Das Prachtstück
Sofie ungewohnt sanft, beinahe mütterlich. »Genau deshalb sind wir hier. Damit deine Zukunft mit diesem Kerl garantiert anders aussehen wird. SchlieÃlich müssen nicht alle Beziehungen auf Lügen gegründet sein, meinst du nicht?«
Sie deutete auf den ersten Viererstreifen. Erstklassige Automatenware, aufgenommen in offenbar gelöster Stimmung. Ein dunkelhaariger Mann mit strahlendem Lächeln, eine blonde, zarte Frau. Sie blätterte weiter. Der Mann blieb derselbe, die Frau war diesmal brünett und mollig. Weitere Streifen folgten. Mit immer neuen Frauen. Ungefähr zwanzig, vielleicht auch fünfundzwanzig.
Er musste das Spiel einige Zeit lang betrieben haben.
»Ist er das, dieser Mistkerl mit dem Fototick? Ist das dein famoser Robert Häusler, genannt Robbie?«
»Ja«, flüsterte Linda tonlos. »Das ist er.«
»Mein wunderbarer Fabian Wunder auch. Also doch identisch! Aber denk dir nichts, Linda, eigentlich heiÃt er nämlich Karl. Schlicht und einfach. Robert und Fabian sind sein zweiter beziehungsweise dritter Vorname. Und nachdem die Existenz futsch war, konnte er sich offenbar nicht immer entscheiden, ob er lieber der Herr Häusler sein wollte, der versucht hatte, allein wieder auf die Beine zu kommen, oder lieber doch der Exgatte von Frau Wunder. Vielleicht hat er heimlich noch immer auf solche gewartet. Deshalb hat er sich mal so, mal so genannt. Je nach Laune. Oder nach Situation. So einfach ist das.« Sie lachte kurz. »Karl Robert Fabian Häusler-Wunder. Das Prachtstück. Wie vom Himmel als Tröstung für wehe Frauenherzen gesandt. Zu schön, um ganz wahr zu sein. Und wir sind beide auf ihn reingefallen.«
Nebenan schlug eine Tür zu, und die beiden zuckten zusammen.
»Was soll jetzt geschehen?«, sagte Linda leise. »Ich glaube, ich fallâ gleich um, so schwummerig wird mir auf einmal.«
»Bloà nicht!«, sagte Sofie erschrocken. »SchlieÃlich bin ich hier die Schwangere!«
»Aber ich fühle gar nichts. Und denken kann ich erst recht nicht mehr. Mein Kopf ist auf einmal ganz leer. Nur ganz hinten schweben kleine, schwarze Wattebällchen.«
»Dann atme langsam! Und versuch, dich zu entspannen! Es ist nur ein ganz gewöhnlicher Macho, Linda. Kein Weltuntergang! Und jetzt nichts wie weg von diesem gastlichen Ort!« Sofie klemmte sich das Album unter den Arm, dabei fielen ein paar der Streifen auf den angegammelten Teppich. Sie bückte sich, um sie aufzuheben, und pfiff leise durch die Zähne, als sie die Rückseite betrachtete. »Sieh an, auch noch genaue Buchhaltung!«, sagte sie vergnügt. »Namen, Datum, nichts Wichtiges fehlt. Schade, dass er nicht auch noch die exakten MaÃe der Kandidatinnen angegeben hat! Moment mal, mir kommt da gerade eine wunderbare Idee in den Sinn! Fast schon genial.« Sie schmunzelte vor sich hin. »Dürfte dank der Telefonnummern kein groÃes Problem sein. Genau das richtige für meinen Lumpi!«
»Was soll das nun wieder heiÃen? Mir ist kein bisschen nach Scherzen zumute.«
»Sei bloà nicht gleich wieder so tragisch, Linda! Keine Tränen jetzt â sondern den Kopf hoch erhoben! Lächelnd kann man seine Widersacher immer noch am besten besiegen. Altes Indianersprichwort. Oder ist es japanisch? Auf jeden Fall bin ich der Ansicht, dass Männer unser Schicksal lange genug bestimmt haben. Jetzt drehen wir den Spieà einmal um. Und zwar kräftig. Unser lieber Herr Wunder wird sich noch sehr wundern!«
17
Das kleine Café in Uninähe war am späten Nachmittag nur mäÃig besucht, bis auf den noch kleineren, von Kerzen romantisch erleuchteten Nebenraum, in dem an Bistrotischen ein gutes Dutzend Frauen saÃen und sich angeregt miteinander unterhielten. Blonde, brünette, groÃe, kleine, schlanke, mollige â so ungefähr jeder nur denkbare Typ war hier vertreten. Linda und Sofie hatten sich für einen Platz ganz am Fenster entschieden, bleich vor Aufregung die eine, heiter und beinahe übermütig die andere.
Lumpi streckte seinen zerzausten Löwenkopf zur Verbindungstür herein. »Ich bin dann nebenan«, trompetete er. »Nur für alle Fälle. Falls der Typ ausrastet oder so. Einmal kurz pfeifen â und sofort ist euer Retter zur Stelle.«
»Wird er wohl nicht«, sagte Sofie. »Aber trotzdem vielen Dank, mein Ritter! Ohne dich hätten wir diese nette
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