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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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dasselbe für die Special Olympics.
    Busfahren war für mich ein bisschen wie Ferien – mir die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzusehen, obwohl sie mir bereits vertraut waren. Wir lebten in Südkalifornien, also war das Wetter fast immer schön, außer wenn sich der Smog über die Stadt legte – der damals viel schlimmer war als heute. Der Bus kostete 25 Cent plus zehn Cent für das Transferticket. In den Sommerferien, wenn meine Mutter bei der Arbeit war, fuhr ich manchmal den ganzen Tag Bus. Im Alter von zwölf Jahren folgten meine Gedanken schon krummen Pfaden. Eines Tages kam mir Folgendes in den Sinn: Wenn ich meine Transfertickets selbst entwerten konnte, würde die Busfahrt gar nichts kosten.
    Mein Vater und meine Onkel waren alle Verkäufer und hatten ein flottes Mundwerk. Ich habe das Gen wohl auch, das mir schon sehr früh die Fähigkeit verlieh, Menschen dazu zu überreden, etwas für mich zu tun. Ich ging im Bus nach vorn und setzte mich auf den Platz, der dem Fahrer am nächsten war. Als er an einer Ampel anhielt, sagte ich: »Ich arbeite an einem Schulprojekt, und ich muss interessante Formen in Stücke aus Karton stanzen. Die Lochzange, die sie für die Transfertickets benutzen, wäre toll dafür. Kann man die irgendwo kaufen?«
    Ich dachte nicht, dass er mir glauben würde, weil meine Story so bescheuert klang. Er kam wohl gar nicht auf den Gedanken, dass ein Kind meines Alters ihn manipulieren könnte. Er sagte mir den Namen des Ladens, und ich rief an und fand heraus, dass sie Lochzangen für 15 Dollar verkauften. Wie viele Zwölfjährige finden eine glaubwürdige Ausrede für ihre Mutter, wofür sie 15 Dollar brauchen? Ich hatte kein Problem damit. Schon am nächsten Tag war ich in dem Laden und kaufte eine Lochzange. Aber das war nur der erste Streich. Wie kam ich nun an Blöcke mit unbenutzten Transfertickets?
    Ich hatte eine Idee und ging rüber zum nächsten Busdepot. Dort entdeckte ich einen großen Müllcontainer auf dem Gelände, wo die Busse gereinigt wurden, zog mich hoch und schaute hinein.
    Bingo!
    Ich stopfte mir die Taschen voll mit teilweise benutzten Kartenblöcken – meine erste von vielen Erfahrungen mit dem, was man später »Dumpster diving« nannte.
    Mein Erinnerungsvermögen war schon immer überdurchschnittlich, und so lernte ich die Busfahrpläne für den Großteil des San Fernando Valley auswendig. Ich begann, mit dem Bus im kompletten Einzugsgebiet des Busverbunds herumzufahren – Los Angeles County, Riverside County, San Bernardino County. Mir machte es Spaß, all diese verschiedenen Orte zu sehen und die Welt um mich herum in mich aufzunehmen.
    Auf meinen Fahrten freundete ich mich mit einem Jungen namens Richard Williams an, der dasselbe tat, aber mit zwei ziemlich großen Unterschieden. Erstens waren seine kostenlosen Fahrten legal, weil Richard, als Sohn eines Busfahrers, umsonst fuhr. Zweitens gehörten wir (zumindest anfangs) zu ganz verschiedenen Gewichtsklassen. Richard war übergewichtig und wollte fünf oder sechs Mal am Tag einen Zwischenstopp bei einem Fastfood-Restaurant einlegen und einen Super-Taco essen. Ich übernahm seine Essgewohnheiten fast sofort, was sich an meinem Bauchumfang bemerkbar machte.
    Nicht lange danach sprach mich ein Mädchen mit einem blonden Pferdeschwanz im Schulbus an: »Du bist irgendwie süß, aber du bist fett. Du solltest ein bisschen abnehmen.«
    Beherzigte ich ihren scharfzüngigen, aber zweifellos konstruktiv gemeinten Ratschlag? Nein.
    Bekam ich Ärger wegen des Dumpster diving nach den Transfertickets oder wegen des kostenlosen Busfahrens? Weder noch. Meine Mutter fand es clever, mein Vater fand, es beweise Eigeninitiative, und die Busfahrer, die wussten, dass ich meine eigenen Transfertickets entwertete, hielten es für einen großen Spaß. Es war, als sagten mir alle, die wussten, was ich tat: »Gut gemacht, Junge!«
    Tatsächlich brauchte ich das Lob anderer Menschen für meine Missetaten nicht, um mir noch mehr Ärger einzuhandeln. Denn eine kleine Einkaufstour bescherte mir eine Erfahrung, die mein Leben in eine neue Richtung lenkte, und zwar in eine unglückliche Richtung.
Zwei
Nur zu Besuch
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    V iele jüdische Familien wollen für ihre Söhne eine Bar-Mizwa-Feier, selbst wenn sie nicht religiös sind. Bei einer Bar Mizwa steht man vor der Gemeinde und liest eine Passage aus der Thora vor – auf Hebräisch. Da das Hebräische ein ganz anderes

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