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Das Magische Labyrinth

Das Magische Labyrinth

Titel: Das Magische Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
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Dollar betrieben. Turpin und sein Bruder Charles hatten in jungen Jahren einen Anteil an der Big Onion Mine in Searchlight, Nebraska, erworben, dortselbst gearbeitet, und waren, als sie zwei Jahre später immer noch nicht auf Gold gestoßen waren, durch den Westen gestromert. Später waren sie dann wieder nach St. Louis zurückgekehrt.
    Im Rotlichtdistrikt hatte sich Turpin unter anderem als Pianospieler und Rausschmeißer verdingt. Im Jahre 1899 war er zum wichtigsten Mann der ganzen Gegend aufgestiegen und kontrollierte das gesamte Musik-, Schnaps- und Spielgeschäft. Das Rosebud-Cafe, das Hauptquartier seines kleinen Imperiums, war im ganzen Land bekannt. Während ihm das Erdgeschoß als Restaurant diente, beherbergten die übrigen Etagen einen Puff de luxe, der unter der Bezeichnung >Hotel< firmierte.
    Allerdings war Turpin mehr gewesen als nur ein politischer Boß in wilden Zeiten. Er hatte seinen eigenen Aussagen zufolge auch als Pianospieler Beachtliches geleistet – obwohl er natürlich nie so gut wie Louis Chauvin geworden war. In St. Louis war er als Pionier synkopierter Musik und Vater des Ragtime bekannt geworden, und sein 1897 veröffentlichter >Harlem Rag< war das erste Stück dieser Art, das von einem Neger herausgebracht wurde. Turpin hatte den >Harlem Rag< als Eröffnungsmelodie für die Weltausstellung vorgesehen, die dann doch nicht in St. Louis stattfand. Er war 1922 gestorben und hielt sich seither – ständig auf Achse – auf der Flußwelt auf.
    »Ich hab’ gehört, daß ihr ein Piano auf eurem Schiff habt«, sagte er grinsend. »Ich würd’ gern mal wieder meine Finger auf ‘n paar Elfenbeintasten legen.«
    »Wir haben zehn Pianos«, sagte de Marbot. »Hier, nimm das.«
    Er reichte Turpin einen fünfzehn Zentimeter langen, hölzernen Marschallstab, in den die Initialen M. T. eingraviert waren.
    »Geben Sie das dem Kapitän, wenn Sie an der Reihe sind.«
    Sam würde sich freuen. Er liebte Ragtime und hatte einmal geäußert, er könne gar nicht genug Musiker an Bord haben, die es verstünden, diese Musik zu spielen. Außerdem sah Turpin groß und tüchtig aus. Kein Wunder, daß er es geschafft hatte, den von Schwarzen beherrschten Rotlicht-Distrikt unter seine Knute zu zwingen.
    Der Mann hinter ihm war ein wild aussehender Chinese namens Tai-Peng. Er war etwa einen Meter achtzig groß, hatte große, leuchtende Augen von grüner Farbe und ein dämonisches Gesicht. Sein Haar war schwarz und hing ihm bis auf die Hüften hinab. Dazu trug er eine Krone aus den Blüten des Eisenbaumes. Mit ziemlicher Lautstärke und einer schrillen Stimme behauptete er, in seiner Zeit ein großer Schwertkämpfer, Liebhaber und Dichter gewesen zu sein. Er entstammte der Periode der Tang-Dynastie, die im achten Jahrhundert n. Chr. gelebt hatte.
    »Ich gehölte zu den Sechs Müßiggängeln des Bambusstlomes«, schrillte er, »und ebenso zu den Acht Unstelblichen des Weinbechels. Ich kann aus dem Stegleif dichten, und zwal nicht nul in meinel Muttelsplache, sondeln auch in tülkisch, koleanisch, englisch, flanzösisch und espelanto. Kommt es zu einem Kampf mit dem Schwelt, bin ich so schnell wie ein Kolibli und so tödlich wie eine Vipel.«
    Mit einem Lachen erklärte de Marbot ihm, daß nicht er derjenige sei, der die Rekruten auswähle. Er gab dem Chinesen aber dennoch einen Stab und wandte sich dem dritten Mann zu.
    Dieser war zwar untersetzt, aber immer noch größer als de Marbot selbst. Er hatte eine dunkle Hautfarbe, schwarze Augen und einen feisten Wanst, der sich wie der Kugelbauch eines Buddhas nach vorn wölbte. Seine Augen waren leicht geschlitzt, und er hatte eine Adlernase und ein vorstehendes, mit einer Kerbe versehenes Kinn. Sein Name, sagte er, sei Ah Qaaq. Er kam von der Ostküste eines Landes, das de Marbot unter dem Namen Mexiko bekannt war. Sein Volk hatte das Gebiet, in dem es gelebt hatte, Regenland genannt. Er wußte zwar nicht, welcher Zeit er nach dem christlichen Kalender entstammte, aber ein gebildeter Mensch konnte aus seinen Äußerungen schließen, daß er etwa um das Jahr 100 v. Chr. herum geboren sein mußte. Er sprach das Idiom der Maya und war ein Angehöriger jenes Volkes, das später unter der Bezeichnung Olmeken bekannt wurde.
    »Ah, ja«, sagte de Marbot. »Von den Olmeken habe ich schon gehört. Hin und wieder sitzen am Tisch des Kapitäns einige besonders gebildete Männer.«
    De Marbot wußte, daß die Olmeken in Mittelamerika die erste Zivilisation begründet hatten. Alle

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