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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Aufbruch aus Murandy nicht länger als eine Minute gesehen.« Verwandte wurden immer auf verschiedene Novizinnenfamilien aufgeteilt, genau wie Frauen, die einander gekannt hatten, bevor sie ins Novizinnenbuch aufgenommen worden waren. Es ermunterte sie, neue Freundschaften zu schließen und verminderte die unweigerlichen Spannungen, wenn eine schneller lernte als die andere oder über ein höheres Potenzial verfügte. »Sie hat auch unterrichtsfrei, bis heute Nachmittag, und …«
    »Eure Verwandte wird noch etwas warten müssen, Kind«, unterbrach Leane sie. »Haltet das Pferd der Amyrlin.«
    Letice zuckte zusammen und starrte Egwene an, die endlich ihre Stola aus der Tasche gefummelt hatte. Sie reichte der Frau Daishars Zügel, schlug die Kapuze zurück und legte sich den schmalen Stoffstreifen auf die Schultern. Leicht wie eine Feder in der Gürteltasche, lag die Stola schwer um ihren Hals. Siuan behauptete, dass man manchmal jede Frau, die je die Stola getragen hatte, an ihren Enden hängen fühlen konnte, eine ständige Ermahnung an Verantwortung und Pflicht, und Egwene glaubte jedes Wort davon. Die Murandianerin starrte sie noch mehr an als Leane und brauchte länger, bis ihr einfiel, den Knicks zu machen. Zweifellos hatte sie gehört, dass die Amyrlin jung war, aber vermutlich hatte sie nie darüber nachgedacht, wie jung.
    »Danke, Kind«, sagte Egwene glatt. Es hatte eine Zeit gegeben, in der es ihr unpassend vorgekommen war, eine zehn Jahre ältere Frau Kind zu nennen. Im Laufe der Zeit veränderte sich alles. »Es wird nicht lange dauern. Leane, würdet Ihr jemanden bitten, einen Pferdeknecht für Daishar zu schicken? Jetzt, da ich aus dem Sattel bin, möchte ich nicht wieder aufsitzen, und Letice sollte ihre Schwester besuchen dürfen.«
    »Ich werde mich selbst darum kümmern, Mutter.«
    Leane machte einen anmutigen Knicks und ging, ohne sich auch nur im Mindesten anmerken zu lassen, dass es mehr zwischen ihnen gab als diese zufällige Begegnung. Egwene vertraute ihr weit mehr als Anaiya oder sogar Sheriam. Vor Leane hatte sie keine Geheimnisse, genauso wenig wie vor Siuan. Aber ihre Freundschaft war ein weiteres Geheimnis, das gehütet werden musste. Zum einen hatte Leane Augen-und-Ohren in Tar Valon, wenn nicht sogar in der Burg selbst, und ihre Berichte waren allein für Egwene bestimmt. Andererseits wurde Leane ziemlich verhätschelt, weil sie sich so gut an ihren geringeren Status gewöhnt hatte, und jede Schwester hieß sie willkommen, und wenn auch nur aus dem Grund, dass sie den lebendigen Beweis darstellte, dass das Dämpfen, die tiefe Furcht jeder Aes Sedai, rückgängig gemacht werden konnte. Sie hießen sie mit offenen Armen willkommen, und weil sie jetzt weniger als zuvor war, weil sie unter der Hälfte der Schwestern im Lager stand, sprachen sie in ihrer Anwesenheit oft über Dinge, von denen sie niemals gewollt hätten, dass die Amyrlin sie erfuhr. Egwene warf ihr keinen Blick nach, als sie ging. Stattdessen schenkte sie Letice ein Lächeln – die Frau errötete und machte noch einen Knicks –, dann betrat sie das Zelt, zog die Handschuhe aus und steckte sie hinter den Gürtel.
    An den Wänden standen acht Spiegelkandelaber zwischen niedrigen Holztruhen. Bei einer blätterte die Vergoldung ab, die anderen waren aus bemaltem Eisen; keine zwei Kandelaber hatten die gleiche Anzahl von Armen, aber sie sorgten für eine gute Beleuchtung, auch wenn es nicht so hell wie draußen war. Mehrere Tische, die aus sieben verschiedenen Bauernküchen zu stammen schienen, bildeten in der Mitte des mit Segeltuch ausgelegten Bodens eine Reihe; auf den am weitesten entfernten Bänken saßen ein halbes Dutzend Novizinnen, deren Umhänge zusammengefaltet neben ihnen lagen. Jede der Frauen war vom Glühen der Macht umgeben. Tiana, die Herrin der Novizinnen, musterte sie besorgt und ging zwischen den Tischen auf und ab, genau wie überraschenderweise Sharina Melloy, eine der Novizinnen aus Murandy.
    Nun ja, vielleicht hätte es keine Überraschung sein sollen, Sharina hier zu finden. Sie war eine ehrwürdige, grauhaarige Großmutter mit einem straffen Haarknoten im Nacken, die mit strenger Hand eine sehr große Familie gelenkt hatte, und sie schien sämtliche Novizinnen als Enkel oder Großnichten adoptiert zu haben. Sie war diejenige gewesen, die sie in diese winzigen Familien eingeteilt hatte, allein auf sich gestellt und anscheinend aus Empörung, mit ansehen zu müssen, wie jedermann kopflos

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