Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
seufzte. »Aber ich glaube nicht, dass sie es tun werden. Wenn Ihr mich fragt, werden sie sofort nach unserer Abreise aus der Stadt flüchten wie Diebe aus dem Gefängnis, sobald die Wärter verschwunden sind.«
Rand antwortete nicht darauf. Er hatte befohlen, dass der Kaufmannsrat neue Mitglieder erwählte und dann einen König suchte. Aber vermutlich hatte Bashere recht. Es gab bereits die ersten Berichte aus anderen Städten entlang der Küste, wo Rand seinen Aiel den Rückzug befohlen hatte. Die Verantwortlichen verschwanden und flohen, bevor die Seanchaner ihre befürchteten Angriffe durchführten.
Als Königreich war Arad Doman erledigt. Es würde bald zusammenbrechen wie ein Tisch, auf dem man zu viel abgeladen hatte. Das ist nicht mein Problem, dachte Rand und vermied es, die Leute anzusehen. Ich habe getan, was ich konnte.
Das entsprach nicht der Wahrheit. Zwar hatte er den Domani helfen wollen, aber die wahren Gründe für sein Kommen war der Wunsch gewesen, sich mit den Seanchanern zu einigen, herauszufinden, was mit dem König geschehen war, und Graendal aufzuspüren. Ganz zu schweigen davon, so viel von den Grenzlanden zu sichern, wie er nur konnte.
»Was gibt es Neues von Ituralde?«, fragte er.
»Ich fürchte, nichts Gutes«, sagte Bashere grimmig. »Er hatte ein paar Scharmützel mit den Trollocs, aber das wusstet Ihr ja bereits. Das Schattengezücht zieht sich immer schnell zurück, aber er warnte, dass sich dort etwas versammelt. Seine Späher haben Anzeichen einer Streitmacht entdeckt, die groß genug ist, um ihn zu überrennen. Falls sich die Trollocs dort zusammenrotten, dann versammeln sie sich garantiert auch an anderen Orten. Vor allem am Tarwin-Pass.«
Verflucht sollen diese Grenzländer sein!, dachte Rand. Ich werde etwas wegen ihnen unternehmen müssen. Bald. Er erreichte den Platz, zügelte Tai’daishar und nickte Flinn und Naeff zu.
Auf sein Signal hin öffnete jeder von ihnen auf dem Stadtplatz ein großes Wegetor. Rand hatte direkt von Lady Chadmars Anwesen aufbrechen wollen, aber so hätte sich nur ein Dieb davongestohlen, heute hier und morgen fort. Er würde diese Menschen zumindest sehen lassen, dass er ging und man sie sich selbst überließ.
Sie drängten sich auf den Bürgersteigen, es waren beinahe genauso viel wie bei seiner Ankunft in der Stadt. Falls möglich waren sie noch stummer, als sie seinerzeit gewesen waren. Frauen in eng anliegenden Gewändern, Männer in bunten Mänteln und Spitzenmanschetten. Viele hatten nicht die kupferne Hautfarbe der Domani. Mit dem Versprechen auf Nahrung hatte Rand so viele in die Stadt gelockt.
Zeit zu gehen. Er ritt auf eines der Wegetore zu, aber da rief eine Stimme: »Lord Drache!«
Die Stimme war leicht zu hören, da die Menge so still war. Rand drehte sich auf seinem Sattel um und hielt nach dem Rufer Ausschau. Das war ein drahtiger Mann in einem roten Mantel, der an der Taille zugeknöpft war und sich zur Brust hin zu einem V öffnete, um das darunter getragene Rüschenhemd zu zeigen. Seine goldenen Ohrringe funkelten, als er sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge bahnte. Die Aiel fingen ihn ab, aber Rand erkannte ihn als einen der Hafenmeister. Er gab den Aiel ein Zeichen, den Mann – er hieß Iralin – durchzulassen.
Iralin eilte auf Tai’daishar zu. Für einen Domani war er uncharakteristisch glatt rasiert, und seine Augen waren vom Schlafmangel gerötet.
»Mein Lord Drache«, sagte der Mann mit gedämpfter Stimme, als er neben Rands Pferd stand. »Die Nahrung! Sie ist verdorben!«
»Welche Nahrung?«, fragte Rand.
»Alles«, erwiderte der Mann mit angespannter Stimme. »Jedes Fass, jeder Sack, alles in unseren Lagerhäusern und auf den Schiffen des Meervolks. Mein Lord! Es ist nicht nur voller Getreidekäfer. Es ist schwarz und bitter geworden, und man wird krank davon, wenn man es isst!«
»Alles?«, wiederholte Rand fassungslos.
»Alles«, sagte Iralin leise. »Aberhunderte von Fässern. Das geschah plötzlich, in einem Augenblick. In dem einen Moment war alles in Ordnung, im nächsten … Mein Lord, so viele Leute sind in die Stadt gekommen, weil sie hörten, dass wir Nahrung haben! Jetzt haben wir nichts. Was sollen wir tun?«
Rand schloss die Augen.
»Mein Lord?«, fragte Iralin.
Rand öffnete die Augen und trieb Tai’daishar an. Er ließ den Hafenmeister mit offen stehendem Mund hinter sich stehen und passierte das Wegetor. Er konnte nichts tun. Er würde nichts mehr tun.
Die kommende
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