Das Mordgesindel (German Edition)
einer Haftstrafe verurteilt werden würde. Die Beweislast gegen sie war erdrückend. Ihre Anwälte würden hoffentlich den richtigen Weg finden, um sie vor einem Schuldspruch zu bewahren. Wenn es entgegen meiner Erwartung zum Prozess kommen sollte, war ich gespannt auf den Richter, der meinte, man könne Diana für ihre Taten verantwortlich machen. Sollte der Fall eintreten, wäre ich der Erste, der dem Herrn kräftig auf die Fresse hauen würde. Ja, Diana hatte gemordet, aber unter welchen Umständen? In ihren klaren Momenten in der Klinik hatte sie mir erzählt, dass sie es nur getan hatte, um aus dieser Hölle zu entfliehen und mich wiederzusehen. Ich freute mich zu hören, dass sie all das für mich auf sich nahm, wäre da nicht noch eine Kleinigkeit. Sie hatte mir außerdem verraten, dass ein kleiner, böser Teil in ihr die Morde genossen hatte und sie so weitergemacht hätte, bis sie tot umgefallen wäre. Sie musste mir versprechen, niemandem davon zu erzählen, schon gar nicht einem Richter. Diana versprach es und damit war das Thema für uns erledigt. Die Zukunft würde zeigen, ob Diana zurück in ein normales Leben fand. Ich wollte ihr mit all meiner Kraft dabei helfen.
Abgesehen davon, dass meine Traumfrau in der Klapse saß, lief alles wie geschmiert. Mein Prozess stand in wenigen Tagen bevor und die Prognose war mehr als vielversprechend. Kein Gericht der Welt würde mich verurteilen, wenn vier Polizisten zu meinen Gunsten aussagten, erst recht, wenn einer dieser vier von der Politie war und nicht aus unserem Revier. Selbstverständlich kratzte es an der Moral, dass Paul, Jürgen, der niederländische Kollege und Schroer für mich logen und einen Mord als Selbstverteidigung darlegten, aber hatte Markus nicht verdient zu sterben? In meinen Augen schon. Was hätte er denn bekommen, wenn man ihn regulär angeklagt hätte? Egal wie lang man ihn eingesperrt hätte, alles wäre nicht genug für meinen Geschmack.
Meine Kollegen konnten mit der Falschaussage gut leben, jedenfalls sagten sie mir das. Ich war ihnen unendlich dankbar und würde die Schuld bei ihnen niemals begleichen können.
»Holst du mir Wasser?«, flüsterte Diana und hielt mir eine leere Flasche hin.
»Sicher doch.« Ich stand auf und humpelte in den Klinikflur.
Meine Schusswunde verheilte gut, dennoch bereitete sie mir dann und wann Probleme. Die Narbe würde mich für immer an Theo und seine Brut erinnern.
Ich besorgte von einem Pfleger eine neue Flasche und hinkte zurück zu Diana. Kurz bevor ich bei ihrem Zimmer ankam, klingelte mein Handy.
Ich nahm ab. »Was ist, Jürgen?«
»In zwei Stunden ist es so weit.«
»Alles klar, bis später.« Ich legte auf. Meine Hände wurden umgehend schweißnass. Ich musste so schnell wie möglich nach Hause!
Schmerz durchzog mein Bein, als ich schleunigst in Dianas Zimmer stürmte, Wasser in ein Glas schüttete und ihr die Flasche an die Seite des Bettes stellte.
»Was ist los?«
Ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. »Es ist so weit. In zwei Stunden geht’s los. Endlich.«
Auch Diana grinste. Es war einer der wenigen Momente, in dem sie die Alte zu sein schien. »Wie gerne wäre ich dabei …«
»Ich erzähle dir morgen alles.« Ich gab ihr einen langen Kuss und verabschiedete mich.
Auf dem Weg zum Parkplatz schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Ich zitterte vor Aufregung und konnte mich kaum konzentrieren. Alles hatte sich in den letzten Wochen geregelt. Diana bekam die Behandlung, die sie brauchte, meinen Eltern und meinen Katzen ging es gut, und ich war bis auf eine Schussverletzung unversehrt aus der Misere herausgekommen. Aber es gab noch eine Sache, die geklärt werden musste. Eine ganz wichtige Sache …
Kapitel 34
Ich saß zu Hause an meinem Schreibtisch. Meine Katzen umwarben mich, indem sie ihre pelzigen Körper gegen meine Beine pressten und laut miauten. Sie hatten Hunger, aber dafür hatte ich jetzt keine Zeit. Als ich den Computer hochfuhr, versank ich in Erinnerungen an die vergangenen Wochen.
Seit unserer Rückkehr nach Deutschland hielten mich Jürgen, Paul und Schroer abwechselnd über ihre Ermittlungen auf dem Laufenden. Sie erzählten mir, dass die niederländischen Regierungsvertreter aus allen Wolken gefallen waren, als sie von den Gräueltaten erfuhren, die sich jahrzehntelang vor ihrer Haustür abgespielt hatten. Weltweit berichteten die Zeitungen täglich über das »Mordgesindel«, das schuld an all dem Leid war. Ich wusste
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