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Königsfreunde (German Edition)

Königsfreunde (German Edition)

Titel: Königsfreunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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    Marquard öffnete die schwere Holztür und ließ den Jungen eintreten. Er ging vollkommen unbedarft voran und Marquard beeilte sich, die Tür wieder zu schließen.
    »Das war eine gute Idee von Euch«, sagte der Junge und sah sich in dem geräumigen königlichen Weinkeller um. In den Wänden lagerten hunderte vielversprechende Fässer und Flaschen, deren Inhalt von zartem Gelb bis tiefem Rot alle Schattierungen umfasste.
    »Nehmt Platz, Majestät«, sagte Marquard. »Ich suche Euch einen vorzüglichen Tropfen heraus, den Ihr nie vergessen werdet.«
    »Ich danke Euch. Ich bin sehr gespannt. Ihr wisst, dass ich noch niemals Wein getrunken habe.« Der Junge setzte sich auf die blankpolierte massive Holzbank, die vor dem Tisch in der Mitte des Raumes stand. Marquard bemerkte, dass der Junge versuchte, Haltung zu bewahren, aber er war erschöpft. Hinter ihm lag ein langer Tag.
    »Ab heute werdet Ihr regelmäßig Wein trinken. Bankette gehören zu Euren Pflichten als König. Man erwartet es von Euch.« Marquard wandte sich der Weinauswahl zu und zog eine Flasche heraus. Es kam nicht wirklich darauf an, welchen Wein er wählte. Der junge König hatte keinen Schimmer von diesen herrlichen Traubensäften. Er nahm zwei Weingläser und trug sie hinüber zum Tisch.
    »Bitte erinnert mich nicht an meine Pflichten, Marquard.«
    Der Junge sah zu ihm auf, das seidige weiße Hemd mit der kunstvollen Stickerei schimmerte im Halbdunkel und das Kerzenlicht spiegelte sich in seinen braunen Augen.
    »Verzeiht mir, Majestät. Das hier wird Euch nach all der Aufregung gut tun«, sagte Marquard und entkorkte den Wein.
    »Ja, es war aufregend. Habe ich Fehler gemacht? Ich habe es nicht bemerkt.«
    »Nein, Ihr habt alles richtig gemacht«, sagte Marquard und schenkte den Wein ein.
    »Ich bin froh, Euch an meiner Seite zu wissen«, sagte der Junge. »Ich werde Euren Rat brauchen. Diese Aufgabe ist schwer. Ich bin noch jung.«
    »Euer Vater war sechzehn, als er den Thron bestieg. Ihr seid kaum jünger. Ihr werdet es schaffen.« Marquard hob das Glas und der Junge ergriff das seine.
    »Auf Euch, mein König«, sagte Marquard. Der Junge lächelte müde und hob das Glas an die Lippen. Für eine Sekunde spürte Marquard den Impuls, ihm den Wein aus der Hand zu schlagen, aber er tat es nicht.
    »Oh, interessant«, urteilte der Junge und setzte das Glas wieder ab. »Ich habe mir den Geschmack weniger stark vorgestellt.«
    Marquard nickte und lächelte höflich. Dann ging er zur Kellertür, ohne sich darum zu kümmern, ob der junge König ihm mit den Augen folgte. Unterwegs zog er einen Schlüssel aus der Tasche und schloss dann mit einer schnellen Bewegung die Tür ab. Er hatte schon vor Tagen getestet, ob der Schlüssel sich leicht drehen ließ. Das war äußerst wichtig. Nichts durfte schiefgehen an diesem Abend. Es hing alles von ihm ab.
    »Was tut Ihr da?«, fragte der Junge, und Marquard drehte sich um.
    »Ich verschließe die Tür«, antwortete er ruhig. Er sah die Augen des Fünfzehnjährigen, die ihn mit einer Mischung aus Unsicherheit, aufkeimender Furcht und eingeübter Königswürde anblickten. Das goldbraune Haar fiel ihm in die Stirn. Er war noch ein Kind und sollte die Verantwortung eines Mannes tragen. Diese Welt war falsch und verrückt.
    »Warum? Was soll das, Marquard? Antwortet!« Der Junge stand auf und schwankte.
    Er stützte sich mit der rechten Hand am Tisch ab. »Ich habe den Wein nicht vertragen. Ruft Friedrich. Er soll mich in mein Schlafgemach bringen.« Er taumelte ein paar Schritte auf die Tür zu, aber Marquard machte keine Anstalten, ihm zu helfen. Der junge König schaffte es bis zum Ausgang und zog mit beiden Händen an dem eisernen Türgriff. Marquard näherte sich ihm langsam. Sie beide wussten jetzt, dass etwas nicht stimmte. Man musste es nicht aussprechen.
    Der Junge brach in die Knie, dann sank er auf den kalten Steinboden. Wieder suchten seine Augen die Marquards, aber jetzt spiegelte sich die Angst darin.
    »Sagt mir«, flüsterte er mühsam, »habt Ihr mir Gift gegeben?«
    »So etwas Ähnliches«, antwortete Marquard. Der Junge stöhnte und sein Blick flog gehetzt zur Gewölbedecke.
    »Wollt Ihr mich töten?«, flüsterte der Junge, und Marquard bewunderte ihn wieder für seine Selbstbeherrschung in dieser Situation. Er geriet nicht in Panik, bewahrte die Würde bis zuletzt.
    »Ja«, sagte Marquard.
    »Aber ich bin Euer König.« Seine Stimme war kaum noch zu hören.
    »Jetzt nicht mehr«, sagte Marquard.

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