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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hielt.
Loise war erst fünfzehn, aber sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und
trug eine wütende Miene zur Schau, während sie sich mit Dag Koplin stritt. Egwene
konnte sich nie dazu überwinden, ihn auch im Geiste Meister Coplin zu nennen;
das tat sie nur, wenn sie ihn erwähnte, um höflich zu sein; ihre Mutter hatte
gesagt, dass man selbst zu jemandem wie Dag Koplin höflich sein musste.
    Dag war ein faltiger alter Mann mit
grauem Haar, das er nicht oft wusch. Vielleicht auch gar nicht. Der Anhänger,
der an einem Faden vom Tisch hing, trug ein Zeichen, das mit den
Ohrmarkierungen seiner Schafe übereinstimmte. »Das ist gute Wolle, die du da
zur Seite legst«, knurrte er Loise an. »Ich lasse mich nicht betrügen, Mädchen.
Tritt zur Seite, und ich zeige dir, was wohin gehört.«
    Loise rührte sich keinen Fingerbreit.
»Wolle vom Bauch, den Hinterbeinen und den Schwänzen muss noch einmal gewaschen
werden, Meister Coplin.« Sie betonte das ›Meister‹. Sie war in schnippischer
Stimmung. »Ihr wisst so gut wie ich, sollten die Händler zweimal gewaschene
Wolle in einem Ballen finden, jeder weniger für seine Schur bekommt. Vielleicht
kann Euch das mein Vater ja besser erklären, als ich es kann.«
    Dag zog das Kinn ein und murmelte etwas
Unhörbares. Er wusste es besser, als es bei Egwenes Vater versuchen zu wollen.
    Â»Ich bin sicher, meine Mutter könnte es
so erklären, dass Ihr es versteht«, fuhr Loise gnadenlos fort.
    Dags Wangen zuckten, und er setzte ein
kriecherisches Grinsen auf. Er murmelte etwas in der Art, dass er Loise
vertraute, wich zurück und eilte dann los, fing beinahe schon an zu laufen. Er
war nicht so dumm, die Aufmerksamkeit des Frauenkreises zu erregen, wenn er es
vermeiden konnte. Loise sah ihm mit einem zufriedenen Blick hinterher.
    Egwene nutzte die Gelegenheit, um zu
verschwinden, und atmete erleichtert auf, als Loise nicht hinter ihr herrief.
Loise sortierte lieber Wolle, statt beim Kochen zu helfen, aber viel lieber
wäre sie auf Bäume geklettert oder im Wasserwald geschwommen, und es war ihr
egal, dass die meisten Mädchen ihres Alters derartige Aktivitäten bereits
aufgegeben hatten. Und sie hätte ihre Arbeit an Egwene abgewälzt, falls sich
dazu eine Gelegenheit geboten hätte. Egwene wäre gern mit ihr schwimmen
gegangen, aber Loise betrachtete ihre Gesellschaft als Ärgernis, und sie war zu
stolz zum Betteln. Sie runzelte die Stirn. Alle ihre Schwestern behandelten sie
wie ein kleines Kind. Selbst Alene, wenn sie sie überhaupt zur Kenntnis nahm.
Alene hatte die meiste Zeit ihre Nase in einem Buch stecken und las sich durch
die Bibliothek ihres Vaters, um dann wieder von vorn anzufangen. Er besaß fast vierzig Bücher! Egwenes
Lieblingsbuch war Die Reisen von Jain Weitläufer . Sie träumte davon, all die seltsamen Länder zu sehen, von
denen er geschrieben hatte. Aber wenn sie ein Buch las und Alene es haben
wollte, behauptete sie immer, es sei zu ›kompliziert‹ für Egwene, und nahm es
ihr einfach weg! Alle vier waren einfach furchtbar!
    Einige der Wasserträger machten Pause im
Schatten oder erzählten sich Witze, aber sie ging weiter, obwohl ihre Arme
schmerzten. Egwene al’Vere würde nicht schlapp machen. Und sie hielt weiterhin
Ausschau nach ihren Schwestern. Und nach Perrin. Und Mat. Verflixte Adora! Ach
was, sie alle waren furchtbar!
    Sie ging langsamer, als sie sich der Dorfheilerin
näherte. Doral Barran war die älteste Frau von Emondsfelde, vielleicht sogar
von den Zwei Flüssen, mit weißem Haar und gebrechlich, aber ihr Blick war noch
immer scharf, und sie ging kein bisschen gebückt. Die Schülerin der Dorfheilerin,
Nynaeve, kehrte Egwene auf den Knien den Rücken zu und kümmerte sich um Bili
Cingar; sie legte an seinem Bein einen Verband an. Seine Hosenbeine waren abgeschnitten.
Bili, der auf einem Baumstumpf saß, war noch ein Erwachsener, bei dem es Egwene
schwer fiel, ihm den nötigen Respekt zu erweisen. Er tat ständig dumme Sachen
und verletzte sich dabei. Er war im gleichen Alter wie Meister Luhhan, sah aber
mindestens zehn Jahre älter aus; seine Wangen waren eingefallen, die Augen
lagen tief in ihren Höhlen.
    Â»Ihr habt in der Vergangenheit oft genug
den Narren gespielt, Bili Congar«, sagte Frau Barran streng, »aber bei der
Arbeit mit einer Wollschere zu trinken ist schlimmer, als den

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