0216 - Wir und der Club der 17 Mörder
Wie ein Schatten hingen die grausamen Verbrechen über New York.
Morde, allem Anschein nach perfekte Morde, ausgebrütet von kranken, aber mit eiskalter Präzision funktionierenden Hirnen, hielten die Bevölkerung in Atem.
Die City Police war machtlos. Es gelang ihr nicht, auch nur ein einziges Verbrechen, auch nur einen einzigen Mord aufzuklären.
Eigenartigerweise waren die Morde nicht das Ergebnis irgendwelcher Gangsterkriege, Raubüberfälle oder ähnlicher Gewalttaten, die sich in der düsteren, harten New Yorker Unterwelt abspielten.
Nicht Gangster oder vorbestrafte Typen, die die Bilderbücher der Stadtpolizei oder des FBI mit ihren Fotos bereichern, waren die Opfer der Mörder, sondern die honorigsten Bürger der Stadt: Geschäftsleute, Fabrikanten, Schauspieler, Politiker. Ärzte und Rechtsanwälte.
Auf grausame und fast immer verschiedene Art wurden sie umgebracht. Scheinbar ohne Motiv, scheinbar gab es keinen Zusammenhang zwischen diesen Untaten. Oder doch…?
***
Als ich an diesem Morgen das Office betrat, leuchtete mir von meinem Schreibtisch her die Titelseite der »Morning News« entgegen.
Mord! - Mord! - Mord!
In fetten roten Buchstaben prangte das aufrüttelnde Wort als vierspaltige Überschrift über einem als Tatsachenbericht deklarierten Artikel. Star-Reporter Louis Thrillbroker hatte gewaltig vom Leder gezogen. Er wetterte gegen die Polizei und sprach ihr die Fähigkei t ab, endlich der Mordserie Einhalt zu gebieten.
Ich war noch damit beschäftigt, Thrillbrokers Weisheiten in mich aufzunehmen, als mich Mister High in sein Office bat. Ich fand ihn dort in Gesellschaft meines Freundes Phil und eines fülligen älteren Herren.
»Jerry, das ist Mister Gregory Hynd, der Manager der International Chemical Products Cy. Mister Hynd kommt mit einer interessanten Sache zu uns… Aber ich glaube, es ist besser, wenn Mister Hynd selbst erzählt.«
***
Hynd war offensichtlich nervös. Mit einer fahrigen Geste fischte er eine Zigarette aus der Schachtel, zündete sie mit zitternden Fingern an und begann dann mit heiserer Stimme zu sprechen:
»Unsere Firma dürfte ihnen bekannt sein. Wir sind eines der ältesten Unternehmen in New York. Und wir leben in einem erbarmungslosen Konkurrenzkampf mit den anderen Firmen der chemischen Industrie. Dieser Konkurrenzkampf macht auch vor der Werk-Spionage nicht halt, und es kommt nicht selten zu einer Jagd nach den neuesten und billigsten Patenten. Gestern Morgen hatte ich einen Besucher, der sich Rex Smile nannte. Er gab an, mich in einer vertraulichen Angelegenheit sprechen zu wollen und wies sich als Ermittler einer Auskunftei aus, und zwar der Mercurius Invertigation Agency. Er erzählte mir von seinem Auftrag, den ihm eine unserer Konkurrenzfirmen gegen habe. Demnach sollte er gewisse Dinge bei uns ausprobieren. Doch, was viel schlimmer ist: Diese Firma hält mich mit Recht für einen der wichtigsten Männer unseres Betriebes« - Mister Hynd strich sich bei diesen Worten selbstgefällig übers Kinn, aber seine Stimme wurde wieder unsicher, und in sein Gesicht.rat wieder ein gehetzter Ausdruck, als er fortfuhr - »und diese Konkurrenzfirma will mich ausschalten.«
»Sehr sonderbar«, meinte ich. »Seit wann nimmt eine Auskunftei derartige Aufträge an.«
»Ich tippe auf Erpressung«, ließ sich Phil vernehmen. »Wahrscheinlich nimmt dieser Smile an, dass Sie ihm einen höheren Betrag geben als seine Auftraggeber. Und dass Sie nunmehr beabsichtigen den Spaß herumzudrehen.«
Mister Hynd zog ein weißes Taschentuch hervor und betupfte sich damit die Stirn, an der winzige Schweißperlen wie kleine Kristalle hingen. Er holte tief Luft und sagte:
»Etwas Ähnliches habe ich vermutet. Darum sagte ich Smile, er habe sich umsonst bemüht, denn weder ich noch unsere Firma hätten irgendetwas zu verbergen.«
Wieder holte Mister Hynd tief Luft, und wieder trat das Taschentuch in Aktion. Und in den Worten, die er dann mühsam hervorbrachte, schwang die Todesangst mit.
»Und dann ist etwas passiert, was mich in Angst versetzt hat. Als heute Nachmittag mein Office gereinigt wurde, fand eine Putzfrau diese Karte unter meinem Schreibtisch. Nur dieser Smile kann sie verloren haben, als er mich besuchte. Hier ist sie. Als ich diese Karte las, musste ich an die vielen furchtbaren Verbrechen denken, die sich in letzter Zeit in unserer Stadt abgespielt haben.«
Hynd reichte mir eine Karte, auf der in schwungvollen Buchstaben zu lesen stand:
CLUB DER 17 MÖRDER
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