Das magische Buch
…‹
›Wir werden unsere Freiheit genießen können!‹
›Nasshan … Ich bin Schreiberin! Mein Lebensinhalt ist es, mir Geschichten auszudenken, die die Menschen glücklich machen. Und das kann ich nur hier tun, in dieser Höhle, wo das wärmende Licht des Schwefels mir hilft, Geschichten zu erfinden. Das kann ich an keinem anderen Ort der Welt. Es tut mir leid.‹
Nasshan war enttäuscht. Er stand auf und verließ die Höhle mit geballten Fäusten und zusammengebissenen Zähnen, wütend auf das Leben, das ihm so übel mitgespielt hatte.
Hanna und ihre Freunde machten sich zum Aufbruch bereit. Die Prinzessin sehnte sich danach, auf ihr Schloss zurückzukehren, wo sie den Schutz und die Liebe ihres Vaters genoss.
Sie überreichte das unsichtbare Buch, das sie vor langer Zeit unter dem Baum gelesen hatte, dem Hüter der Bibliothek. Der alte Mann war hocherfreut.
›Bewahrt es in der Großen Bibliothek auf‹, sagte sie zu ihm.
›Ich habe eine bessere Idee: Nimm es mit, und bewahre du es auf!‹, schlug ihr der Greis vor. ›Du hast dir das Anrecht erworben, es in deiner Nähe zu haben.‹
›Aber dieses Buch ist ein kostbarer Schatz‹, erwiderte Hanna. ›Es enthält so viel Weisheit, dass nur der beste Ort dafür in Frage kommt: die Große Bibliothek!‹
›Nein, sein Platz ist bei jemandem, der es zu schätzen weiß‹, widersprach der Alte. ›Nimm es mit, und lies es immer wieder! Lies es, bis sich seine Worte deinem Herzen eingeprägt haben. Es soll unser Geschenk sein zum Dank für das, was du für uns getan hast.‹
Hanna gab sich geschlagen und nahm das Buch an sich.
›Du musst auch das Buch mitnehmen, das Scroom umgestimmt hat‹, sagte der Alte.
›Du meinst das Buch, das Nevalia geschrieben hat?‹
›Ja! Wer ist besser geeignet als du, es bei sich zu haben und zu schützen? In deinem Schloss wird es sicher sein. Außerdem … Niemand außer dir kann es lesen.‹
Hanna war sehr gerührt. Sie war stolz darauf, dass man ihr die beiden Bücher anvertraute, und nahm frohen Herzens das Angebot des alten Bibliothekars an.
Am nächsten Morgen, kurz vor Sonnenaufgang, verabschiedeten sich die Freunde von den Schreibern und machten sich auf den Heimweg.
Es war ein grauer, wolkenverhangener Tag. Nachdem sie ein paar Meilen schweigend geritten waren, hielt Nasshan plötzlich sein Pferd an.
›Ich kehre zu Nevalia zurück‹, verkündete er. ›Ein Leben ohne sie hat keinen Wert mehr für mich.‹
›Bist du sicher?‹, fragte Hanna. ›Du bist daran gewöhnt, alleine zu leben, auf deine Weise …‹
›Noch nie war ich mir sicherer als in diesem Moment‹, antwortete der Jäger entschlossen. ›Ohne Nevalia ist meine Freiheit nichts wert. Ich werde ihr Führer sein, ihre Krücke. Ich werde sie beschützen. Jetzt verstehe ich, dass ich nicht frei sein kann, wenn mein Herz woanders ist.‹
›Wenn das deine Entscheidung ist, dann reite zu ihr zurück‹, sagte Hanna. ›Wir wünschen dir, dass du mit ihr glücklich wirst.‹
›Nevalia hat mein Herz gewonnen, so wie ihr Buch Scrooms Herz gewonnen hat. Ihre Worte haben eine zu große Macht über mich, als dass ich ihr widerstehen könnte. Ich will sie nicht verlieren.‹
›Du hast eine gute Wahl getroffen‹, stimmte Sigfrido ihm zu, ›die beste deines Lebens.‹
Zum Abschied reichte der Jäger Hanna und Sigfrido die Hand.
›Hier trennen sich unsere Wege‹, sagte er. ›Ich hoffe, wir sehen uns wieder.‹
›Es fehlen mir die Worte, um dir für das zu danken, was du für uns getan hast … und für die Bücher‹, fügte die Prinzessin hinzu. ›Deine Hilfe war von unschätzbarem Wert.‹
›Eigentlich müsste ich euch dafür danken, dass ihr mir die Gelegenheit dazu gegeben habt‹, entgegnete Nasshan. ›Man bekommt nicht oft die Möglichkeit, sich für so etwas einzusetzen. Die Bücher zu retten war eine ganz besondere Erfahrung. Außerdem … Durch euch habe ich Nevalia kennengelernt …‹
Hanna und Nasshan umarmten sich zum Abschied.
›Danke im Namen aller Leser‹, flüsterte die Prinzessin.
›Danke auch im Namen der Schreiber‹, sagte Sigfrido.
Nasshan gab seinem Pferd die Sporen und verlor sich im dichten Wald. Ein Schwarm Vögel flog aus den Baumkronen auf. Hanna und Sigfrido setzten ihren Weg zum Schloss fort.
König Ignacius empfing sie mit einer Freude, die sie all ihre Mühen vergessen ließ.
Während die beiden mit Hannas Vater beim Abendessen saßen, erinnerte sich die Prinzessin mit Wehmut an ihre
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