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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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von Sir Simon Gurney lag. Stallburschen eilten herbei und nahmen ihre Pferde. Ein Diener ergriff ihre Satteltaschen, und der Diener, der sie empfangen hatte, führte sie durch das Hauptportal ins Haus. Sie folgten einem gewölbten Gang, in dem es süßlich duftete, an der betriebsamen Küche vorbei. Die Gerüche, die ihnen in die Nase stiegen, verstärkten nur noch Corbetts und Ranulfs Hunger. Schließlich erreichten sie die Halle. Hier erwarteten sie der grauhaarige Sir Simon Gurney und seine Frau Alice bereits.
    Der alte Ritter, einer der früheren Gefährten des Königs, lächelte und erhob sich von seinem Stuhl neben dem Feuer. Seine zierliche, hübsche Frau stand ebenfalls lächelnd hinter ihm. »Hugh! Hugh!«
    Gurney drückte Corbett die Hand. Er betrachtete das finstere, ernste Gesicht des Bevollmächtigten und dessen ergrauende Schläfen, die Falten um den Mund und die Ringe um die Augen, die es nicht gegeben hatte, als sie sich zuletzt in Westminster begegnet waren.
    »Ihr seht müde aus, Sir Hugh.«
    »Ein schlechter Tag, Sir Simon. Kalt und ungemütlich. Ich hatte schon erfreulichere Ritte über Land.« Corbett schaute dem Ritter in sein wettergegerbtes Gesicht mit den weißen buschigen Brauen und Augen, die immer noch jung zu sein schienen, sowie einem gepflegten Schnur- und Backenbart. »Ihr fehlt dem König«, fuhr er fort. »Er schickt seine Grüße und seine besten Wünsche an Euch und«, er wandte sich an Gurneys Frau, »an Lady Alice.«
    Alice, die mindestens 20 Jahre jünger war als ihr Mann, trat heran und reichte Corbett eine zierliche Hand zum Handkuß. Dieser berührte die Finger äußerst zaghaft und geriet leicht in
    Verlegenheit, als Lady Alice seine Hand nahm und etwas zu fest drückte.
    »Sehr erfreut, Hugh«, sagte sie mit ihrer tiefen und etwas heiseren Stimme.
    Ihre dunkelbraunen Augen funkelten übermütig. Corbett ließ seinen Blick über ihre immer noch perfekte Erscheinung schweifen, den üppigen Mund, die schmale, fein geschwungene Nase, die gezupften Brauen und das dichte braune Haar, das jetzt teilweise von einem grünen und weißen Tuch verborgen wurde.
    »Madame, Ihr seid wie immer zum Scherzen aufgelegt«, sagte er halblaut.
    Er betete, daß Gurney nicht die Fassung verlieren würde. Alice geriet jedesmal seinetwegen etwas aus der Fassung. Corbett, der in Gesellschaft von schönen Frauen nie wußte, was er sagen sollte, war sich nicht klar darüber, ob er verlegen oder erfreut sein sollte. Ranulf-atte-Newgate hatte diese Probleme nicht. Nachdem Gurney ihm die Hand gedrückt und ihn mit freundlichem Spott begrüßt hatte - er meinte, Ranulf sähe immer noch aus wie ein Schurke -, sank Corbetts Diener auf ein Knie, um Alice die Hand zu küssen. Er hielt die Hand so lange fest, daß sie sie ihm schließlich lachend entzog und zu ihrem Stuhl am Kamin zurückging.
    »Alles beim alten«, sagte Gurney trocken. »Ihr, Corbett, seid immer noch so schüchtern wie ein Kind in der Gesellschaft von Erwachsenen.« Er schob zwei Stühle zwischen seinen und den seiner Frau. »Ihr, Ranulf, seid wie früher, so unverfroren wie ein Klosterbruder auf Wanderschaft. Kommt, gebt mir Eure Mäntel!«
    Er nahm sie entgegen und warf sie einem Diener zu. Corbett und Ranulf legten ihre Schwerter ab und hängten sie vorsichtig über Haken an der Wand.
    Dann ließen sie sich auf die Stühle fallen, streckten die Beine aus und genossen die gewaltige Hitze des offenen Kamins. Ein Diener brachte Posset, ein heißes Getränk aus Milch und Wein. Es wurde in Zinnbechern serviert, die mit Servietten umwickelt waren, da das stark gewürzte Gebräu mit einem rotglühenden Schürhaken erhitzt worden war. Corbett trank langsam, er genoß jeden Schluck und spürte, wie seine Glieder langsam auftauten. Ihm wurde warm, und er wurde schläfrig, wollte sich aber nicht durch Einschlafen lächerlich machen. Ranulf schmatzte und ließ erkennen, daß es ihm gutging. Corbett schaute sich in dem dunklen Turmzimmer um. Es war verschwenderisch möbliert, die Wände mit Wollstoffen und Vorhängen aus Damast bedeckt. Die Fenster waren verglast,, einige sogar farbig. Im Kandelaber steckten echte Bienenwachskerzen. Hier gab man sich nicht mit Talglichtern oder billigen Öllampen zufrieden. Corbett fuhr mit der Hand über den mit Schnitzereien verzierten Stuhl: Eiche oder Esche, überlegte er, und das galt auch für die Schränke und anderen Stühle, die im Zimmer verteilt waren. Unter seinen Füßen die Teppiche und Matten waren aus

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