Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
auch zur Hälfte Lichtwölfin bist. Es liegt rein bei dir, welchen Weg du einschlägst, Jessica." Bei mir? Es soll meine Entscheidung sein? Wer's glaubt!
Ich stehe schnell wieder auf und entferne mich etwas von Kyrion. Dann gehe ich wild auf und ab, während ich lauter werde: "Von wegen es liegt bei mir! Du hast es doch vor den anderen selbst gesagt! Schattenwölfe sind die Verkörperung des Bösen! Auch wenn ich das Blut eines Lichtwolfes in mir trage, tut das nichts zur Sache! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Böse in mir überhandnimmt, das ist doch völlig klar!" Ich bleibe wieder stehen und schaue Kyrion, der sprachlos vor mir steht, mit Tränen in den Augen an: "Ich habe schon einmal die Kontrolle verloren. Es ist schon wieder länger her, aber ich kann mich noch genau daran erinnern. Ich wollte Jake beschützen und habe einen Menschen getötet. Anfangs dachte ich, dass nur mein Instinkt mit mir durchgegangen ist, aber nun weiß ich, dass es das nicht war. Ich konnte mich danach nicht mehr daran erinnern, was ich getan hatte. Vor mir lag nur noch die Leiche und das Blut klebte an mir..."
Kyrion geht wieder auf mich zu: "Aber..."
Ich lasse ihm jedoch keine Chance und gehe noch einen Schritt zurück: "Kein aber! Jake hat es schon zuvor gewusst...er wollte es mir nur nicht sagen, weil er mich zu sehr mag. Er hat schon einmal angedeutet, dass irgendetwas Böses in mir ist. Oh Mann, wie werden bloß die anderen reagieren? Sie werden mich alle hassen! Ich bin eine tickende Zeitbombe! Warum genau ich? Hätten sich meine Eltern nicht für eine Seite entscheiden können? Es wäre besser, ich wäre eine ganze Schattenwölfin, dann wüsste ich zumindest, wo ich hingehöre!"
Plötzlich kommt Kyrion schnell näher und packt mich fest an beiden Schultern. Sein schockierter Blick lässt mich verstummen und er ergreift wieder das Wort: "Jetzt rede bloß keinen Schwachsinn, Jessica! Glaubst du ernsthaft, dass dich deine Freunde jemals hassen würden? Du wirst erfahren, wo du stehst und lernen die Schattenwölfin in dir zu kontrollieren. Ich glaube an dich und dasselbe solltest du auch tun." Ach Kyrion...ich weiß ja, dass er es gut meint und vermutlich hat er auch recht, aber es ist nicht leicht für mich. Im Moment weiß ich noch nicht, wie es weitergehen soll...ich brauche wohl etwas Zeit für mich.
Langsam löse ich mich aus seinem Griff und wische mir über die Augen. Dann schaue ich Kyrion eindringlich an: "Ich brauche etwas Zeit, um nachzudenken. Dazu muss ich allein sein..." Ich wende mich ab von ihm und gehe ein paar Schritte tiefer in den Wald. Dann drehe ich mich noch einmal kurz um. "Ach ja und noch etwas...könntest du es den anderen sagen? I-ich glaube nicht, dass ich das schaffe..." Ohne weitere Worte nickt er mir verständnisvoll zu. Ich lächle Kyrion noch dankbar an, verwandle mich dann in meine Wolfsgestalt und laufe in den Wald. Keine Ahnung, wohin ich laufe, aber das ist mir völlig egal...ich will einfach nur rennen...weit weg von hier...weit weg von den anderen...
Ich habe keinen blassen Schimmer wie lange oder wie weit ich gelaufen bin. Es ist schon dunkel geworden und ich habe mir ein gemütliches Plätzchen zum Verschnaufen gesucht. Jetzt sitze ich auf einem Felsen, der inmitten einer der vielen Lichtungen des Waldes steht, und lasse mir das Mondlicht ins Gesicht scheinen. Es ist ganz still hier. Alles scheint schon zu schlafen. Nur ich bin wach...ich, die einsame Schattenwölfin, die keiner haben will. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass ich im Moment etwas einsam bin. Besser, als wenn ich vor den anderen stehe, die mich enttäuscht anschauen...ich könnte ihnen vermutlich nicht einmal mehr in die Augen sehen. Am allermeisten fürchte ich mich vor Jakes Reaktion. Was er wohl nun über mich denkt? Na ja, das werde ich vielleicht sowieso nie erfahren. Wenn ich mich jetzt aus dem Staub mache, verschwinden mit mir all die Probleme. Die Vier kommen schon gut alleine klar.
Mein Entschluss steht fest. Ich werde abhauen. Mittlerweile habe ich mich schon ein gutes Stück von den anderen entfernt. Seit einer Weile kann ich ihre Gerüche schon nicht mehr wahrnehmen.
Ist ja nicht das erste Mal, dass ich meine Vergangenheit hinter mir lasse. Schließlich bin ich vor ein paar Monaten auch von zu Hause abgehauen. Diesmal ist es nur leider so, dass ich mein altes Leben vermissen werde. Der Gedanke macht mich so dermaßen traurig. Ich hätte so gerne noch mehr Zeit mit den anderen
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