Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
wichtiger war, sie gehörten den beiden Hauptfraktionen an, die um die Vorherrschaft des Saals kämpften. Tatsächlich teilten sie sich zwischen Romanda und Lelaine auf, aber die beiden würden einander auch dann noch bekämpfen, wenn es bedeutete, dass sie beide ertranken. Und sie hatten ihre Anhängerinnen eisern im Griff.
Egwene hätte sich vielleicht vorstellen können, dass die anderen von den Ereignissen in Panik versetzt worden waren, aber nicht Romanda oder Lelaine. Seit mehreren Tagen waren die Debatten über Elaida oder die Zurückeroberung der Burg beinahe vollständig von besorgten Unterhaltungen über diese unglaublich mächtige, unmöglich lange Eruption der Einen Macht überschattet worden. Fast jeder wollte wissen, was sie verursacht hatte, und fast jeder hatte Angst vor der Antwort. Erst gestern hatte Egwene den Saal davon überzeugen können, dass es für eine kleine Gruppe möglich sein musste, gefahrlos an den Ort zu Reisen, an dem diese Eruption stattgefunden hatte – sogar die Erinnerung war für jeden stark genug, um die Stelle genau zu lokalisieren –, und die meisten Schwestern schienen kollektiv den Atem anzuhalten, bis Akarrin und die anderen zurückkehrten. Jede Ajah hatte eine Repräsentantin dabeihaben wollen, aber Akarrin war die einzige Aes Sedai gewesen, die den Vorstoß wagte.
Doch weder Lelaine noch Romanda wirkten besorgt. So gewalttätig und lange anhaltend das Schauspiel auch gewesen war, es hatte sich auch in weiter Ferne abgespielt, und soweit sie sehen konnten, war kein Schaden entstanden; wenn es das Werk der Verlorenen war, was als sehr wahrscheinlich erschien, dann war die Chance, etwas zu erfahren, verschwindend gering, und die Möglichkeit, etwas dagegen auszurichten, sogar noch kleiner. Zeit und Mühe für Unmöglichkeiten zu verschwenden war sinnlos, wenn eine wichtige Aufgabe direkt vor ihnen lag. Das sagten sie und knirschten mit den Zähnen, weil sie derselben Ansicht waren. Aber sie stimmten auch darin überein, dass man Elaida Stola und Stab abnehmen musste, Romanda mit fast der gleichen Leidenschaft wie Lelaine, und wenn es Lelaines Zorn erregt hatte, dass Elaida eine ehemalige Blaue vom Posten der Amyrlin gestürzt hatte, dann hatte Elaidas Edikt, mit dem sie die Blaue Ajah auflöste, sie beinahe tollwütig gemacht. Wenn sie Gespräche über Verhandlungen zuließen … Es ergab keinen Sinn.
Das Letzte, was Egwene wollte, war, dass Delana oder andere auf die Idee kamen, Sheriam und die anderen wären mehr als ein paar Wachhunde, die auf sie aufpassen sollten, aber sie rief sie mit einem scharfen Ruf herbei. Sie waren verschlagen genug, die Geheimnisse zu bewahren, die bewahrt werden mussten, denn ihre eigenen Ajahs würden ihnen die Haut abziehen, wenn auch nur die Hälfte herauskam, und sie würden sich Zeit dabei lassen. Sie ritten heran und drängten sich in einer engen Gruppe um sie, ihre Gesichter waren Masken der Gelassenheit und Geduld. Dann bat Egwene Delana, das zu wiederholen, was sie ihr gesagt hatte. Trotz ihrer ursprünglichen Bitte um ein Gespräch unter vier Augen zögerte die Graue nicht lange, bevor sie dies tat. Und das war dann das Ende der Ruhe und Gelassenheit.
»Das ist Wahnsinn«, verkündete Sheriam, bevor eine andere den Mund aufmachen konnte. Sie klang ärgerlich und vielleicht auch etwas ängstlich. Was verständlich war. Ihr Name stand auf einer Liste von Frauen, die gedämpft werden sollten. »Keine von ihnen kann ernsthaft annehmen, dass Verhandlungen möglich sind.«
»Das glaube ich auch nicht«, bemerkte Anaiya trocken. Ihr Gesicht hätte eher zu einer Bäuerin als zu einer Blauen Schwester gepasst, und zumindest in der Öffentlichkeit kleidete sie sich sehr einfach in gutes Tuch, aber sie führte ihren braunen Wallach genauso mühelos wie Delana ihre Stute. Anaiya konnte nur wenig aus der Ruhe bringen. Natürlich hatte sich unter den Schwestern, die von Verhandlungen gesprochen hatten, keine Blaue befunden. Anaiya sah nicht kämpferisch aus, aber für die Blauen war es ein Krieg bis aufs Messer, ohne Gnade. »Elaida hat die Situation eindeutig dargestellt.«
»Elaida ist unberechenbar«, sagte Carlinya und warf den Kopf in den Nacken, was ihre Kapuze zurückfallen ließ und ihre kurzen dunklen Locken enthüllte. Gereizt zog sie die Kapuze wieder zurück. Carlinya zeigte nur selten Gefühle, aber ihre blassen Wangen waren fast so gerötet wie Sheriams, und ihre Stimme klang entschieden. »Sie kann unmöglich glauben, dass
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