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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Geister des Volkes!
    Sie blickte zu dem schnarchenden Händler hinüber. Er hatte sich in seine Decken gerollt und schlief neben einem kleinen Feuer. Seine Flinte lag griffbereit neben ihm. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich an ihn heranzupirschen und ihm ein Messer zwischen die Rippen zu jagen, aber sie war gefesselt und versuchte vergeblich, sich aus den Stricken zu befreien. Sie schloss die Augen und wartete darauf, dass sie einschlief.
    »Wo bist du, Blaue Augen?«, rief sie in Gedanken. »Du gehörst zu mir, die Geister haben dich geschickt! Wo bist du?«
    Irgendwo heulte ein Kojote. Sein Heulen hallte durch das Tal und brach sich an den fernen Felswänden. Machte er sich lustig über sie? Verhöhnte er das Volk, das zum zweiten Mal die heiligen Pfeile verloren hatte? Sie spürte wieder das Hämmern in ihrem Kopf und presste die Lippen aufeinander. Hatten die Geister sie verlassen? Sie wusste es nicht, aber sie hoffte, bald eine Antwort auf ihre Fragen zu bekommen.

33
Rettung
    Das Geräusch kam aus den Felsen hinter dem Wagen. Büffelfrau hörte es nur, weil sie mit dem rechten Ohr auf dem Boden lag und die leichte Erschütterung spürte. Sie dachte an Langes Haar, Gekrümmte Hand und die anderen Shar-ha, die möglicherweise ihre Spuren gefunden hatten. Wenn sie es waren, hatte sie nur noch kurze Zeit zu leben. Oder hatten die anderen Ve-hos den Händler verfolgt? Wollte der Mann mit den roten Haaren sie für sich behalten? Sie hatte kein Wort verstanden, aber seine Miene war deutlich genug gewesen. Er wollte sie benutzen, so wie der Händler, als die Sonne am höchsten stand. Auch dann war sie so gut wie tot. Oder waren die Götter wieder auf ihrer Seite? Hatten sie Blaue Augen geschickt, um sie zu befreien?
    »Hallo, das Camp!«, rief eine dunkle Stimme. Sie gehörte keinem der Männer, die in ihren Gedanken aufgetaucht waren.
    Der Händler schreckte aus dem Schlaf, griff nach seiner Büchse und wirbelte herum. Für einen Mann seines Gewichts bewegte er sich erstaunlich schnell. Er entsicherte die Flinte und stand langsam auf. »Wer ist da? Zeig dich, verdammt!«
    Zwei Männer kamen mit erhobenen Händen hinter den Felsen hervor. Der eine hatte ein unscheinbares Gesicht mit heller Haut und dunklen Augen. Sein Haar war braun und gelockt. Er war keine zwanzig Jahre alt und trug ein Messer hinter seinem Gürtel. Der andere war ungefähr doppelt so alt und hatte eine Narbe auf der Stirn. Auch sein Haar war gelockt. Er war mit einer alten Büchse bewaffnet. Beide Männer trugen braune Baumwollhosen, ehemals weiße und von der Sonne vergilbte Hemden und derbe Farmerstiefel.
    »Wir wollten Sie nicht erschrecken, werter Herr«, sagte der ältere Mann, »aber wir lagern nur ein paar Meilen von hier, und Junior, das ist mein Sohn, sah Ihr Feuer. Wir haben kaum noch Vorräte und dachten uns, nun ja, wenn Sie so freundlich wären und uns zu einem kleinen Frühstück einladen würden?« Als er sah, dass der Händler aufbrausen wollte, fügte er schnell hinzu: »Wir haben Gold, Mister, einen ganzen Beutel voll …«
    »Ist das wahr?«
    »Natürlich, Mister. Wir haben unsere Farm verkauft, war nur ein kleines Anwesen in St. Joe, und jetzt wollen wir in die Berge und ein richtiges Vermögen finden. Gold, wissen Sie? Es soll mächtig viel Gold in den Rocky Mountains geben.«
    »Davon habe ich gehört«, meinte der Händler zynisch, »nur schade, dass die Indianer draufsitzen …«
    »Wir sind umgängliche Menschen, Mister.«
    »Na, schön«, lenkte der Händler ein. Er sicherte seine Büchse und nahm den Lauf herunter. »Kommt ans Feuer und wärmt euch auf. Du könntest etwas Wasser holen, mein Junge.«
    Junior gehorchte, nahm den Kaffeetopf und ging zu der Quelle, die hinter dem Wagen zwischen einigen Steinen sprudelte. Dabei musste er an Büffelfrau vorbei. Er sah die Indianerin erst, als er dicht vor ihr war, und ließ vor Schreck den Topf fallen. »Dad!«, schrie er. »Eine Wilde! Sie will uns umbringen!«
    »Unsinn!«, meinte der Händler beruhigend. »Sie ist ganz zahm. Ich … ich stelle sie auf einem Jahrmarkt aus … in St. Louis …« Das hatte Tinker tatsächlich vor. Er hatte darüber nachgedacht, einen Käfig zu bauen und sie wie ein wildes Tier vorzuführen. Damit waren sicher ein paar hundert Dollar zu verdienen. Und abends würde er sie an die geilen Böcke in den Saloons vermieten.
    »Ist sie eine Sioux?«, fragte der ältere Farmer.
    »Cheyenne.«
    »Cheyenne?« Er runzelte die Stirn. »Das ist doch dieser

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