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Das magische Buch

Das magische Buch

Titel: Das magische Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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Buch‹?«, fragt Sansón Pérez laut dazwischen.
    »Ja, das steht hier«, antworte ich wahrheitsgetreu.
    »Das ist doch Schwachsinn! Niemand schreibt ein unsichtbares Buch!«
    »Aber …«
    »Nichts aber! Man kann kein unsichtbares Buch schreiben! Das ist unlogisch.«
    »Sansón, bitte vergiss nicht, das es eine erfundene Geschichte ist, ausgedacht von einem Schriftsteller, der …«
    »Das ist Schwachsinn!«, wiederholt Sansón. »Müssen wir unsere Zeit mit so einem Quatsch vergeuden? Gehen wir besser auf den Schulhof und spielen Fußball!«
    »Sei bitte so nett und lass César weiterlesen«, ermahnt ihn unsere Lehrerin.
    Sansón setzt sich wieder hin, und ich lese weiter:
    » Doch es ging verloren, und niemand konnte es lesen. Die Jahrhunderte vergingen, und das Buch blieb verschwunden, bis alle Welt es vergessen hatte … «
    »Ist doch logisch, dass alle es vergessen haben! Niemand kann sich an etwas erinnern, das er nicht gesehen hat«, ruft Sansón wieder dazwischen.
    So langsam verstehe ich seine Taktik. Ich beschließe, mich nicht von ihm aus dem Konzept bringen zu lassen, und fahre fort:
    » Vom Wind in die Lüfte erhoben und vom Wasser mitgerissen, durchquerte es unbemerkt das ganze Königreich … «
    »Niemand kann einen Gegenstand bemerken, den man nicht sehen kann«, unterbricht Sansón mich wieder. »Also, was ist nun: Gibt es das Buch oder nicht?«
    Alle lachen über seinen Witz. Das macht es für mich nicht gerade einfacher.
    »Nur Vollidioten glauben an Sachen, die man nicht sehen kann«, ruft Lorenzo.
    Lucía, die sieht, dass ich nervös werde, kommt zu mir auf das Podium und nimmt mir das Buch aus der Hand. Trotz Sansóns Störversuchen fängt sie an zu lesen:
    » Hin und wieder gab ihm jemand aus Versehen einen Tritt, schüttete einen Eimer Wasser über ihm aus oder warf es auf die Straße, wo Pferde darauftrampelten und Kutschen darüberfuhren. «
    »Jawohl! Genau das muss man mit Büchern machen!«, schreit Sansón. »In den Müll schmeißen oder einfach auf die Straße!«
    Die Lehrerin stellt sich neben mich und ordnet an:
    »So, Sansón, jetzt bist du an der Reihe!«
    Sansón wird blass. Seine Taktik ist nicht aufgegangen.
    »Ich glaube, es lohnt sich nicht, solchen Quatsch zu lesen«, sagt er. »Da gibt es wirklich spannendere Sachen, die man machen kann.«
    »Du willst also nicht lesen?«, fragt Señorita Clara.
    »Pah! Wozu? Diese blöde Geschichte interessiert doch keinen«, antwortet er mit einer wegwerfenden Handbewegung, um klarzustellen, dass er gar nicht daran denkt zu lesen.
    Aber so billig kommt er mir nicht davon.
    »Du bist ein Feigling!«, rufe ich. »Du traust dich nicht zu lesen!«
    Betretenes Schweigen. Darauf war niemand gefasst.
    »Feigling!«, wiederhole ich. »Du hast einfach Angst, hier vor versammelter Mannschaft was vorzulesen!«
    »Quatsch! Sansón hat vor gar nichts Angst«, mischt sich Lorenzo ein. »Er hat nur keine Lust zu lesen.«
    »Und du bist ein Schleimer!«, schreit Lucía ihn an. »Jeder kann sehen, dass Sansón Schiss hat!«
    Jetzt sind alle Blicke auf Sansón gerichtet. Alle sehen, dass er schwitzt – und das Schlimmste für ihn ist, dass er selbst es ebenfalls bemerkt.
    Sansón steht langsam auf und geht wortlos zum Pult. Angewidert nimmt er das Buch in die Hand, schlägt es auf und atmet tief durch.
    »Fang bitte direkt mit Kapitel zwei an«, sagt Señorita Clara.
    Sansón verzieht das Gesicht und blättert weiter, bis er den Anfang des zweiten Kapitels findet.
    » Kapitel zwei … Ha…hanna tr…trennte sich nie…mals von dem un…sicht…baren Buch. Sie spiiielte mit ihm und d…dachte sich Str…streiche aus. Sie l…legte es auf den Boo…den, damit die … Leute aus dem Pa…last da…rüüüber stool…stolpre…« Pause. »Stol-per-ten. Darüber stolperten … damit die Leute aus dem Palast darüber stolpret…stolperten. «
    Sansón ist leichenblass. Seine Freunde sitzen da und sagen keinen Ton. Alle warten darauf, dass er weiterliest.
    » Sie vergn…üügte sich mit … ihm, ohne zu wis…wissen, was es war. D…doch ei…nes Tages hob sie es a…auf, nachdem der Bo…botschaf…ter der Nebel…inseln, der sich zu einem off…offizi…ellen Besuch im Palast auf…hielt, darüber gestro…stolpert war. Da plötz…lich wurdr…rde ihr klar, worum es sich han…handelte … «
    Er schwitzt. Er weiß genau, was gerade passiert: Er verliert in seiner Clique an Ansehen.

    »Weiter?«, fragt er kleinlaut.
    »Das reicht für den Moment«,

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