Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)
Bewahrerin hob die Brauen, sagte aber natürlich bloß: »Wie Ihr befehlt, Mutter.«
Elaida strahlte Gelassenheit aus, aber das war eine Scharade. Was kommen würde, würde kommen. Und sie hatte den jungen al’Thor noch immer nicht unter Kontrolle. Wenn sie nur daran dachte, dass sie ihn einst in der Hand gehabt hatte! Hätte sie es doch nur damals gewusst. Die verdammte Alviarin und die dreimal verfluchte Proklamation, die jeden außer der Weißen Burg mit einem Bann belegte, der an ihn herantrat. Sie hätte sie zurücknehmen können, aber das wäre als Schwäche erschienen, und davon abgesehen, der Schaden war angerichtet und konnte nicht mehr so ohne Weiteres behoben werden. Egal, bald würde sie Elayne wieder unter Kontrolle haben, und das Königshaus von Andor war der Schlüssel, um Tarmon Gai’don zu gewinnen. Das hatte sie selbst vor langer Zeit vorhergesehen. Und die Nachricht, dass es in Tarabon zum Aufstand gegen die Seanchaner gekommen war, war eine erfreuliche Lektüre gewesen. Nicht alles war ein undurchdringliches Dorngebüsch, das sie von allen Seiten stach.
Sie überflog den zweiten Bericht und verzog das Gesicht. Niemand mochte Abwasserkanäle, aber sie stellten ein Drittel der Lebensadern einer jeden Stadt dar, die anderen beiden waren Handel und Frischwasser. Ohne die Abwasserkanäle würde Tar Valon Dutzenden von Krankheiten zum Opfer fallen, sämtliche Bemühungen der Schwestern untergraben, ganz zu schweigen den Gestank noch übertreffen, den der verfaulende Müll jetzt schon in den Straßen anrichtete. Auch wenn der Handel im Augenblick zu einem Rinnsal geworden war, kam das Wasser noch immer durch das flussaufwärts gerichtete Inselende und wurde dann an über die ganze Stadt verstreute Wassertürme verteilt, um allen an einfachen und verzierten Springbrunnen zur Verfügung zu stehen, aber jetzt hatte es den Anschein, als wären die Abwasserkanäle am flussabwärts gerichteten Ende der Insel so gut wie verstopft. Sie tauchte ihre Feder in das Tintenfässchen und kritzelte ICH WILL, DASS SIE MORGEN FREIGERÄUMT SIND! , auf den oberen Rand der Seite setzte sie ihren Namen drunter. Wenn die Schreiber einen Funken Verstand hatten, dann war diese Arbeit bereits veranlasst worden, aber sie war noch nie der Ansicht gewesen, dass Schreiber Verstand gehabt hätten.
Der nächste Bericht ließ sie die Stirn runzeln. »Ratten in der Burg?« Das war mehr als nur ernst! Das hätte ganz oben liegen müssen! »Tarna, lasst jemanden die Schutzgewebe überprüfen.« Diese Schutzgewebe hielten seit dem Bau der Burg, aber vielleicht waren sie ja nach dreitausend Jahren schwächer geworden. Wie viele dieser Ratten waren die Spione des Dunklen Königs?
Es klopfte an der Tür, einen Augenblick später gefolgt von einer molligen Aufgenommenen namens Anemara, die ihre gestreiften Röcke zu einem tiefen Knicks raffte. »Bitte, Mutter, Felaana Sedai und Negaine Sedai haben eine Frau zu Euch gebracht, die sie in der Burg umherwandernd vorgefunden haben. Sie sagen, sie will dem Amyrlin-Sitz eine Petition überbringen.«
»Sagt Ihr, sie soll warten, und bietet Ihr Tee an, Anemara«, sagte Tarna energisch. »Die Mutter ist beschäftigt …«
»Nein, nein«, unterbrach Elaida sie, »schickt sie rein, Kind, schickt sie rein.« Es war viel zu lange her, dass sich jemand mit einer Petition an sie gewandt hatte. Aber sie war in der Stimmung, sie zu gewähren, falls es sich nicht um etwas allzu Lächerliches handelte. Vielleicht würde das den Strom wieder anfachen. Es war auch viel zu lange her, dass Schwestern zu ihr gekommen waren, ohne herzitiert worden zu sein. Vielleicht würden die beiden Braunen auch diese Dürre beenden.
Aber nur eine Frau betrat den Raum und schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Dem Reitgewand aus Seide und dem guten Umhang nach zu urteilen, war sie vermutlich eine Adlige oder eine wohlhabende Kauffrau, eine Annahme, die von ihrem selbstbewussten Auftreten noch unterstützt wurde. Elaida war sich sicher, die Frau noch nie zuvor gesehen zu haben, aber etwas an dem Gesicht, das von Haar eingerahmt wurde, das noch heller als Tarnas war, erschien vage vertraut.
Elaida stand auf und ging mit ausgestreckten Händen um den Tisch herum. Und mit einem ungewohnten Lächeln. Sie versuchte, es willkommen aussehen zu lassen. »Wie ich gehört habe, habt Ihr eine Petition für mich, Tochter. Tarna, eine Tasse Tee für sie.« Der Silberkessel auf dem Silbertablett auf dem Beistelltisch musste zumindest
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