Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
Eisenmännern vergießen.«
»Eine fromme Gesinnung, Feuchthaar«, erwiderte Guthbruder, »aber keine, die Euer Bruder teilt. Er hat Sawanee Botlin ertränken lassen, weil der behauptet hat, der Meersteinstuhl würde dem Rechte nach Theon zustehen.«
»Wenn er durch Ertrinken starb, wurde kein Blut vergossen«, entgegnete Aeron.
Der Maester und der Lord wechselten einen Blick. »Ich muss eine Antwort nach Peik senden, und zwar bald«, sagte Gorold Guthbruder. »Feuchthaar, ich wünsche Euren Rat. Was soll es sein, Huldigung oder Widerstand?«
Aeron zupfte sich am Bart und dachte nach. Ich habe den Sturm gesehen, und sein Name lautet Euron Krähenauge. »Fürs Erste schickt nur Schweigen«, empfahl er dem Lord. »Ich muss darüber beten.«
»Betet, so viel Ihr wollt«, sagte der Maester, »das ändert nichts am Gesetz. Theon ist der rechtmäßige Erbe, und Asha steht als Nächste in der Thronfolge.«
» Schweigt!«, brüllte Aeron. »Zu lange haben die Eisenmänner auf Euch kettenbehängte Maester gehört, die vom Grünen Land und dessen Gesetzen faseln. Es ist an der Zeit, wieder
dem Meer zu lauschen. Zeit, wieder auf die Stimme des Gottes zu hören.« Seine eigene Stimme schallte durch die rauchige Halle, so mächtig, dass weder Gorold Guthbruder noch sein Maester eine Erwiderung wagten. Der Ertrunkene Gott ist mit mir, dachte Aeron. Er hat mir den Weg gezeigt.
Guthbruder bot ihm die Bequemlichkeiten der Burg für die Nacht an, doch der Priester lehnte ab. Er schlief selten unter dem Dach einer Burg und niemals so weit vom Meer entfernt. »Bequemlichkeit werde ich in den Wasserhallen des Ertrunkenen Gottes unter den Wellen vorfinden. Wir wurden geboren, um zu leiden, und unser Leiden macht uns stark. Ich benötige lediglich ein frisches Pferd, das mich nach Kieslingen trägt.«
Das überließ ihm Guthbruder gern. Er gab ihm seinen Sohn Grauden mit, der Aeron den kürzesten Weg durch die Hügel zum Meer zeigen sollte. Der Anbruch der Dämmerung stand erst in einer Stunde bevor, als sie losritten, doch die Pferde waren robust und sicher auf den Hufen, daher kamen sie trotz der Dunkelheit gut voran. Aeron schloss die Augen und sprach ein stilles Gebet, und nach einer Weile döste er im Sattel.
Das Geräusch drang leise zu ihm vor, das Quietschen einer verrosteten Türangel. »Urri«, murmelte er und erwachte angsterfüllt. Hier gibt es keine Angel, keine Tür, keinen Urri. Eine fliegende Axt hatte Urri die halbe Hand abgeschlagen, als er vierzehn gewesen war und den Fingertanz gespielt hatte, während sein Vater und seine älteren Brüder in den Krieg gezogen waren. Lord Quellons drittes Weib war eine Peiper von Burg Rosmaid gewesen, ein Mädchen mit großen, weichen Brüsten und braunen Rehaugen. Anstatt Urris Hand auf die alte Weise zu heilen, mit Feuer und Meerwasser, überließ sie ihn ihrem Maester aus dem Grünen Land, der schwor, er könne die abgeschlagenen Finger wieder annähen. Das tat er, und später wendete er Tränke und Umschläge und Kräuter an, doch die Hand starb ab, und Urri bekam Fieber. Als der Maester ihm schließlich den Arm absägte, war es bereits zu spät.
Lord Quellon kehrte von seiner letzten Reise nicht zurück; der Ertrunkene Gott hatte ihm in seiner Güte den Tod auf dem Meer gewährt. Stattdessen kam Lord Balon zurück, und mit ihm seine Brüder Euron und Victarion. Als Balon erfuhr, was Urri zugestoßen war, trennte er dem Maester mit einem Hackmesser aus der Küche drei Finger ab und ließ das Peiper-Weib seines Vaters kommen, damit sie sie wieder annähte. Die Umschläge und Tränke wirkten bei dem Maester ebenso gut wie bei Urrigon. Er starb im Delirium, und Lord Quellons drittes Weib folgte bald darauf, als die Hebamme ihr eine totgeborene Tochter aus dem Leib zog. Aeron war froh gewesen. Es war seine Axt gewesen, die Urris Hand abgetrennt hatte, während sie den Fingertanz zusammen tanzten, wie Freunde und Brüder es zu tun pflegen.
Noch immer schämte er sich, wenn er an die Jahre zurückdachte, die auf Urris Tod folgten. Mit sechzehn hatte er sich einen Mann genannt, doch in Wirklichkeit war er ein Schlauch Wein mit Beinen gewesen. Er sang, er tanzte (jedoch nicht den Fingertanz, nie wieder), er scherzte und plapperte und spottete. Er spielte Dudelsack, er jonglierte, er ritt aus, und er konnte mehr trinken als alle Wynches und Botlins und die halben Harlaus dazu. Der Ertrunkene Gott bedachte jeden Mann mit einer Gabe, sogar ihn; niemand konnte länger oder weiter
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