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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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neuen Identität hier zugegriffen. Ach, unwichtig.
    Der Großvater war auch so gewesen. Keine Gemütsregung zeigen, es wäre ein Zeichen von Schwäche.
    »Hast dich ja ganz schön eingeigelt hier«, sagte Theo.
    Henri zuckte die Achseln und lächelte. Dann sagte er: »Das steckt einem im Blut, irgendwann. Wenn man mal erlebt hat, was echte Profis anrichten können …« Er vollendete den Satz nicht. Er wollte erst andeuten, dass Theo auch noch infiziert würde vom Sicherheitsbazillus. Aber warum sollte er einen Mann belehren, der zwar sein Sohn war, ihm aber doch fast so fern stand wie ein Fremder? Während er Theo insgeheim musterte, entdeckte er doch, dass ihre Ähnlichkeit, die er schon früh erkannt hatte, mittlerweile ausgeprägt war. Es war sein Sohn. Die gleiche sportliche Figur, wenn auch schlaksiger, es zeichneten sich auch schon die Gesichtszüge ab in dem Jungengesicht, die einen unnahbar erscheinen ließen oder arrogant. Wenn nur die Brille nicht wäre, die ihn älter machte.
    Ob er auch Magenschmerzen bekam, wenn es eng wurde?
    Theo überlegte, ob er nachhaken sollte, aber dann dachte er sich, dass jeder das Recht habe, auf seine Weise zu spinnen. Er konnte sich Schlimmeres vorstellen, als ein Haus in eine Festung zu verwandeln.
    »Klein schickt mich.« Theo kam gleich zur Sache. Was hätte es sonst zu besprechen gegeben?
    »Aha.« Theo sah Henri nicht an, ob er überrascht war. »Klein also«, sagte Henri. Dann schwieg er.
    Früher waren Klein und Henri so was wie Freunde gewesen, sofern man Freund sein kann in einem Geheimdienst. Auch Scheffer hatte dazugehört. Aber die Freundschaft war verraucht, auch im Gespräch, das Klein mit Theo geführt hatte, war wenig davon zu spüren gewesen, ein unbestimmbarer Nachhall vielleicht. Klein hatte gesagt, dass er und Henri nicht mehr miteinander sprachen. Was war da passiert? Nur aus den Augen aus dem Sinn?
    »Scheffer ist tot.«
    Henri warf einen fragenden Blick auf seinen Sohn. Georg ist also tot.
    Theo begann zu berichten, was Klein ihm gesagt hatte. Autounfall, Zeugen, Ismailowopark.
    Henri hörte zu. Sein Gesicht war starr wie das einer Mumie. Er konnte seine Mimik abschalten wie das Deckenlicht. Er mochte sich freuen, er mochte trauern, er mochte sich ärgern. Oder alles gleichzeitig. Er hätte Poker spielen sollen, dachte Theo. Und dann dachte er: So sieht ein Mann aus, der innerlich verhärtet ist, der es sonst nicht ausgehalten hätte. Hinter der Maske seines Vaters verbarg sich etwas, das er unendlich gern herausfinden würde. Allein schon, dass Henri die Maske aufsetzte, bewies, dass er etwas verbarg.
    Vielleicht nur seine Trauer. Womöglich konnte er sie nicht zeigen, und das war alles. Aber vielleicht war das auch nicht alles.
    »Klein sagt, du könntest mir vielleicht einen Hinweis geben. Mag doch sein, dass Scheffers Tod mit eurer Zeit in Moskau zu tun hat.«
    Henri winkte ab. »Das ist mehr als zwanzig Jahre her. Du sagst, der Dienst hat ihn wieder nach Russland geschickt. Ich will dir sagen, wer schuld ist. Derjenige, derzugelassen hat, dass Scheffer wieder nach Moskau gegangen ist.« Er tippte sich an die Stirn, zwei Mal. »Sag Klein, er soll den Idioten suchen, der Georg das erlaubt hat. Dann hat er den Schuldigen.«
    Theo dachte, so falsch ist das nicht. Warum schickt man einen Mann in einem Alter nach Moskau, in dem andere längst ihre Frührente einstreichen? Seit wann nimmt der Dienst Rücksicht auf Marotten seiner Mitarbeiter?
    »Scheffer wollte wieder nach Moskau. Unbedingt.«
    »Das ist doch egal. Seit wann interessiert die, was einer will?« Jetzt hatte Henri seine Stimme doch erhoben, ein wenig nur, aber er hatte es.
    Theo staunte, es war genau das, was er gerade gedacht hatte. Warum regte Henri sich auf, wo er doch sonst den Eindruck erweckte, dieser Gefühlszustand sei ihm so fremd wie einer Kuh das Schlittschuhlaufen? Und warum tat er es bei der Frage, wer schuld sei an Scheffers Tod? Weil er seine Trauer in Wut ummünzte?
    »Nun hat ihn gewiss nicht der BND am Ismailowopark totgefahren«, sagte Theo betont gelassen. »Und außerdem, seit wann bringen die unsere Leute um?«
    Henri versank in seinen Gedanken. Nein, da hatte Theo recht, die Russen brachten Spione schon lange nicht mehr um. »Einen Grund werden sie schon haben«, sagte er endlich, um etwas zu sagen.
    Theo spürte, wie er wütend wurde. Aber es gelang ihm, sich zu beherrschen. Dass Henri nicht einmal eine Vermutung herausließ, war das nicht auch eine Aussage? Nur, was

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