit merkwürdig gemischten Gefühlen nahm Karahama zur Kenntnis, dass ihre neue Assistentin ihre eigene Halbschwester war. Doch bald senkte sich die Waagschale zu Deoris' Gunsten. Karahamas eigene Kinder waren vor ihrer Rehabilitierung geboren worden und deshalb Ausgestoßene, namenlos, wie sie selbst es gewesen war, und nichts konnte für sie getan werden. Vielleicht war das der Grund, warum Karahama versuchte, zu dieser jungen und fast unbekannten Verwandten besonders nett und freundlich zu sein. Aber sie wusste auch, dass sie früher oder später Ärger mit diesem Mädchen bekommen würde, denn manchmal bemerkte sie mürrische Aufsässigkeit in seinen verängstigten Veilchenaugen. Ihre Arbeit verrichtete Deoris oft widerwillig. Karahama bedauerte dies, denn offensichtlich besaß Deoris alle Fähigkeiten und Eigenschaften der geborenen Heilerin: ruhige, geschickte Hände und eine scharfe Beobachtungsgabe, eine entschlossene Sanftheit, ein sicheres Gefühl für die Schmerzen der Frauen. Karahama nahm sich vor, das in Deoris' Innerem

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