Das mechanische Herz
ein Erhabener!“ Einer von Jessicas Brüdern hatte sich die Maske angeeignet und hielt sie sich vor das Gesicht.
„Leg das sofort wieder hin!“ Ann war bestürzt. Das Kind zuckte zusammen und ließ die Maske auf den Tisch fallen, woraufhin die Mutter mit zitternden Händen nachsah, ob sie auch keinen Kratzer abbekommen hatte. „Vergebt ihm! Es ist nichts passiert, alles in Ordnung.“
„Lass doch! Der Bengel ahnt ja nicht, wie glücklich er sich schätzen kann, dass er so etwas nicht tragen muss.“
Taya und Katerin hoben ihm das schwere Gewand von den Schultern. Mit einem Seufzer der Erleichterung kratzte sich Cristof die Stirn. Unter der Robe kam der gewohnte schwarze Anzug zum Vorschein – alles andere hatte er nur auf Anns Drängen hin angezogen, die sehen wollte, ob die neue Perücke auch wirklich perfekt war, ehe sie sie verpackte.
Taya faltete die Kleidungsstücke zusammen, steckte die Ebenholzmaske zwischen zwei Lagen des Bündels und reichte es an Tomas weiter, der es hinaus zur letzten noch unverschlossenen Kiste trug. Wenig später hörten sie ihn draußen hämmern: Der letzte Deckel wurde zugenagelt.
„Das war es also.“ Ein wenig melancholisch sah Cristof sich um. „Dich sehe ich dann also morgen, Ann?“
Die Frau nickte. „Ich bringe die Perücke mit und Anweisungen für Eure Dienerschaft.“
„Schön.“
Einen Augenblick lang standen alle scheu und stumm herum, niemand wusste, wie man über die Schranken der Kasten hinweg voneinander Abschied nehmen sollte. Taya tat den ersten Schritt, indem sie auf Ann zuging und der Perückenmacherin die Hand schüttelte.
„Vielen Dank für deine Hilfe. Ich freue mich schon sehr auf euren Besuch morgen.“
„Ich auch, Taya! Viel Glück!“ Erleichtert strahlend scheuchte Ann die Kinder aus der Tür.
„Wir müssen dann auch los“, sagte Tayas Vater. Taya nahm ihn in die Arme.
„Vielen Dank für deine Hilfe, Papa.“
„War mir ein Fest, Süße. Erhabener, es war uns eine Ehre, Euch wiederzusehen. Ich wünsche Euch viel Glück.“ Der Vater verneigte sich, die Hand an der Stirn. „Ihr werdet nächste Woche am Tag der Herrin unser Gast sein?“
„Wie versprochen.“ Ganz wohl schien Cristof beim Gedanken an diese Feier nicht zu sein. Taya hatte ihn vor dem Bankett gewarnt, das ihre Familie jährlich zu Ehren der Herrin ausrichtete und bei dem stets zwei Drittel der Nachbarschaft erschien, die Hälfte der ausgetauschten Geschenke alkoholischer Natur waren und das Singen und Tanzen bis weit nach Mitternacht andauerte. Nicht gerade das, was der reservierte Erhabene gewöhnt war, aber der Lärm und die Fröhlichkeit dieser Feier, fand Taya, waren allemal besser, als den Tag der Dame still und allein in Primus zu verbringen.
„Dann sehen wir uns ja schon sehr bald wieder!“ Katerin umarmte ihre Schwester, wobei sie die goldene Feder berührte, die Taya am Pelzmantel trug. „Flieg mir bloß nicht in fremde Länder, ohne uns vorher Bescheid zu sagen.“
„Vor dem Frühling lassen sie mich nirgendwohin“, antwortete Taya vergnügt. „Bis dahin heißt es wieder einmal pauken.“ Taya umarmte ihren Schwager, die Familie verneigte sich gut gelaunt vor Cristof – und dann waren sie alle draußen, wo man nur noch sah, wie sie die Mantelkrägen hochstellten, um den aschefarbenen Schnee abzuhalten, ehe sie die Straße hinunter verschwanden.
Als letztes schloss Cristof den Laden ab. Der Wagen mit den Umzugskisten befand sich bereits auf dem Wag nach Primus, aber Gregors Droschke wartete an der Ecke auf sie.
„Wohin, Erhabener?“ Gregors Gesicht war kaum zu sehen, so gründlich hatte sich der Mann gegen die Kälte gewappnet, aber seine Stimme klang munter wie eh und je.
„Anwesen Octavus.“ Cristof schob Taya in die Droschke und stieg selbst ein. Gregor salutierte. Mit einem Ruck setzte sich das Fahrzeug in Bewegung.
„Habt Ihr Viera schon gesagt, dass wir nach Cabiel gehen, oder muss ich mir den ganzen Nachmittag anhören, wie ihr zwei euch darüber streitet?“, fragte Taya, die sich gemütlich an Cristofs Seite schmiegte.
„Ich habe es ihr noch nicht gesagt.“ Cristof rutschte fahrig herum und suchte etwas in seiner Manteltasche.
„Oh, Herrin!“, ächzte Taya. „Ihr wisst, was sie denkt. Ihrer Ansicht nach solltet Ihr in Primus bleiben und keineswegs den reisenden Botschafter spielen. Ich glaube, das mit dem Reisen ist der einzige Teil am Plan des Rates, der ihr absolut gegen den Strich geht.“
„Na, dann hat sie ja den
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