Das Mal der Schlange
nicht.“
„ Vielleicht wirst du mit der Zeit lernen, ihn gern zu haben?“
Emmaline schnaubte verächtlich, „Sicher. Wenn die Hölle zu friert!“
Sie saßen zu dritt in der Kutsche. Robert sah Emmaline mitfühlend an. „Wenn es nicht funktionieren sollte – unsere Tür steht dir immer offen.“
„ Danke, Rob, das ist gut zu wissen. Ihr seid wirklich die liebsten Freunde, die man haben kann! Aber ich werde mein Bestes geben, um die gute Ehefrau zu spielen. Für Jacob gäbe es nichts Schrecklicheres als einen Skandal in der Gesellschaft.“
„ Und für uns gibt es nichts Schrecklicheres, als dich unglücklich zu sehen“, Louise legte ihre Hand auf die ihrer Freundin.
Emmaline musste blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten, „Was wäre ich nur ohne euch!“ Sie drückte beide kurz, dann bogen sie auch schon in die Einfahrt ein.
Weswegen sollte sie sich auf die Rückkehr ihres Mannes freuen? Emmaline kannte ihn kaum und fand ihn auch wenig anziehend. Er war fünfzehn Jahre älter als sie, sein rötlich-blondes feines Haar begann sich am Oberkopf bereits zu lichten und er versuchte diesen Mangel durch einen buschigen Backenbart auszugleichen. Obwohl er Emmaline um einen halben Kopf überragte, wirkte er dennoch nicht stattlich, sondern eher weich. Seine Arme waren lang und dünn, ebenso seine Beine und über seinem Gürtel wölbte sich ein Bauch, der so gar nicht zu einem Armeeoffizier passen wollte. Er geriet bereits bei kleinsten Anstrengungen ins Schwitzen und führte stets ein Taschentuch mit sich, mit dem er sich den Schweiß von Stirn und Oberlippe wischte. Wenn Emmaline an Jacobs Körper unter seiner Uniform dachte, an seine weichen, tastenden Hände und an die Dinge, die er nach seiner Heimkehr zweifellos jede Nacht von ihr verlangen würde, wurde ihr übel und sie musste an sich halten, um sich nicht zu übergeben. Der Ekel, den sie gegenüber Jacob empfand, wurde nur noch übertroffen von ihrer Wut darüber, dass man sie verschachert hatte wie ein Stück Vieh. Und dass es absolut gar nichts gab, was sie dagegen tun konnte, denn sie war nur eine Frau und von ihr wurde erwartet, dass sie sich in ihr Schicksal fügte. Die wichtigste Aufgabe in ihrem Leben bestand nun darin, Jacob so schnell wie möglich Kinder zu schenken, vorzugsweise Söhne, die seinen Namen in die nächste Generation tragen würden.
Er stammte aus einer alten Familie. Von seinem verstorbenen Vater hatte er zwar wenig Barvermögen, jedoch einen baufälligen Landsitz, ein heruntergekommenes Stadthaus in London und einen Titel geerbt und ihre Eltern waren hoch erfreut gewesen, als er sein Interesse bekundet hatte.
Eigentlich war es Emmaline gleichgültig gewesen, wen sie zu heiraten hatte. Sie wusste, dass es unvermeidlich war und da sie ihr Herz noch nie an einen Mann verschenkt hatte, hatte sie sich in den Beschluss ihrer Eltern gefügt. Nun versuchte sie so gut es ging, den Abscheu den sie gegenüber Jacob empfand für sich zu behalten.
Sie war fünfundzwanzig Jahre alt. Alle ihre Freundinnen waren verheiratet, die meisten sogar mit Partnern, die sie liebten und manche von ihnen hatten bereits Kinder. Sie selbst hatte noch nichts getan, um den Fortbestand ihrer Klasse zu sichern – und war es nicht gerade das, was man von ihr erwartete?
Ihre Eltern hatten Emmaline liebevoll und nachsichtig erzogen, als einziges Kind.
Aus demselben Grund war sie eine attraktive Heiratskandidatin gewesen. Nicht wegen ihrer Bildung oder ihrer Schönheit, sondern aufgrund ihres Status als Alleinerbin des elterlichen Vermögens.
Und wie schnell war alles an Jacob gefallen! Kurz nach der Eheschließung erkrankten ihre Eltern an einem Fieber, von dem sie sich nicht mehr erholten. Innerhalb von zwei Tagen starben zuerst ihr Vater, dann ihre Mutter. Diesen schrecklichen Verlust hatte sie noch lange nicht überwunden.
Dem Reichtum ihrer Familie war es zu verdanken, dass sie nun Lady Grant war und die wenigen Monate bis zur Rückkehr ihres Mannes erschienen ihr wie die letzten Tage in Freiheit.
„ Ich habe auf der Terrasse decken lassen“, Amelia lief voraus, hinein in die kühlen Tiefen des Herrenhauses, das sie zusammen mit Nicholas und den drei kleinen Kindern bewohnte. Die anderen folgten ihr nach. Nachdem sie die Eingangshalle und die angrenzende Bibliothek durchquert hatten und wieder hinaus in die Wärme des Julitages getreten waren, nahmen sie um den großen, marmornen Tisch Platz.
Frische Blüten schwammen in einer flachen silbernen
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