Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
verweichlichten die Männer –, diesmal jedoch musste er reiten. Dunkle Schwingen, dunkle Worte. Ein Sturm braute sich zusammen, er konnte es in den Wellen hören, und Stürme brachten nichts als Übel. »Wir treffen uns in Kieslingen unter Lord Merlyns Turm«, sagte er zu seinen Ertrunkenen, während er das Pferd wendete.
Der Weg war beschwerlich, führte über Hügel und durch Wälder und steinige Hohlwege, eine schmale Spur, die häufig unter den Hufen des Pferdes zu verschwinden schien. Groß Wiek war die größte der Eiseninseln, so ausgedehnt, dass die Ländereien mancher Lords nicht an das Heilige Meer grenzten. Gorold Guthbruder gehörte auch dazu. Seine Burg lag in den Hartsteinhügeln und war der Ort auf dem Eiland, der am weitesten vom Reich des Ertrunkenen Gottes entfernt war. Sein Volk plagte sich in Gorolds Minen, in der steinigen Dunkelheit unter der Erde. Einige lebten und starben, ohne je das Salzwasser gesehen zu haben. Wen wundert es da, dass dieses Volk so mürrisch und sonderbar ist?
Während Aeron dahinritt, wandten sich seine Gedanken seinen Brüdern zu.
Neun Söhne waren den Lenden Quellon Graufreuds, des Lords der Eiseninseln, entsprungen. Harlon, Quenten und Donel hatte Lord Quellons erstes Weib, eine Frau von den Steinbaums, geboren. Balon, Euron, Victarion, Urrigon und Aeron waren die Söhne der zweiten Gemahlin, einer Sunderly von Salzklipp. Zu seinem dritten Weib nahm Quellon ein Mädchen aus dem Grünen Land, das ihm einen kränklichen Idioten namens Robin gebar, einen Bruder, den man am besten schnell vergaß. Der Priester hatte keine Erinnerung an Quenten oder Donel, sie waren als Kleinkinder gestorben. Harlon war ihm dunkel im Gedächtnis geblieben, wie er mit grauem Gesicht und sehr still in einem fensterlosen Turmzimmer saß und in einem Flüsterton sprach, der mit jedem Tag leiser wurde, da die Grauschuppen seine Zunge und seine Lippen in Stein verwandelten. Eines Tages werden wir vier in den Wasserhallen des Ertrunkenen Gottes gemeinsam Fische schmausen, und Urri auch.
Neun Söhne waren den Lenden Quellon Graufreuds entsprungen, doch nur vier hatten das Mannesalter erreicht. So war der Lauf dieser kalten Welt, in der Männer auf dem Meer fischten und in der Erde gruben und starben, während Frauen
unter Blut und Schmerz Kinder gebaren, die nur eine kurze Lebensspanne erwartete. Aeron war der letzte und geringste der vier Kraken gewesen, Balon der älteste und kühnste, ein grimmiger, furchtloser Junge, der nur dafür lebte, die Eisenmänner zu alter Größe zurückzuführen. Mit zehn hatte er die Feuersteinklippen zum verfluchten Turm des Blinden Lords erklommen. Mit dreizehn konnte er die Ruder eines Langschiffes bedienen und den Fingertanz so gut tanzen wie kein zweiter Mann auf den Inseln. Mit fünfzehn war er bereits mit Dagmer Spaltkinn zu den Trittsteinen gesegelt und hatte einen ganzen Sommer mit Plündern verbracht. Dort hatte er zum ersten Mal einen Mann erschlagen und sich seine ersten beiden Salzweiber geholt. Mit siebzehn war Balon Kapitän auf seinem eigenen Schiff. Er war ein vollkommener älterer Bruder gewesen, dennoch hatte er Aeron gegenüber nichts als Verachtung gezeigt. Ich war schwach und voller Sünde, und ich hätte Schlimmeres als Verachtung verdient gehabt. Lieber verschmäht von Balon dem Tapferen als geliebt von Euron Krähenauge. Und auch wenn Alter und Leid Balon mit den Jahren zu einem verbitterten Mann gemacht hatten, so war bei ihm gleichzeitig auch eine Entschlossenheit hervorgetreten, wie sie kein anderer lebender Mann zeigte. Er wurde als Sohn eines Lords geboren und starb als König, gemeuchelt von einem missgünstigen Gott, dachte Aeron, und jetzt zieht ein Sturm auf, wie ihn diese Inseln noch nie zuvor erlebt haben.
Lange nach Einbruch der Dunkelheit erspähte der Priester die spitzen eisernen Zinnen von Hammerhorn, die nach der Mondsichel griffen. Gorolds Burg türmte sich auf wie ein Klotz, die großen Steine stammten aus der Felswand, die dahinter aufragte. Unterhalb der Mauern gähnten die Eingänge von Höhlen und uralten Minen wie zahnlose schwarze Schlünde. Die eisernen Tore von Hammerhorn waren für die Nacht verschlossen und verrammelt. Aeron schlug mit einem Stein dagegen, bis das Pochen eine Wache weckte.
Der junge Mann, der ihn einließ, war ein Ebenbild von Gormond,
dessen Pferd er genommen hatte. »Welcher bist du?«, verlangte Aeron zu wissen.
»Gran. Mein Vater erwartet Euch drinnen.«
Die Halle war feucht und
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