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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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und ihm ihrerseits etliche Geheimnisse ihrer medizinischen Traditionen weitergegeben. Und so war er auch in der Lage gewesen, einem freundlichen Kontoristen erfolgreich den Star zu stechen, allerlei Reisebeschwerden seiner Leute zu mildern und verrenkte Glieder zu richten.
    Sein Bettgenosse wälzte sich auf ihn und hauchte ihm seinen Atem ins Gesicht.
    Marian rutschte zum Bettrand, befreite sich aus der Umarmung und den Decken und zog tastend Hose, Stiefel und Wams an. Leise verließ er den dumpfen Schlafraum. Die Gaststube war leer, der Riegel vor der Tür. Er öffnete ihn und schlüpfte hinaus in den Hof. Dankbar atmete er die kühle Nachtluft ein. Dann wandte er sich den Ställen zu. Sein Pferd wieherte verhalten, als er sich zu ihm ins Stroh setzte.
    »Gestatte, dass ich die Nacht wieder bei dir verbringe, mein Freund.«
    Das Tier gestattete, und Marian streckte sich auf dem Boden aus. Es war hart, das Stroh nicht mehr ganz frisch, aber wenigstens hatte sein Pferd kein Bier getrunken und keine scharf gewürzten Speisen zu sich genommen.
    Noch einmal wanderten seine Gedanken der Heimat entgegen, und in seiner Vorstellung zog er die lavendelduftende Decke seines eigenen Bettes über sich, und darüber schlief er ein.

3. Kapitel
    D er Tag hatte sonnig begonnen, und nachdem Alyss die Pflichten und Aufgaben verteilt hatte, war sie mit Jerkin auf dem Handschuh zum Weingarten gegangen. Die Wurzeln der Reben hatten sie in den letzten Tagen abgedeckt, die Stecken aufgerichtet, bald würde sie die jungen Triebe daran hochbinden. Wieder nahte ein Frühling, wieder vollendeten sie und ihr Bruder ein Lebensjahr. Ihr sechsundzwanzigstes war es, und als der Falke sich in den blauen, wolkenlosen Himmel erhob, wischte sie sich eine ungebärdige Locke aus der Stirn. Sie war eine alte Frau geworden. Eine kinderlose alte Witwe …
    Fort!, befahl sie diesem trüben Gedanken. Was für ein Unsinn. Ihre Ziehschwester Catrin war neun Jahre älter als sie und hatte nun doch einen Gatten gefunden. Nicht nur das, es wollte ihr sogar scheinen, dass sie gesegneten Leibes war. Welch ein Glück sie hatte. Als Kind war Catrin ein unscheinbares Geschöpf gewesen, das nur stammeln und stottern, nicht aber sprechen konnte. Alyss’ Mutter Almut hatte sie zu sich genommen, und in deren Obhut hatte sie gelernt, ihre Zunge zu disziplinieren. Sie hatte jedoch die Ehelosigkeit in dem Beginenkonvent am Eigelstein den Freiern vorgezogen, die ihre Eltern für sie ausgesucht hatten. Zu Alyss’ Schwager Robert aber hatte sie eine keusche Zuneigung entwickelt, die er ebenso keusch zu erwidern schien. Dann war er vor zwei Jahren Opfer eines bösartigen Anschlags geworden. Sein eigener Bruder, Alyss’ Gatte, hatte den gewalttätigen Friesen Yskalt aufgehetzt, ihn zu ermorden. Doch der Zufall wollte es, dass der Mörder den Falschen erschlug und Robert untertauchen konnte. Dabei war ihm der englische Tuchhändler John of Lynne eine entscheidende Hilfe gewesen. Bis zum vergangenen Jahr hatte er John als dessen struppiger Diener Bob begleitet und zusammen mit ihm über Alyss’ Hauswesen und auch über Catrin gewacht. Alyss hatte ihren Schwager schon früher sehr gerne gehabt, er war ein vernünftiger Mann mit einem feinen Sinn für Humor. Die vergangene Zeit, die er unter harten Bedingungen verbracht hatte, hatte ihn jedoch entschlossener werden lassen – und auch breitschultriger. Als dann endlich die Tage des Versteckens gezählt waren, hatte er sich Catrin erklärt, und sie hatte freudig das Beginendasein aufgegeben. Als Hebamme aber würde sie weiterhin tätig sein, wenn man ihre Dienste wünschte.
    Benefiz hechelte hinter Malefiz her, der wiederum sein Jagdrevier in dem Rebgarten hatte. Oben stieß der Falke seinen schrillen Schrei aus.
    John würde bald zurückkommen. Alyss hatte eine Botschaft von ihm erhalten, in der er ihr den Tod seines Vaters kundtat. Einige Regelungen zur Erbschaft mussten noch getroffen, Waren mussten eingekauft werden, danach aber wollte er nach Köln zurückkehren.
    Und dann?
    Johns scheinheilig-frommes Weib hatte den Schleier genommen, seine unselige Ehe war aufgelöst. Als sie im Herbst den Mörder von Arndt van Doorne gefunden hatten, den Bettelscholaren Caspar, den Merten dann im Streit erschlug, da war auch sie, Alyss, frei geworden.
    Und hätte nicht der Eilbote die Nachricht vom Sterben des alten Lord Thomas überbracht, hätte John in den kalten Winternächten ihr Bett gewärmt.
    Ob er auch in den warmen Sommernächten

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