Das Mönchskraut
abendlichen Wärme des Hauses willkommen hieß. »Wir haben uns schon gefragt, was du treibst.«
»Ich bin ein wenig bei den Schafen geblieben, um zu meditieren«, antwortete Bruder Cadfael. »Diese Tiere sind so beruhigend. Und die Nacht ist so schön.«
11. Kapitel
Das Weihnachtsfest war wunderbar. Nie zuvor hatte er das Kerzenlicht so zauberhaft und heiter gefunden. Das schlichte Tagewerk an der frischen Luft war ein Segen nach all den aufregenden Wochen, und er hätte es um nichts auf der Welt gegen das glanzvollere Zeremoniell in der Abtei eintauschen mögen. Bevor der erste Schnee die Reisenden entmutigte, trafen Neuigkeiten aus der Stadt ein und schienen wie Sphärenklänge über der schlichten Weihnachtsmusik der drei Mönche zu schweben, die mit ungeschulten, aber eifrigen Stimmen und aus übervollen Herzen sangen. Hugh Beringar ließ Cadfael mitteilen, er hätte nicht nur den Bericht aus Llansilin erhalten, sondern inzwischen wäre auch Edwins Versöhnungsgeschenk aus den Untiefen bei Atcham aufgetaucht - stark beschädigt und trotzdem erkennbar. Der Junge war zu seiner liebevollen Mutter zurückgekehrt, der Bonel-Haushalt konnte wieder aufatmen, nachdem die Wahrheit endlich ans Licht gekommen war. Den entschuldigenden Bericht, daß das Pferd, das zu den Rhydycroesau-Schafhürden gehörte, vermißt wurde, nachdem Bruder Cadfael die Stalltür zu schließen vergessen hatte, war im Kapitelsaal von St. Peter mit der gebührenden Mißbilligung aufgenommen worden. Bei seiner Rückkehr mußte er mit einer angemessenen Strafe rechnen.
Der Flüchtling Meurig, wegen Mordes gesucht und in ganz Powys ausgerufen, ließ sich nirgends blicken, und seine Spur wurde allmählich kalt. Nicht einmal die Niederschrift seines freiwilligen Geständnisses, die ein Priester aus einer Einsiedelei in Penllyn schickte, konnte den Jägern neue Witterung geben, denn der Mann war längst aus Penllyn verschwunden und niemand wußte, wohin. Außerdem war nicht anzunehmen, daß Owain Gwynedd auf seinem Grund und Boden die Jagd nach einem Verbrecher gutheißen würde, der ihm nichts getan hatte und dem Gesetz von Anfang an nicht hätte durch die Finger schlüpfen dürfen.
Nun hatte also alles ein gutes Ende gefunden. Cadfael lebte glücklich bei den Schafen und verschloß seine Ohren vor der Außenwelt. Er fand, daß er es verdient hatte, sich für einige Tage in die Stille zurückzuziehen, und er bedauerte nur, daß der erste heftige Schneefall einen Besuch bei Ifor ap Morgan verhinderte, dem er einen Trost schuldete. So schwach dieser Trost auch sein mochte - Ifor würde ihn zu schätzen wissen.
Drei Weihnachtslämmer waren geboren worden - Zwillinge und ein Einzeltier. Die drei Mönche brachten sie mitsamt den Mutterschafen ins Haus und verwöhnten sie, denn diese unschuldigen Tiere teilten ihren Geburtstag mit dem Christkind.
Bruder Barnabas, inzwischen völlig genesen, hielt die Lämmchen auf seinem Schoß und war so stolz auf sie, als hätte er sie eigenhändig erschaffen. Sie feierten ein stilles, heiteres Fest, bevor Bruder Cadfael nach Shrewsbury zurückkehrte. Sein Patient strotzte inzwischen von Gesundheit, und nun brauchte man keinen Heilkundigen mehr in Rhydycroesau.
Es taute vorübergehend, als Cadfael drei Tage nach dem Fest auf sein Maultier stieg und nach Süden ritt.
Es war eine lange Reise, denn er nahm nicht den direkten Weg nach Oswestry, sondern suchte Ifor ap Morgan auf. Bevor er sich von Croesau Bach aus nach Osten wandte, um im Süden der Stadt auf die Hauptstraße zu stoßen. Was er Ifor zu sagen hatte und was der alte Mann entgegnete, vertraute weder der eine noch der andere einem dritten an. Und als Cadfael wieder im Sattel saß, war ihm leichter ums Herz als am Morgen bei seinem Aufbruch, und Ifor blieb leichteren Herzens allein zurück.
Wegen dieses Umwegs begann es schon zu dämmern, als Cadfaels Maultier über die Waliser Brücke nach Shrewsbury trabte und durch die bergigen Straßen, wo nach den Feiertagen wieder geschäftiges Leben und Treiben herrschte. Jetzt hatte er keine Zeit, um in der Wyle-Straße anzuhalten, und sich von der klugen kleinen Hausfrau namens Alys ins Haus bitten zu lassen und die Freude der Familie Bellecote mitzuerleben. Das würde er an einem anderen Tag nachholen. Zweifellos war Edwy längst von seinem Versprechen entbunden worden, daheim zu bleiben, und machte mit seinem Onkel wieder die ganze Stadt unsicher. Die Zukunft von Mallilie war immer noch in der Schwebe, und es
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