Das Mädchen-Buch
haben, wie sie sein können und wie sie gesehen werden: | 12 |
Mädchen sind:
»Weiblich.«
(Clara)
»Anstrengend, freundlich, lieb, zickig, verständnisvoll.«
(Gisa)
»SELBSTVERLIEBT.«
(Lola)
»Zu übertrieben gestylt. Also zu auffällig. Dabei sehen sie auch so hübsch aus.«
(Vera)
»TUSSIG. SIE SCHMINKEN SICH ÜBERTRIEBEN UND FRAGEN ANDERE, WARUM SIE SICH NICHT SCHMINKEN.«
(Gina)
»Heiß.«
(Natalie)
»Manchmal auch nett.«
(Julian)
»Kompliziert, umständlich und manchmal beeinflussbar wegen Gruppenzwang.«
(Olaf)
»Manche fühlen sich nur in der Gruppe stark.«
(Mathew)
»MÄDCHEN SIND NICHT SO SPORTBEGEISTERT UND DAFÜR SIND SIE KLÜGER UND WERDEN INSGESAMT ÄLTER«
(Severin)
»Mädchen zeigen mehr ihre Gefühle und Jungs verstecken die so.«
(Lars)
»Ihnen kann man etwas anvertrauen.«
»Sehr nett und hilfsbereit – aber nur manchmal.«
»ARROGANT.« | 13 |
» Das Mädchen« also gibt es gar nicht. Deshalb möchte ich Ihnen vier Mädchen vorstellen, die mir privat begegnet sind – als Töchter von Bekannten, in der Mädchengruppe einer Erziehungsberatungsstelle oder als Schülerin einer der Schulen, an denen ich Interviews machen durfte:
Emma * ist fünfzehn Jahre alt. Sie hat zwei ältere Brüder. Ihre Eltern sind seit sieben Jahren getrennt. Seit dieser Zeit, also seit sie acht Jahre alt war, wechselte sie jede Woche zwischen den zwei Häusern ihrer Eltern hin und her. Das ging fünf Jahre lang gut. Sie fand es toll, zwei Zimmer zu haben. Aber auf Dauer fühlte sie sich heimatlos. Sie kam nie richtig zur Ruhe. In beiden Haushalten herrschen unterschiedliche Regeln. Bei ihrer Mutter ist es eher wie in einer WG. Sie arbeitet viel. Es gibt kein regelmäßiges Essen. Man kommt nach Hause und macht sich was. Bei ihrem Vater geht es geregelter zu. Es gibt immer sehr viel zu essen. Er lebt mit seiner neuen Freundin zusammen. Ihre beiden Brüder wohnen ausschließlich bei ihrer Mutter. Sie selbst wollte ihren Papa nicht alleine lassen, obwohl er ja eine Freundin hat. Von sich selbst sagt Emma: »Ich nehme immer alles so hin und stecke es weg.« Sie habe sich noch nie in ihrem Leben gestritten. Emma entwickelte ein Essproblem und sie fand es immer schwieriger, zwischen ihren Eltern hin und her zu pendeln. Nach Gesprächen mit ihren Eltern und einer Therapeutin wurden neue Regeln abgestimmt. Jetzt zieht sie nur noch alle vier Wochen um. In der Schule ist sie richtig gut und sie hat Freundinnen. Bis vor einem halben Jahr wollte sie noch Filmstar werden. Sie hat von Hollywood geträumt. Mit ihren Freundinnen hat sie schon vier Filme gedreht, einer davon ist sogar 45 Minuten lang. Sie fand die Idee, Schauspielerin zu werden, super. Aber jetzt ist sie sich | 14 | nicht mehr so sicher. Der Traum erscheint ihr unrealistisch und peinlich. Sie traut es sich nicht mehr so recht zu.
* Die Namen und biografischen Angaben in diesem Buch wurden geändert.
Luisa ist siebzehn Jahre alt. Sie hat noch zwei Brüder, der eine ist ein Jahr älter und der andere acht Jahre jünger. Sie besucht ein Gymnasium und in ihrer Freizeit geht sie am liebsten Eiskunstlaufen. Dreimal pro Woche hat sie Training. Sie möchte gern Einkunstläuferin werden und irgendwann bei der Olympiade mitmachen. Familie ist für sie sehr wichtig. Ihre Eltern sind katholisch und gehen regelmäßig in die Kirche.
In der Klasse gehört sie zu den Jüngsten. Die meisten anderen sind schon achtzehn. Und: Die meisten haben schon einen Freund. Luisa noch nicht. Es gab mal jemanden, aber das war nur kurz im Urlaub und mehr als Händchenhalten ist da auch nicht gelaufen. Verliebt war sie schon öfter, aber es ist nichts daraus geworden. Einer, den sie gut fand, hat sich direkt in ihre beste Freundin verliebt. Sie ist neidisch auf ihre Freundinnen, von denen sie findet, dass sie besser aussehen als sie selbst, und die eben auch schon Jungs an ihrer Seite haben. Wenn sie sich unterhalten, über Frauenärztinnen und gemeinsame Nächte, redet sie zwar immer mit, aber eigentlich hat sie keine Erfahrung.
Rica ist vor neun Jahren mit ihren Eltern aus Kasachstan nach Deutschland gekommen. Sie ist 13 Jahre alt, aber sie sieht aus wie 16. Das liegt unter anderem daran, dass sie sich stark schminkt und sehr selbstbewusst auftritt. Sie besucht ein Gymnasium. Ihre Freunde sind alle älter als sie und sie hatte auch schon einen Freund. Ihre Eltern dürfen das allerdings nicht wissen. Eigentlich darf sie noch gar keinen Freund haben. In der Clique und
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