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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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für eine? Theo wurde das Gefühl nicht los, dass Henri mauerte. Warum? Weil er Klein die Butter auf dem Brot nicht gönnte? Weil es ihm Freude bereitete, wenn der Dienst im Dunkeln tappte? Verdammt, was war da geschehen, dass Henri so einen Hass auf Pullach hatte? Über den er aber nicht sprach, um ihn umso mehr heraushängen zu lassen.
    Warum kommt Henri nicht gleich auf das Naheliegende, einen Unfall? »Und wenn es ein Unfall war?«
    »Vielleicht«, sagte Henri. »Vielleicht auch nicht.«
    »Klein sagt, Scheffer würde so was nicht passieren. Seitenstraße, kerzengerade, schmal.«
    Henri zuckte mit den Achseln.
    Aber er musste doch wissen, dass Scheffer zu den Leuten gehörte, die keine Unfälle hatten. Den hätte nicht einmal ein herabstürzender Dachziegel getroffen, weil der alte Mann schon gehört hätte, wie er sich lockerte.
    »Vielleicht ist er gerade auf eine Riesensache gestoßen, und dann ist dem FSB die Sicherung durchgeknallt. Irgendeiner von denen hat Mist gebaut, und das versuchen die jetzt zu vertuschen. Unfall, wenig originell. Da waren die schon mal besser, oder? Obwohl, so ein blöder Unfall, der kann doch passieren.«
    Theo konnte es nicht beweisen, aber er wusste, dass Henri die Nebelwerfer gezündet hatte. Gut, er war vergleichsweise ein Frischling, aber das erkannte selbst er. Wollte Henri ihn testen? Er hätte jetzt doch gerne etwas getrunken, ein Glas Wodka nur. Er schaute Henri in die Augen. Henri, was weißt du? Henri war gut gewesen damals, und wenn er sich äußerte, dann mit Bedacht. Kein Wort ohne Grund. Täuschen und tarnen, ablenken. Warum servierte Henri nicht eine Reihe von Hypothesen, was geschehen sein könnte? Wäre das nicht die geschickteste Art, zu überspielen, was er wirklich wusste? Stattdessen schwadronierte er herum und ließ den eigenen Sohn zappeln. Wobei er das mit jedem gemacht hätte. So jemand wie Henri akzeptierte die Tatsache, dass er einen Sohn hatte, das war ja unbestreitbar, die biologischen Ursachen kannte er, vielleicht auch noch die konkreten Umstände der Zeugung, aber das war es dann auch, zumal wenn der Sohn ihn verraten hatte, auch wenn es hundert Jahre her war. Wollte Henri andeuten: Ich weiß was, aber euch Scheißern verrate ich es nicht?
    »Vielleicht, vielleicht, vielleicht.« Henri schaute hinaus auf die Vogesen, deren Gipfel am Nachmittag von hellgrauen Wolken verhüllt gewesen waren. In dieser Nacht würde er nicht schlecht schlafen, sondern gar nicht. Seine Gedanken kreisten um eine einzige Frage: Was wissen die Russen, was die Pullacher? Und wenn die Russen etwas herausgefunden hatten und anfingen, die Rechnung zu begleichen? Zuzutrauen war es ihnen. Sie vergaßen nichts, egal wie die Tscheka sich gerade nannte. Niederlagen schon gar nicht.
    Theo beobachtete seinen Vater, wie der die Augen schweifen ließ, bei der Aussicht auf die Vogesen verharrte, ohne sie aber zu sehen in der Dunkelheit, sie dann weiterwandern ließ, bis sie Theo anblickten.
    Der beherrschte sich. »Scheffer war zwei Mal in Moskau. Zweiundachtzig bis fünfundachtzig, mit dir, und jetzt wieder. Wenn es kein Unfall war, dann ist damals oder jetzt etwas geschehen. Ist damals was passiert?«
    Henri lächelte. Doch glaubte Theo, dass es aufgesetzt war. Lächeln, um ein paar Zehntelsekunden herauszuschinden.
    »Wir haben das KGB nach Kräften geärgert, das war unser Job. Aber im Vergleich mit den Amis waren wir Waisenknaben.«
    »Also nichts?«
    »Nichts.« Henri schüttelte leicht den Kopf. »Nichts von Bedeutung.«
    Sie drehten sich noch eine Weile im Kreis, bis Theo aufgab. Er schlug eine erneute Einladung zum Essen aus und verabschiedete sich knapp.
    Henri schaute dem BMW nach, bis die Rücklichter verschwunden waren. Mein Sohn, dachte er, nicht schlecht. Hartnäckig, hat einen Riecher, wie es scheint. Schnell im Kopf und auch körperlich fit. Er kommt ganz nach mir. Und jetzt rückt er mir auf die Pelle. Doch er wird nichts herausfinden. Nicht einmal alte Hasen würden das.
    Henri lächelte. Vielleicht hatte sein Sohn noch mehr drauf als er, schließlich hatte er eine gute Ausbildung genossen, da hatte Henri nicht gespart. Aber im Geheimdienstgeschäft war Theo noch grün hinter den Ohren. Warum hatte Klein gerade Theo beauftragt, die Scheffer-Sache zu untersuchen? Wollte Klein ihm auf die Pelle rücken, wollte er ihn dazu bringen, einen Fehler zu machen, indem er seinen Sohn in die Geschichte verwickelte? Zuzutrauen wäre es ihm.
    Seltsam, jetzt fiel ihm ein, dass sie

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