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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zurückhaltender Zuneigung betrachtete. Vielleicht ein neuer Bruder ...
    Prior Robert bahnte sich einen Weg durch das Gedränge der aufgeregten, wispernden Mönche, wie ein Prunkschiff, das wilde Sturzwellen durchpflügt, und streckte Heribert, sobald dessen Fuß den Boden berührt hatte, beide Hände entgegen.
    »Vater! Sei uns herzlich willkommen! Hier steht keiner, der nicht froh wäre, dich wiederzusehen, und ich hoffe sehr, daß man dich in deinem Amt bestätigt hat - daß du unser Herr bist wie zuvor.«
    Man muß ihm zugute halten, daß er nur selten so unverschämt lügt, dachte Cadfael kritisch, und vielleicht ist ihm seine Unaufrichtigkeit nicht einmal bewußt. Und um ehrlich zu sein - was kann ein Mann in dieser Situation schon von sich geben, während er heimlich über seine Beförderung jubelt, die ihm so gut wie sicher erscheint? Man kann einem Vorgesetzten kaum ins Gesicht sagen, daß man sehnlichst auf seinen Rücktritt gewartet hat und daß er sein Amt schon längst hätte niederlegen sollen.
    »Auch ich bin froh, daß ich wieder bei euch bin, Robert«, erwiderte Heribert strahlend. »Aber ich muß euch allen mitteilen, daß ich nicht mehr euer Abt bin, nur euer Bruder. Man hat mit gutem Grund beschlossen, daß ein anderer meinen Posten übernehmen soll, und ich beuge mich diesem Urteil und bin zurückgekommen, um dem Allmächtigen als schlichter Mönch zu dienen, unter deiner Herrschaft.«
    »O nein!« flüsterte Bruder Mark entsetzt. »O Cadfael, schau nur - er wird noch größer.«
    Und Prior Roberts Silberhaupt schien sich tatsächlich emporzuheben, als wäre es von einer Mitra gekrönt. Doch dann tauchte ein anderer Kopf neben ihm auf, ebenso hoch erhoben und stolz. Der Fremde war gemächlich und fast unbemerkt vom Pferd gestiegen und stand nun an Heriberts Seite. Das dichte, glatte schwarze Haar rings um die Tonsur war nur von wenigen grauen Strähnen durchzogen, doch er mußte mindestens so alt sein wie Robert, und sein kluges, schmales Gesicht war ebenso eindrucksvoll wie die Züge des Priors, wenn auch nicht so schön. »Darf ich euch Vater Radulfus vorstellen?« Heribert warf einen fast liebevollen Blick auf seinen Begleiter. »Das Konzil hat bestimmt, daß er von heute an in dieser Abtei regieren soll.
    Begrüßt euren neuen Abt und erweist ihm hohe Ehren, was ich, Bruder Heribert von St. Peter, bereits getan habe.«
    Grabesstille erfüllte den Klosterhof, dann glitt ein vielstimmiger Seufzer wie eine große Welle durch die Menge, und ein Lächeln erhellte alle Gesichter. Bruder Mark umklammerte Cadfaels Arm und erstickte einen Laut, der ansonsten zu einem Freudengeheul ausgeartet wäre, an der Schulter seines Lehrmeisters. Bruder Jerome sank in sich zusammen wie eine angestochene Seifenblase, und sein Gesicht färbte sich schlammgrau. Irgendwo im Hintergrund ertönte ein Gackern, als wollte ein Wildhahn seine reiche Beute feiern, verstummte aber sofort wieder, und niemand konnte feststellen, wer es ausgestoßen hatte. Es mochte Bruder Petrus gewesen sein, der in seine Küche zurückstürmte, um hingebungsvoll alle Töpfe und Pfannen für den Neuankömmling zu schrubben, der Robert eins auf die aristokratische Nase gegeben hatte - gerade in dem Augenblick, wo der Prior dem Ziel seiner sehnlichsten Wünsche so nahe gewesen war.
    Und Robert selbst? Er hatte weder die Figur noch die Körperhaltung, um zusammenzuschrumpfen wie sein Schreiber, auch nicht die Gesichtsfarbe, die erbleichen konnte.
    Über seine Reaktion kursierten später verschiedene Gerüchte.
    Bruder Denis, der Hospitalvorstand, behauptete, der Prior hätte sich ganz plötzlich auf die Fersen gestellt, und man müßte es als Wunder bezeichnen, daß er nicht flach auf den Rücken gefallen war. Der Pförtner berichtete, Prior Robert hätte heftig geblinzelt und danach minutenlang glasige Augen gehabt. Die Novizen verglichen ihre Notizen und erklärten übereinstimmend, wenn Blicke töten könnten, hätten sie einen Todesfall zu beklagen. Das Opfer wäre nicht der neue Abt gewesen, sondern der alte, der erklärt hatte, er würde als schlichter Mönch unter der Herrschaft des Priors dienen, um dann im nächsten Augenblick die schönsten Hoffnungen zu vereiteln. Bruder Mark sagte wahrheitsgemäß, nur eine sekundenlange Erstarrung des Marmorantlitzes und ein lebhaft hüpfender Adamsapfel hätten die Emotionen des Priors verraten. Immerhin war er gezwungen worden, sich blitzschnell von seinem Schrecken zu erholen, denn Heribert hatte

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