Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

VORWORT

     
    D as Rad der Zeit dreht sich, Zeitalter kommen und vergehen und lassen Erinnerungen zurück, die zu Legenden werden …
    Mit diesen Worten begann Robert Jordan 1990 den Roman »Die Suche nach dem Auge der Welt« und legte damit den Grundstein zu einem der erfolgreichsten Fantasy-Zyklen überhaupt. Die Abenteuer von Rand al’Thor, einem ganz normalen Jungen, der zum Wiedergeborenen Drachen wird und damit die ganze Welt vor dem Bösen retten soll, fand begeisterte und treue Leser.
    Mitten in der Arbeit an den letzten Bänden der umfangreichen Geschichte erkrankte Robert Jordan an Krebs. Er verstarb 2007; es sollte ihm nicht mehr vergönnt sein, seinen Romanzyklus zu beenden. Diese Aufgabe übernahm Brandon Sanderson, der die hinterlassenen Notizen und Konzepte des Autors zu drei Romanen verarbeitete. 2013 erschien der lang erwartete Abschlussband, der die Geschichte zu einem Ende führt.
    Es gibt kein Patentrezept für einen guten Fantasyroman. Vieles muss zusammenkommen und einfach stimmig sein: ein überzeugender Weltenentwurf und ansprechende Charaktere, die auf dem Papier und, was noch viel wichtiger ist, in der Phantasie des Lesers zum Leben erwachen. Und natürlich nicht zu vergessen der Sense of Wonder, der diese Literatur erst richtig zum Leben erweckt.
    Das alles trifft beim »Rad der Zeit« zu. Mit einer bemerkenswerten Lust am Detail hat Robert Jordan eine einzigartige komplexe Welt erschaffen. Nationen, Sitten und Alltag sind genauso plastisch geschildert wie beispielsweise die Institution der Weißen Burg mit ihren Aes Sedai. Doch genauso gelungen wie die spannende Kulisse sind hier die Figuren. Ob es nun Rand al’Thor ist, der Junge aus dem kleinen Dorf am Ende der Welt, der mit seinem Schicksal ringt, oder seine Freunde Mat und Perrin, sie sind alle eigenständige Charaktere, die den Lesern schnell ans Herz wachsen.
    Und das gilt natürlich erst recht für die Frauen, die hier eine so große und wichtige Rolle spielen. Nynaeve und Egwene, Elayne oder die undurchsichtige Aes Sedai Cadsuane Melaidhrin; beim »Rad der Zeit« gibt es viele mitreißende Figuren. Und man möchte mehr über sie erfahren.
    Mit »Der Ruf des Frühlings« erfüllte Robert Jordan 2004 diesen Wunsch vieler Leser und erzählte die Vorgeschichte des Zyklus.
    Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Aes Sedai Moiraine und ihr Behüter Lan Mandragoran. In »Die Suche nach dem Auge der Welt«, dem Beginn der Saga, bereisen sie schon lange die Welt des Rades auf der Suche nach dem Wiedergeborenen Drachen. Dieser Mission hat Moiraine ihr Leben gewidmet, mit geheimer Rückendeckung von Siuan Sanche, der zur amtierenden Amyrlin der Weißen Burg aufgestiegenen Freundin.
    In dem vorliegenden Roman findet nun ein Rückblick auf die Zeit von Rand al’Thors Geburt statt. Viele bekannte Figuren haben ihren Auftritt, viele Geheimnisse werden aufgedeckt. Vor allem aber ist es ein Roman über die Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher junger Frauen, Moiraine Damodred und Siuan Sanche, die in der Geschichte der Weißen Burg bereits eine bedeutende Rolle spielen und es während der Entdeckung des Wiedergeborenen Drachen noch immer tun.
    »Der Ruf des Frühlings« ist keine ganz neue Geschichte. Der bekannte SF- und Fantasyautor Robert Silverberg kam 1998 auf die Idee, eine Anthologie mit neuen Novellen über beliebte und erfolgreiche Fantasywelten herauszugeben. Robert Jordan steuerte die Erzählung »Der neue Frühling« bei, in der er die erste Begegnung von Moiraine und Lan schilderte.
    Diese Novelle bildete die Idee und das Fundament für diesen in sich abgeschlossenen Roman. Bearbeitet und beträchtlich erweitert wurde sie nun ein Teil dieser viel größeren Geschichte.
    Und so beginnt es. Die Aiel belagern Tar Valon, die Inselstadt am wolkenstürmenden Drachenberg und Sitz der Weißen Burg. Mutig, aber vergeblich setzen sich die vereinten Heere der Nationen gegen die Invasoren aus der Wüste zur Wehr, während in der Weißen Burg die junge Aufgenommene Moiraine Damodred und ihre Freundin Siuan Sanche dem Tag ihrer Prüfung zur Aes Sedai entgegenfiebern …
    A NDREAS D ECKER , Juni 2013

KAPITEL 1

    Der Haken
    E in kalter Wind wehte über die schneebedeckte Landschaft hinweg, in der in den vergangenen drei Tagen Männer einander getötet hatten. Die Luft war frostig, wenn auch nicht so eisig, wie Lan für die Jahreszeit erwartet hatte. Es war kalt genug, dass sein Harnisch die Kälte durch den Mantel trug und sich sein Atem in