Das Model und der Scheich
allem waren wir glücklich miteinander.“
Desirée, das Glas in der Hand, sah ihn an.
„Weißt du noch?“
„Sollte ich das?“, fragte sie bitter, während sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Doch sie würde ihm nicht die Genugtuung bereiten zu weinen.
„Allerdings!“, antwortete er aufbrausend. Im Kerzenlicht war sein Gesicht nicht deutlich zu sehen, doch um seinen Mund lag ein harter Zug. „Du weißt genau, wie schön unsere Liebe war! Sag es mir, ich will es hören!“
„Du scheinst es ja vergessen zu haben.“
„Ich habe geglaubt, eher würden die Sterne verlöschen als meine Liebe zu dir. Genau das habe ich dir damals auch gesagt. Erinnerst du dich?“
Desirée schnürte es den Hals zu. Sie setzte ihr Glas ab, ohne dass sie daraus getrunken hatte.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, leugnete sie mit glanzlosen Augen.
„Aha. Dann ist es ja gut, denn ich muss mich wohl geirrt haben. Meine Liebe hatte keinen Bestand.“
„Und darauf scheinst du auch noch stolz zu sein.“
„Wie könnte ich! Ich habe mich geschämt, für dich und für mich. Denn ich habe nicht allmählich aufgehört, dich zu lieben – so wie ein Stern verglüht –, sondern mein Traum fand ein sehr abruptes Ende. Du weißt ja, wann.“
„Es war aus, weil von Anfang an die Fantasie mit uns durchgegangen ist. Beim ersten kleinen Windstoß fiel alles zusammen wie ein Kartenhaus.“
Aus dem Dunkel tauchte der Diener wieder auf, stellte Körbchen mit Brot und Kräutern auf die Decke und verschwand wieder.
Als er gegangen war, sagte Salih: „Heute Abend bekommen wir das Essen gebracht, von dem ich dir erzählt habe, damals unter dem Sternenhimmel.“
Weshalb sich diesen quälenden Erinnerungen aussetzen? Desirée schloss die Augen und zwang sich, ruhig zu atmen. „Warum, Salih?“
„Weil ich ein Mann bin, der seine Versprechen hält“, erklärte er. „Auch noch nach zehn Jahren.“
Einen Kuss nach jedem Bissen.
Sie hatte mit allem gerechnet, bloß nicht damit, dass Salih versuchen könnte, sie zu verführen. Ihr Magen zog sich zusammen. Nein, nur das nicht.
„Ich hoffe, du erwartest von mir nicht dasselbe“, sagte sie bitter.
„Du hältst dich nicht an deine Versprechungen“, erwiderte er, traurig lächelnd. „Wer sollte das besser wissen als ich? Du wolltest mich heiraten, aber …“
Desirée schluckte. „Ich habe eben meine Meinung geändert.“
„Ja. Kann man so sagen“, bestätigte er vorwurfsvoll.
Warum quälte er sie? Worauf wollte er hinaus? Sie verstand ihn einfach nicht. Jahrelang hatte sie gegen alle Vernunft auf einen Anruf von ihm gewartet. Bis von ihrer Liebe nichts mehr übrig war. Er musste es doch wissen! Schließlich hatte er sich entschieden, sich nicht mehr zu melden.
„Du wohl nicht?“, fragte sie.
Einen Moment lang fühlte sich Desirée von seinem durchdringenden Blick regelrecht durchbohrt. Der junge Salih war so ganz anders gewesen!
Dann wickelte er geschickt einige Kräuter in das weiche Brot und bot ihr davon an.
„Sabzi-o-naan. Wie ich dir erzählt habe. Eine traditionelle Speise aus den Bergen.“
Desirée probierte: Es schmeckte intensiv und völlig ungewohnt, dabei süß und ausgesprochen frisch.
Ohne nachzudenken, schnalzte sie anerkennend mit der Zunge.
Salih schloss kurz die Augen, dann sagte er heiser: „Dieses Geräusch zu machen habe ich dir beigebracht.“
Sie wurde rot. „Bitte hör auf“, bat sie.
In aller Ruhe nahm Salih von den Kräutern, rollte sie in Brot ein und aß davon.
„Aufhören?“, fragte er und hielt auch Desirée noch von dem Naan-Brot hin. „Wie stellst du dir das vor? Du bist hier in meinem Land, wie du es versprochen hast. Nun will auch ich meinen Teil der Abmachung einhalten. Habe ich nicht gesagt, dass die Kräuter dir schmecken werden?“
Wieder aß sie einen Bissen. Was hätte sie auch tun sollen? Doch nie hätte sie gedacht, dass Salih so gemein sein würde.
„Wirklich gut“, sagte sie tonlos.
„So angenehm frisch. Und nach jedem Happen wollte ich dich küssen.“ Desirée stockte der Atem. „Erinnerst du dich, Desi? Möchtest du, dass ich das tue, was ausgemacht war? Auch wenn inzwischen zehn Jahre vergangen sind?“
„Äh, lieber nicht“, sagte sie. Und dann entschiedener: „Nein. Wirklich nicht.“
„Nein?“, fragte er. Da seine Augen überschattet waren, konnte Desirée nicht erkennen, was in ihm vorging. „Also wegen meiner Küsse bist du nicht hergekommen. Aber warum dann? Weshalb hast du
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