Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)
diesmal aber tiefer ausfiel, und die Worte sprudelten aus ihr heraus. »Es tut mir leid, dass ich ausgerissen bin, Mutter. Ich dachte, sie würden mich hier schneller vorankommen lassen. Areina und ich dachten …«
»Nennt sie nicht so!«, brüllte Katerine, und ein Strang Luft peitschte hart genug über das Hinterteil der Novizin, dass sie aufschrie und einen Satz machte. »Wenn Ihr der Amyrlin heute Nacht dient, Kind, dann geht zurück zu ihr und richtet ihr aus, dass ich gesagt habe, ihre Befehle werden ausgeführt. Jetzt lauft!«
Mit einem letzten verzweifelten Blick auf Egwene raffte Nicola Umhang und Röcke und eilte die Treppe so schnell hinauf, dass sie zweimal stolperte und beinahe gestürzt wäre. Arme Nicola. Ihre Hoffnungen waren sicherlich enttäuscht worden, und wenn die Burg ihr Alter entdeckte … Sie musste darüber gelogen haben, um aufgenommen zu werden; lügen war nur eine ihrer mehreren schlechten Gewohnheiten. Egwene strich das Mädchen aus ihren Gedanken. Nicola war nicht länger ihre Sorge.
»Es war unnötig, das Mädchen so zu ängstigen«, sagte Berisha überraschenderweise. »Novizinnen müssen geführt werden, nicht genötigt.« Weit entfernt von ihren Ansichten über das Gesetz.
Katerine und Barasine fuhren beide zu der Grauen herum und starrten sie eindringlich an. Jetzt waren es nur noch zwei Katzen, aber statt einer anderen Katze sahen sie eine Maus.
»Wollt Ihr uns allein zu Silviana begleiten?«, fragte Katerine mit einem entschieden unerfreulichen Lächeln.
»Habt Ihr Angst, Graue?«, sagte Barasine mit einem Hauch von Spott in der Stimme. Aus irgendeinem Grund schwang sie einen Arm ein bisschen, sodass die langen Fransen ihrer Stola hin und her baumelten. »Nur eine von Euch, und zwei von uns?«
Die beiden Diener standen wie Statuen da, wie Männer, die sich nichts sehnlicher wünschten, als anderswo zu sein, und hofften, nicht bemerkt zu werden, wenn sie nur reglos genug waren.
Berisha war nicht größer als Egwene, aber sie nahm die Schultern zurück und zog die Stola enger. »Drohungen werden vom Burggesetz ausdrücklich verboten …«
»Hat Barasine Euch bedroht?«, unterbrach Katerine sie sanft. Sanft und doch voller scharfem Stahl. »Sie hat Euch nur gefragt, ob Ihr Angst habt. Solltet Ihr?«
Berisha befeuchtete sich unbehaglich die Lippen. Sie war schneeweiß geworden, ihre Augen schienen immer größer zu werden, als würde sie Dinge sehen, die sie nicht sehen wollte. »Ich … ich glaube, ich werde einen Spaziergang auf dem Gelände machen«, sagte sie schließlich mit erstickter Stimme und schlich sich davon, ohne die beiden Roten auch nur einen Augenblick lang aus dem Sichtfeld zu lassen. Katerine stieß ein kurzes, zufriedenes Lachen aus.
Das war absoluter Wahnsinn! Selbst Schwestern, die einander abgrundtief hassten, benahmen sich nicht auf diese Weise. Keine Frau, die Furcht so schnell nachgab wie Berisha, wäre jemals Aes Sedai geworden. In der Burg ging etwas vor. Etwas Schlimmes.
»Bringt sie her«, sagte Katerine und stieg die Stufen hinauf.
Barasine ließ Saidar endlich los, packte Egwene fest am Arm und folgte ihr. Ihr blieb keine Wahl, als den Reitrock zu raffen und ihr friedlich zu folgen. Aber ihre Stimmung war seltsam heiter.
Die Burg zu betreten fühlte sich wirklich wie eine Heimkehr an. Die weißen Wände mit ihren Friesen und Wandteppichen und die bunt leuchtenden Bodenfliesen erschienen ihr so vertraut wie die Küche ihrer Mutter. In gewisser Weise sogar noch mehr; es war viel länger her, dass sie die Küche ihrer Mutter gesehen hatte statt diese Korridore. Jeder Atemzug flößte ihr die Kraft ein, die einem sein Zuhause verleihen konnte. Aber es gab auch Seltsames. Alle Kandelaber brannten, und es konnte noch nicht so spät sein, aber sie sah niemanden. Es rauschten immer ein paar Schwestern durch die Gänge, selbst mitten in der Nacht. Sie erinnerte sich lebhaft daran, wie sie Schwestern gesehen hatte, wenn sie zu später Stunde auf irgendeinem Botengang durch die Burg geeilt und daran verzweifelt war, dass sie niemals so anmutig und majestätisch aussehen würde. Aes Sedai hatten ihren eigenen Tagesablauf, und ein paar Braune verabscheuten es regelrecht, am Tag wach sein zu müssen. Nachts gab es weniger Ablenkungen von ihren Studien, weniger Unterbrechungen beim Lesen. Aber es war keiner zu sehen. Weder Katerine noch Barasine machten eine Bemerkung, während sie durch einsame Korridore schritten. Offensichtlich war die stumme Leere
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