Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
Vom Netzwerk:
kauerte auf seinem Klepper, schweigend und brütend.
    »Wenn Gared sagt, dass es die Kälte war …«, setzte Will an.
    »Hast du letzte Woche Wache geschoben, Will?«
    »Ja, Mylord.« Es verging keine Woche, in der er nicht ein ganzes dutzendmal Wache schob. Worauf wollte der Mann hinaus?
    »Und was hat die Mauer getan?«

    »Geweint«, sagte Will. Jetzt war alles klar, nachdem der junge Lord ihn darauf hingewiesen hatte. »Sie hätten nicht erfrieren können. Nicht, wenn die Mauer weint. Es war nicht kalt genug.«
    Rois nickte. »Kluger Kopf. Wir hatten in dieser Woche ein paar Mal leichten Frost und hin und wieder einen leichten Schneeschauer, doch sicher keinen Frost, der so hart war, dass er acht erwachsene Menschen töten konnte. Menschen in Fell und Leder, wenn ich euch erinnern darf, mit Obdach in der Nähe und der Möglichkeit, ein Feuer zu machen.« Das Grinsen des Ritters war anmaßend. »Will, bring uns dorthin. Ich möchte diese Toten mit eigenen Augen sehen.«
    Und dann war nichts mehr zu ändern. Der Befehl war erteilt, und die Ehre hieß sie, sich zu fügen.
    Will ritt voraus, und sein zottiger, kleiner Klepper suchte sich sorgsam einen Weg durchs Unterholz. In der Nacht zuvor war ein wenig Schnee gefallen, und Steine und Wurzeln und verborgene Mulden lagen gleich unter der Kruste und warteten auf die Sorglosen und Unachtsamen. Dahinter kam Ser Weymar, und sein großes, schwarzes Streitross schnaubte voller Ungeduld. Ein Streitross war das falsche Reittier für Patrouillen, nur war das einem jungen Lord nicht beizubringen. Gared bildete die Nachhut. Beim Reiten murmelte der alte Krieger vor sich hin.
    Immer dunkler wurde es. Der wolkenlose Himmel wandelte sich zu einem dunklen Rot, die Farbe einer alten Prellung, dann schließlich war er schwarz. Die ersten Sterne kamen hervor. Die Sichel des Mondes stieg auf. Will war dankbar für das Licht.
    »Wir können doch bestimmt auch schneller vorankommen«, sagte Rois, nachdem der Mond ganz aufgegangen war.
    »Nicht mit diesem Pferd«, sagte Will. Die Angst machte ihn unverschämt. »Vielleicht möchte Euer Lordschaft vorausreiten? «
    Ser Weymar Rois geruhte nicht zu antworten.

    Irgendwo tief in den Wäldern heulte ein Wolf.
    Will lenkte seinen Klepper zu einem alten, knorrigen Stück Eisenholz und stieg ab.
    »Wieso hältst du an?«, fragte Ser Weymar.
    »Am besten gehen wir den Rest des Weges zu Fuß Mylord. Es ist gleich dort hinter diesem Kamm.«
    Rois wartete einen Moment lang, starrte in die Ferne mit nachdenklicher Miene. Kalter Wind flüsterte durch die Bäume. Sein großer Zobelmantel wehte hinter ihm, als steckte Leben darin.
    »Irgendetwas stimmt hier nicht«, murmelte Gared.
    Der junge Lord warf ihm ein verächtliches Lächeln zu. »Ist das so?«
    »Spürt Ihr es denn nicht?«, fragte Gared. »Lauscht der Finsternis!«
    Will konnte es spüren. Vier Jahre war er bei der Nachtwache, und noch niemals hatte er sich so sehr gefürchtet. Was war das?
    »Wind. Raschelnde Bäume. Ein Wolf. Was davon beraubt dich deiner Manneskräfte, Gared?« Als Gared nicht antwortete, glitt Rois elegant aus seinem Sattel. Er band das Streitross an einem tiefhängenden Ast fest, abseits der anderen Pferde, zog sein Langschwert aus der Scheide, sodass Mondlicht am schimmernden Stahl hinablief. Es war eine prachtvolle Waffe, auf einer Burg geschmiedet und allem Anschein nach nagelneu. Will bezweifelte, ob es je im Zorn des Kampfes geschwungen worden war.
    »Die Bäume stehen eng«, warnte Will. »Das Schwert wird Euch behindern, Mylord. Greift besser zum Messer.«
    »Wenn ich Anleitung bräuchte, würde ich darum bitten«, sagte der junge Lord. »Gared, bleib hier. Bewach die Pferde.«
    Gared stieg ab. »Wir brauchen ein Feuer. Ich kümmere mich darum.«
    »Wie dumm bist du, alter Mann? Wenn Feinde in diesem Wald sind, ist ein Feuer das Letzte, was wir brauchen.«

    »Es gibt auch Feinde, die ein Feuer fernhält«, sagte Gared. »Bären und Schattenwölfe und … und andere …«
    Ser Weymars Mund wurde zu einem schmalen Strich. »Kein Feuer.«
    Gareds Kapuze verbarg sein Gesicht, doch Will konnte das harte Funkeln in seinen Augen sehen, als er den Ritter anstarrte. Einen Moment lang fürchtete er, der ältere Mann könne zum Schwert greifen. Es war ein kurzes, hässliches Ding, der Griff vom Schweiß entfärbt, die Klinge vom vielen Gebrauch gekerbt, doch Will hätte keinen Eisenschilling für das Leben des Lords gegeben, wenn Gared es aus seiner Scheide gezogen

Weitere Kostenlose Bücher