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Schneespuren gibt es nicht (German Edition)

Schneespuren gibt es nicht (German Edition)

Titel: Schneespuren gibt es nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.T. Wallenda
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Outing in Strapsen

    Würde es einen für alle sichtbaren roten Faden im Leben geben, so wäre der von Herbert Schmadtke, den alle nur Berti nennen, wohl eher pechschwarz als purpurrot. Und lägen für jeden Menschen die üblichen Stolpersteine gut sichtbar auf ihrem Lebensweg, wäre Bertis Straße mit einem voralpinen Terrain vergleichbar. Wo immer sich ein Fettnäpfchen auftat, Berti trat hinein. Was immer Berti auch anfing, es ging schief. Anfangs bemerkte der überdurchschnittlich kalorienreich ernährte Junge diesen Alltagsmissstand gar nicht. In seinem Leben war es schließlich Standard, dass nichts auf Anhieb klappte. Herbert Schmadtke wuchs wohlbehütet in einer Vorstadt-Reihenhaussiedlung auf. Er war das Nesthäkchen von insgesamt vier Kindern, worin das persönliche Schicksal auch schon seinen Lauf nahm. Der adipöse Junge trug, seiner Kinderrangzahl entsprechend, ausschließlich die abgetragenen Klamotten seiner Geschwister. Gebrauchte Kleidung war allerdings nicht das eigentliche Problem. Man lachte in der Schule vielmehr darüber, dass Bertis Outfit nicht gerade dem jeweiligen aktuellen Modetrend entsprach. Das lag daran, dass Nesthäkchens Geschwister um Längen älter waren als er. Bertis Vater stammte aus Franken. Den Dialekt konnte er nie ablegen. Er sprach nicht diesen Loddar-Weichei-Slang , nein, Papa Schmadtkes Aussprache glich eher den harten, fast unnachahmlichen Lauten der von Frank-Markus Barwasser, alias Erwin Pelzig, kreierten Kultfigur Hartmut . Unbedarfte könnten sogar denken, dass Papa Schmadtke Pate für den fränkischen Vorzeige-Prolo gestanden hatte. „Wo iss’n mei glenna Varegga? Na komma her, Berdi! Lass dich amall a’schau! Dess iss noch guud, dess kannsd noch anzieh’, Junge“, war Vaters Meinung, und die war maßgebend beim großen Schiedsgericht, wenn über Aussortieren und Weitertragen von Kleidung abgestimmt wurde. „Papa, die lästern über meine Klamotten!“ „Dann sachste denne eb’n, dass du aus denna Glamott’n rauswächst, denne ihr blöds G’sicht abba bleibt! Dess Reih`nhaus will a bezahld sei’! Basda!“, war Papa Schmadtkes üblicher Abschlussspruch.
    Dann war da noch die Sache mit der Brille. Bertis Hornbrille war damals nicht modern, wohl eher praktisch. Sie war so groß und unübersichtlich, dass man sie so gut wie nie verlegen konnte. Trotz intensivster Bemühungen hatte Berti die Brille nie verloren. Das blieb einfach ein Ding der Unmöglichkeit, und nicht einmal Bertis allgemeine Talentfreiheit schaffte es.
„Mia Schmadtkes drach’n seid Großvadders Zeid’n immer die gleiche Brille! Dess Modell iss für unsan Kopf wie gschaff’n“, schoss es dem damaligen pubertären, übergewichtigen Jungen immer wieder durch den Kopf. Dabei sah er Papa Schmadtke vor sich. Links eine Flasche Bier in der Hand, rechts eine Semml mit Braadwuaschd , Papas Lieblingsessen.
    Heckten die Kinder in der Schule Streiche aus, war es für die anderen immer ein unkalkulierbares Risiko, wenn Berti mit von der Partie war. Abhauen war nicht seine Spezialität. Bei diesen sogenannten Fluchtstreichen wurde immer der gleiche Kerl erwischt. Berti! Hatte man einen, hatte man alle. Das erhöhte den Nervenkitzel für die anderen ungemein. Nur wer es schaffte, eine Albernheit mit Berti, ohne erwischt zu werden, zu vollenden, galt als clever, mutig, raffiniert und war natürlich die coolste Nummer der Schule. Lange Zeit dachte Berti, dass dieses permanente erwischt werden wohl der Schlüssel zu seinem persönlichen Erfolg war. Beim vielen Nachsitzen hatte er Zeit zum Lesen. Berti fühlte sich ohnehin stets gebildeter, als dies seine Schulnoten ausdrückten. Und dass er beim Sport der Letzte war, der in eine Mannschaft gewählt wurde, betrachtete er nachträglich als reinstes Glück. Er lernte nicht nur geduldig zu sein, sondern hatte Gelegenheit während des Wartens die Mimik und Gesten der anderen zu studieren.
    Alles das waren die Grundpfeiler seiner persönlichen Ausbildung. Eine Ausbildung, wie sie nur die Film- und Romanhelden seiner Lieblingsserien kannten. James Bond, Jerry Cotton, Dirty Harry und Bruce Willis in den Stirb langsam Teilen. Vielleicht noch ein bisschen Tom Cruise in den Mission Impossible -Filmen. Allerdings konnte er den Scientology-Fuzzi nicht leiden, und dessen ganzes Gehabe ebenfalls nicht. Also strich er letzteren aus der Reihe seiner Vorbilder. Cruise bekam den Status Doppel-A. Ein sogenannter AA-Typ war für Berti nichts anderes als ein arrogantes

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