Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
konnte nicht schlafen, weil sie immerzu daran denken musste, dass Charley – Matts alkoholisierter Zustand hin oder her – in seinem Bett gelandet und fünf Monate dort geblieben war. Sie hatte ihre Sachen in dem Schrank aufgehängt, in dem früher Granias Kleider gewesen waren, ihr gehörte mit Matt ein Haus, sie waren verlobt. Recht viel schlimmer hätte es nicht kommen können. Dazu noch die Befriedigung von Matts Vater über die Verbindung seines Sohnes mit der perfekten Charley.
Doch Matt konnte nichts dafür, dass sein Vater arrogant und engstirnig war und Grania – offenbar auch seiner Frau – ein Gefühl der Unzulänglichkeit gab. Dass Elaine ihren Mann verlassen wollte, ließ Grania schmunzeln.
Und dass Matt um die halbe Welt gereist war, um sie zu sehen, bedeutete, dass er sie nach wie vor liebte.
Als sie sich Stunde um Stunde im Bett herumwälzte, begann ihr die Wahrheit zu dämmern. Ihr wurde klar, dass Matt sich bewusst für sie entschieden hatte, weil er diese Beziehung wollte, von Anfang an. Er hatte es hingenommen, dass sie keine finanzielle Hilfe akzeptierte, sich von seinen Freunden distanziert, weil sie nichts mit ihnen anfangen konnte, und sich damit zufriedengegeben, mit ihr zusammenzuleben, statt sie zu heiraten.
Nicht Matt war das Problem, sondern sie selbst.
Ihr dummer, lächerlicher, zerstörerischer Stolz. Und ihre Unsicherheit, die sie blind gemacht hatte für seine Liebe. Dazu noch das im Krankenhaus belauschte Gespräch, das ihr das Gefühl vermittelt hatte, als Frau, Partnerin und Mensch versagt zu haben.
Grania musste an die Worte von Hans denken. In den vergangenen Monaten hatte sie viel über sich selbst gelernt: Was sie bisher als ihre Stärken erachtet hatte, waren auch ihre Schwächen. Was machte es schon, dass Matt vor ihr mit Charley zusammen gewesen war? Er hatte es nicht erwähnt, weil er es nicht für wichtig hielt. Es hatte nichts damit zu tun, dass er ihr insgeheim nachtrauerte.
Letztlich, das wurde Grania jetzt klar, hatte Matt nichts falsch gemacht.
Sie döste erst in der Morgendämmerung ein. Wenige Stunden später wurde sie durch leises Klopfen an der Tür geweckt.
»Herein.«
Aurora streckte, bekleidet mit ihrer Schuluniform, den Kopf herein. »Ich bin’s.«
Grania richtete sich lächelnd auf.
Aurora trat ein und setzte sich zu Grania aufs Bett. »Ich wollte mich entschuldigen.«
»Wofür?«
»Oma hat gestern Abend gesagt, es ist keine gute Idee, sich in das Leben anderer Menschen einzumischen. Ich dachte, ich tue dir etwas Gutes, Grania, aber anscheinend habe ich mich getäuscht.«
»Liebes, komm her und lass dich drücken.«
»Du hast einsam und traurig ausgesehen. Ich wollte nur, dass du so glücklich bist wie ich, und auch mal was für dich tun.«
»Was du getan hast, war wunderbar. Und mutig und auch ein bisschen gefährlich«, fügte Grania hinzu.
»Jetzt bist du mir böse, stimmt’s?«
»Nein, überhaupt nicht.« Grania seufzte. »Manche Dinge lassen sich nur nicht so einfach wieder einrenken.«
»Ich dachte, ihr liebt euch.«
»Ich weiß.«
»Matt ist nett und sieht gut aus, wenn auch nicht so gut wie Daddy. Ihr habt euch gestern Abend lange unterhalten?«
»Ja.«
Aurora löste sich aus Granias Umarmung und stand auf. »Ich muss jetzt in die Schule. Oma hat recht: Es ist eure Entscheidung.«
»Ja, aber danke für deine Unterstützung.«
Aurora blieb an der Tür stehen. »Ich finde, ihr passt wirklich gut zueinander. Bis später.«
Grania lehnte sich müde in die Kissen zurück, um ihre Gedanken zu sammeln.
Selbst wenn es Matt und ihr gelang, ihre Differenzen beizulegen – wie sollten sie ihre Leben zur Deckung bringen? Das von Matt spielte sich auf der anderen Seite des Atlantiks ab, während sie hier bei Aurora bleiben musste.
Grania duschte, zog sich an und ging nach unten. Aurora war bereits mit Kathleen zur Schule unterwegs. Matt saß am Küchentisch und arbeitete sich durch das warme Frühstück, das Kathleen für ihn zubereitet hatte.
»Deine Mutter weiß, wie man einen Mann verwöhnt«, sagte er. »Deine Kochkünste fehlen mir auch.«
»Charley hat dich sicher gut mit Leckereien von Dean and Deluca versorgt«, rutschte es Grania heraus.
»Grania, bitte nicht.«
Angespanntes Schweigen.
Grania machte sich eine Tasse Tee, während Matt seinen Kaffee leerte und zur Tür ging.
Die Hand auf der Klinke, sagte er: »Ich hab’s wirklich versucht, aber du scheinst die Vergangenheit nicht ad acta legen zu können.
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