Marsversorger ALPHA VI
1.
Mediziner hatten mir versichert, ein tiefer und traumloser Schlaf sei das natürlichste und gesündeste Mittel, einen in jeder Beziehung ermüdeten Menschen wieder »auf die Beine« zu bringen.
Dagegen sei der typische Erschöpfungsschlaf bei weitem nicht so kräfteaufbauend, also indirekt ungesund. Man hatte mir erklärt, das ohnmachtsähnliche Absinken nach langfristigen körperlichen und geistigen Überlastungen sei gewissermaßen erst der Vorläufer für die nachfolgende Nachtruhe.
Nun – eine Nachtruhe im Sinne des Wortes kann es auf dem Planeten Erde mit seinem seit Urzeiten existenten Tages- und Nachtzyklus geben; kaum aber auf einer fernen Welt, deren Umlaufbahn um eine ebenso fremdartige Sonne ganz andere Bedingungen erzeugt.
Noch weniger kann man den irdischen Begriff Nachtruhe auf einem Riesenraumschiff verwenden, das überdies nicht einmal von Menschen, sondern von ausgestorbenen Marsianern erbaut wurde.
Jemand rüttelte mich wach. Dieser Jemand schien die Hand eines Riesen und die körperliche Stärke eines Urwelttieres zu besitzen.
»Aufwachen, Sir«, vernahm ich eine Stimme. Sie klang wie das Hallen einer alten Kirchenglocke – mindestens aber so laut. Ich stöhnte.
»Aufwachen, Sir«, dröhnte es erneut in meinen Ohren. »Zum Donnerwetter, Doc, jetzt unternehmen Sie doch etwas! Der ist weg wie ein Tiefseetaucher ohne Luft.«
»Kommt nicht in Frage«, lautete die ablehnende Antwort. Die Stimme klang angenehm, fast wie ein Säuseln. »Aufputschende Mittel können auf keinen Fall verabreicht werden. Oder wollen Sie einen euphorisch gestimmten Kommandanten in der Zentrale stehen haben? Na also! Wasser! Haben Sie kaltes, klares Wasser zur Hand?«
Ich wollte mich aufrichten. Die Worte »kaltes Wasser« aktivierten irgendwie meine ermüdeten Sinne. Es war aber schon zu spät.
Man überschüttete meinen Kopf mit eiskaltem Naß. Ich fuhr fluchend hoch und schlug um mich. Jemand stieß einen Schmerzensschrei aus. Das beruhigte mich etwas.
Mein Blick klärte sich. Vor mir stand ein herkulisch gebauter Mann mit breitflächigem Gesicht. Er grinste respektlos.
Hinter ihm krümmte sich ein hagerer, hochgewachsener Mensch. Schimpfend massierte er seine Magengegend, die anscheinend mit meiner ausschlagenden Rechten in Berührung gekommen war.
Jetzt wurde ich endgültig munter. Der nach Luft ringende Uniformierte war unser GWA-Mediziner, Dr. Samy Kulot, jener Mann, der mich während meiner parapsychischen Schulung auf Henderwon-Island unauffällig getestet und mich dabei unverschämt belogen hatte. Dazu sagten Leute seiner Art »psychologische Notwendigkeit«!
»Hören Sie auf mit Ihrem Gejammer«, rief ich zu Samy hinüber. »Seit wann haben GWA-Ärzte einen Magen?«
Den Blick, den er mir zuwarf, stufte ich als ausgesprochen bösartig ein. Er machte mich aber noch munterer.
Major Boris Petronko, Chef meiner »Zyklopengarde«, Freund, Adjutant und Mädchen für alles, stellte das Gefäß zur Seite. Es war der Prunkhelm des »Tumadschin Khan«, des Herrschers über das »Zweite Reich«. Beide Begriffe existierten nur in unserer Phantasie.
»Tut mir leid«, erklärte der mehrfache Weltmeister in verschiedenen Kraftsportarten. »Ich konnte in der Eile nichts anderes finden. Sind Sie wieder aufnahmefähig, Sir?«
Mein nächster Blick galt der Uhr. Man hatte mich nur knapp vier Stunden schlafen lassen, und das nach einem Abenteuer auf Leben und Tod mit einem irrsinnig erscheinenden Robotgehirn und störrischen Eingeborenen vom Planeten Yedocekon.
Boris wartete nicht auf meine Antwort. Er fühlte sich genauso abgespannt und
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