Das magische Buch
antwortet unsere Lehrerin. »Gib César das Buch zurück. Und vergiss nicht, er hat dich nicht unterbrochen, klar?«
Sansón gibt mir das Buch. Seine Hand zittert.
»Ich beginne jetzt mit einem neuen Kapitel«, kündige ich an.
»Am besten eine Szene mit Dialogen«, schlägt Lucía vor und stellt sich wieder neben mich. »Ich lese die Prinzessin.«
» Zwei Tage später erreichten sie das unbewohnte Tal des Nordens «, beginne ich. » Sogleich machten sie sich auf die Suche nach den gefürchteten Schwefelminen, doch sie fanden sie nicht. « Und mit Sigfridos Stimme: » Es hat keinen Sinn. Wir sind in dieser Dunkelheit verloren und wissen nicht, wo die Minen sind … falls es sie überhaupt gibt. Und das alles, um ein Buch zu lesen, das unsichtbar ist und in dem vielleicht noch nicht mal etwas steht!! «
» Wir werden die Minen schon finden «, sagt Lucía mit Hannas Stimme. » Ich will dieses Buch lesen, und ich werde es schaffen, auch ohne deine Hilfe! Ist das klar? «
Die Zuhörer hängen an unseren Lippen. Die Geschichte fängt an, sie zu interessieren! Wir versuchen, jeden Satz mit einer anderen Betonung zu lesen, und passen auf, dass wir uns nicht vertun.
» Am besten kehren wir zum Schloss zurück und bitten den König um Verzeihung «, imitiere ich Sigfrido. » Die Pferde sind erschöpft, sie können nicht mehr.«
» Sieh mal! «, ruft Lucía. » Dort! «
» Der Page drehte sich um und erblickte in der Dunkelheit einen gelblichen Schimmer, der aus dem Innern des Berges zu kommen schien. «
Alle Blicke sind auf uns gerichtet. Plötzlich fängt jemand an zu klatschen … noch einer … und noch einer … Jetzt klatschen alle. Wahnsinn! Señorita Clara kommt zu uns aufs Podium und küsst uns beide auf die Wangen.
»Das war sehr bewegend«, sagt sie. »Meinen Glückwunsch! Das habt ihr sehr gut gemacht … Möchte noch jemand lesen?«
»Dürfen wir auch zu zweit lesen?«, fragt Candela. »Ich würde gerne mit Lorenzo lesen.«
»Mit mir?«, fragt Lorenzo verblüfft.
»Aber natürlich!«, sagt unsere Lehrerin. »Das ist eine ausgezeichnete Idee!«
Candela und Lorenzo gehen zum Pult und fangen an zu lesen. Aber ich höre ihnen kaum zu. Ich bin so benommen, dass ich gar nicht richtig mitkriege, was um mich herum vorgeht. Als ich wieder zu mir komme, liest Candela gerade die letzten Worte:
»… Auf diese Weise lasen sie ihr ganzes Leben lang spannende Bücher, doch niemals sollten sie das erste unsichtbare Buch vergessen, das es ihnen ermöglicht hatte, jenes unglaubliche Abenteuer zu erleben. «
Candela und Lorenzo haben sehr gut vorgelesen. Alle klatschen Beifall.
Fast kann ich es nicht glauben, aber … sogar Sansón Pérez klatscht!
Ich bin glücklich. Der Tag ist gut gelaufen, und ich glaube, mit Sansón wird es keinen Ärger mehr geben.
»Sansón«, sagt Rossana, »ich habe mir gerade überlegt, dass du mir vielleicht in der Bücherei helfen könntest … natürlich nur, wenn du willst.«
»Was? Ich verstehe nicht …«
»Na ja, du könntest mir helfen, die Bücher einzusortieren und die Aufsicht zu führen. Vor allem, die Aufsicht zu führen. Was hältst du davon?«
Sansón sieht Señorita Clara an.
»Das ist ein gute Idee«, sagt unsere Lehrerin. »Jemanden wie dich kann die Bücherei gut brauchen.«
»Gut, ich werde darüber nachdenken«, antwortet Sansón. »Man sollte immer erst nachdenken, bevor man handelt.«
Das ist der schlauste Satz, den Sansón jemals von sich gegeben hat. Anscheinend hat ihn Das unsichtbare Buch klüger gemacht. Sonst hätte er so etwas bestimmt nicht gesagt.
»Du, Lorenzo, ich glaube, wir zwei sollten zusammen Bücher lesen«, sagt Candela. »Dann nutzt du deine Zeit besser und machst nicht mehr so viel Blödsinn.«
Lorenzo sieht sie ungläubig an, wagt aber nicht, ihr zu widersprechen. Anscheinend weiß Candela, wie man mit ihm umgehen muss. Ich glaube, damit wäre auch das zweite Problem gelöst.
Das unsichtbare Buch hat wirklich dazu beigetragen, die Situation zu entspannen. Jetzt bleibt nur noch eins: dass Papa gesund wird und nach Hause kommt.
13
H eute Morgen hat meine Mutter angerufen. Sie hat mich gebeten, mit Lucía nach der Schule auf dem schnellsten Weg nach Hause zu kommen.
In der Pause habe ich es Lucía erzählt, und sie war einverstanden. Also laufen wir jetzt wie die Verrückten durch die Straßen.
Zu Hause angekommen, schließe ich die Tür auf. Javier muss schon da sein, denn im Wohnzimmer brennt Licht.
»César? … Seid ihr es?«,
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