Das Prachtstück
die Pistole auf die Brust und übernimmst im Handstreich ihre Fotokette.« »Vielleicht«, sagte Linda. »Warum eigentlich nicht? Aber das hat noch eine ganze Weile Zeit. Die beiden sind so fit. Die wollen schon noch weiterregieren.«
»Wenn ich daran denke, wie du damals nach München gekommen bist â so scheu und naiv! Jetzt bin ich die Mutter und Hausfrau, die nebenbei in der knappen Zeit, die mir dieser süÃe Schratz hier lässt, noch an ihrem Buch schreibt, und du bist das Businessweib.«
»Ja, inzwischen hat sich wirklich eine ganze Menge verändert«, sagte Linda nachdenklich. »Und was das Babyprojekt betrifft, ganz unter uns: Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben! Obwohl man nie ganz genau wissen kann, was dabei rauskommt. Du und Hannes â ihr habt vielleicht Dussel gehabt! Etwas so SüÃes wie euren Niklas kriegt man unter Garantie nicht alle Tage zusammen.«
»Ach, weiÃt du«, sagte Sofie vielsagend und fixierte das bunte Blumenbeet, »wenn die Mischung stimmt â¦Â«
Der Kleine schlug die Augen auf und ballte die Fäustchen. Seine Nase war zierlich, die langen, dunklen Wimpern wie perfekte Strahlenkränze.
»Du hast doch nicht etwa schon wieder Hunger?«, sagte Sofie mit gespielter Strenge, beugte sich über ihn und kitzelte seine Nase. »Kleiner Nimmersatt! Willst du etwa ein Bär werden, wenn du einmal groà bist? Oder ein Berglöwe?«
Er lächelte sie an. Zahnlos und begeistert.
Gegenüber, auf der kleinen Bühne, die man provisorisch zwischen zwei Linden aufgestellt hatte, machten sich Die Lerchen der Au für ihren Auftritt bereit. Alle in Grün, alle mit bunten Strohhüten auf dem Kopf. Elli, die Dirigentin, wedelte mit dem Taktstock in Lindas Richtung.
»Mezzo dringend gesucht!«, rief sie. »Wir brauchen dich!«
»Du hörst ja, ich muss«, sagte Linda und griff nach ihrem Hut. »Ohne mich setzen sie ihre Nummer unter Garantie in den Sand. Wenngleich es mir schwerfällt, dich und dein kleines Prachtstück zu verlassen. Aber es ist ja schlieÃlich nicht für lange. Ich bin gleich wieder bei euch.«
»Geh nur!«, sagte Sofie lächelnd. »SchlieÃlich bist du ja im Dienst.«
Es war inzwischen in der Sonne fast unerträglich heià geworden; ihre Mutter half ihr, die Wiege ganz unter den schattigen Baum zu schieben. Der Kleine war trotzdem unruhig, und Sofie wusste genau, was er wollte. Sie befreite ihn von seinem Strampelhöschen, zog ihm das winzige T-Shirt aus, schlieÃlich sogar die Windel. Jetzt war er so, wie er es am liebsten hatte: nackt. Nach und nach kamen immer mehr Festgäste zu ihnen, bis schlieÃlich eine stattliche Anzahl von Frauen das Bettchen umringte.
Veronika, der Lenz ist da,
Die Mädchen singen trallala â¦
Die Lerchen der Au gaben ihr Bestes. Eindeutig.
In diesem Moment pinkelte Niklas mit seinem rosafarbenen, leicht aufgerichteten Penis steil nach oben.
»Oh!« entfuhr es Marga.
»Wie süÃ!«, sagte Sofies Mutter.
»Ist doch das Normalste von der Welt«, lautete Babettes Kommentar. »Dafür können wir ganz andere Sachen!«
Sofie sagte nichts. Stattdessen fuhr sie ihrem Sohn durch den Schopf, schwarz, leicht zerzaust und erstaunlich dicht für ein Baby von wenigen Monaten. Die Augen aber waren das Schönste an Niklas: strahlend und fast schon unverschämt porzellanblau.
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