Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)
Es bringt mich auf den Gedanken, dass ihr etwas verbergt. Du wirst nichts vor mir verbergen wollen, Suroth.«
»Natürlich nicht, Große Herrin«, sagte Suroth und stemmte sich hoch, um sich auf die Fersen zu hocken. »Niemals, Große Herrin.« Sie hob den Blick bis zum Mund der Frau, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, ihn noch höher zu heben. Sicherlich würde das reichen.
»Besser«, murmelte Semirhage. »Also. Würde es dir gefallen, dieses Land zu beherrschen? Eine Handvoll Todesfälle – Galgan und ein paar andere –, und du könntest dich mit meiner Hilfe zur Kaiserin ausrufen. Es ist eigentlich nicht wichtig, aber die Umstände bieten diese Möglichkeit, und du wärst sicher zugänglicher, als es die derzeitige Kaiserin bis jetzt gewesen ist.«
Suroths Magen verkrampfte sich. Sie hatte Angst, sich zu übergeben. »Große Herrin«, sagte sie dumpf, »die Strafe dafür ist, vor die wahre Kaiserin gebracht zu werden, möge sie ewig leben, und am ganzen Körper die Haut abgezogen zu bekommen, wobei man große Sorgfalt walten lässt, dass man dabei am Leben bleibt. Danach …«
»Primitiv, aber einfallsreich«, meinte Semirhage trocken. »Aber bedeutungslos. Die Kaiserin Radhanan ist tot. Erstaunlich, wie viel Blut doch in so einem menschlichen Körper ist. Genug, um den ganzen Kristallthron zu bedecken. Nimm das Angebot an, Suroth. Ich werde es nicht noch einmal unterbreiten. Du wirst gewisse Dinge etwas einfacher machen, aber das reicht nicht, damit ich es noch einmal anbiete.«
Suroth musste sich zwingen zu atmen. »Dann ist Tuon die Kaiserin, möge sie …« Tuon würde einen neuen Namen annehmen, den man außerhalb der Kaiserlichen Familie nur selten aussprechen würde. Die Kaiserin war die Kaiserin, mochte sie ewig leben. Suroth schlang die Arme um den Körper und fing an zu schluchzen, zitterte am ganzen Leib, ohne aufhören zu können. Almandaragal hob den Kopf und winselte fragend.
Semirhage lachte, der Klang eines tiefen Gongs. »Trauer für Radhanan, Suroth, oder ist dein Widerwille, dass Tuon die Kaiserin wird, so tief verwurzelt?«
Suroth erklärte es zögernd, in Ausbrüchen von drei, vier Worten, die von unstillbarem Weinen unterbrochen wurden. Als erklärte Erbin war Tuon in dem Moment zur Kaiserin geworden, in dem ihre Mutter gestorben war. Aber wenn ihre Mutter einem Attentat zum Opfer gefallen war, dann musste eine ihrer Schwestern dafür verantwortlich sein, was wiederum bedeutete, dass Tuon sicherlich ebenfalls tot war. Und nichts davon würde den geringsten Unterschied machen. Man würde der Form Genüge tun müssen. Sie würde nach Seandar zurückkehren und sich für Tuons Tod entschuldigen müssen, also jetzt für den Tod der Kaiserin, und zwar bei der Frau, die ihn arrangiert hatte. Die den Thron natürlich nicht besteigen würde, bis Tuons Tod verkündet wurde. Suroth konnte sich nicht zu dem Geständnis überwinden, dass sie sich vorher umbringen würde; es war zu beschämend, das auszusprechen. Worte erstarben, als die kreischenden Schluchzer sie schüttelten. Sie wollte nicht sterben. Man hatte ihr versprochen, dass sie ewig leben würde!
Dieses Mal war Semirhages Gelächter so schockierend, dass Suroths Tränen versiegten. Der Feuerkopf wurde zurückgeworfen, stieß brüllendes Gelächter aus. Schließlich beherrschte sie sich wieder, wischte sich mit feurigen Fingern Flammentränen weg. »Ich sehe, dass ich mich nicht klar ausgedrückt habe. Radhanan ist tot, und ihre Töchter und ihre Söhne und die Hälfte des kaiserlichen Hofes. Außer Tuon gibt es kein Mitglied der Kaiserfamilie mehr. Es gibt kein Kaiserreich mehr. Seandar ist in Händen von Plünderern und Aufständischen, und das gilt auch für ein Dutzend anderer Städte. Mindestens fünfzig Adlige kämpfen um den Thron und haben ihre Heere im Feld stehen. Von den Aldael-Bergen bis Salaking herrscht Krieg. Was der Grund dafür ist, dass du ohne den geringsten Grund zur Sorge Tuon loswerden und dich zur Kaiserin proklamieren kannst. Ich habe sogar dafür gesorgt, dass ein Schiff losgeschickt wurde, das bald hier eintreffen sollte und die Nachricht über diese Katastrophe verkündet.« Sie lachte erneut und sagte etwas Seltsames. »Lasst den Herrn des Chaos herrschen.«
Suroth starrte ihr Gegenüber unwillkürlich an. Das Kaiserreich … vernichtet? Semirhage hatte alle …? Attentate waren beim Blut nicht unbekannt. Weder beim Hohen noch beim Niederen, auch nicht in der Kaiserfamilie, aber es war ein
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