Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
bis Min hörte, wie seine Gelenke vor Anstrengung knackten. Er bebte, weil er sich so beherrschen musste. »Ich bleibe noch eine Weile bei Euch, Mara«, sagte er schließlich. »Eine kleine Weile noch.«
Vor Mins Augen flammte einen Augenblick lang um seinen Kopf eine Aura auf, eine strahlende Krone in Gold und Blau. Siuan und Leane sahen natürlich nichts, obwohl sie wussten, wozu Min fähig war. Manchmal hatte sie Visionen bei Menschen entweder Bilder oder solche Auren. Und manchmal wusste sie sogar, was sie zu bedeuten hatten. Diese Frau würde heiraten. Dieser Mann würde sterben. Kleinigkeiten oder auch große Ereignisse, ob gut oder schlimm, aber nie hatte sie eine Ahnung, bei wem, wo und wann sie etwas sehen würde. Aes Sedai und Behüter hatten immer eine Aura um sich; die meisten anderen Menschen niemals. Das Wissen um solche Schicksale machte sie nicht immer glücklich.
Sie hatte Logains Aura schon früher gesehen und wusste, was sie bedeutete: kommenden Ruhm. Aber bei ihm, vielleicht noch mehr als bei allen anderen Männern, ergab das keinen rechten Sinn. Sein Pferd, das Schwert und den Mantel hatte er beim Würfelspiel gewonnen, aber Min war nicht sicher, wie ehrlich diese Spiele gewesen waren. Er besaß sonst nichts und hatte keine Zukunft vor sich, außer in Siuans Versprechungen, und wie wollte sie die jemals halten? Sein Name bedeutete mit hoher Wahrscheinlichkeit auch sein Todesurteil. Es ergab einfach keinen Sinn.
Logains Humor kehrte ebenso schnell zurück, wie er vorher verflogen war. Er zog eine pralle, grob gewebte Geldbörse aus seiner Gürteltasche und hielt sie ihnen entgegen. »Ich bin über ein paar Münzen gestolpert. Wir müssen die nächste Zeit über nicht mehr in Scheunen schlafen.«
»Wir haben davon gehört«, sagte Siuan trocken. »Ich schätze, ich hätte von Euch nichts Besseres erwarten sollen.«
»Nehmt es als Beitrag für Eure Suche.« Sie streckte die Hand nach der Börse aus, aber er packte sie zurück in seine Gürteltasche, wobei er spöttisch grinste. »Ich will Eure Hand nicht mit gestohlenem Geld beschmutzen, Mara. Außerdem kann ich so wenigstens sicher sein, dass Ihr nicht weglauft und mich verlasst.« Siuan sah aus, als wolle sie Eisennägel zerbeißen, sagte aber nichts. Logain stellte sich in die Steigbügel und spähte die Straße hinunter in Richtung Korequellen. »Ich sehe eine Schafherde in unsere Richtung kommen. Zwei Jungen sind dabei. Es wird Zeit, dass wir reiten. Sie werden von dem hier berichten, und wenn sie noch so schnell rennen müssen.« Er setzte sich wieder in den Sattel und blickte auf Joni hinunter, der immer noch bewusstlos am Boden lag. »Und sie werden dem Burschen da Hilfe bringen. Ich glaube nicht, dass ich ihn wirklich schwer verletzt habe. Dazu habe ich ihn nicht hart genug getroffen.«
Min schüttelte den Kopf. Der Mann überraschte sie immer wieder. Sie hätte nicht gedacht, dass er auch nur einen Gedanken an den Mann verschwenden werde, dem er gerade noch eins auf den Schädel verpasst hatte.
Siuan und Leane verloren keine Zeit. Sie kletterten in ihre hochgezogenen Sättel – Leane auf die graue Stute, der sie den Namen Mondblume gegeben hatte, Siuan auf Bela, die kleine, zottige Stute. Bei Siuan musste man eher von ›hinaufkrabbeln‹ reden. Sie war keine Reiterin. Nach Wochen im Sattel behandelte sie die friedliche Bela immer noch wie ein feuriges Schlachtross. Leane ging mühelos und elegant mit Mondblume um. Min wusste, dass sie selbst irgendwo dazwischen lag. So erkletterte sie Wildrose, ihre braune Stute, mit erheblich mehr Grazie als Siuan, wenn auch nicht so gewandt wie Leane.
»Glaubt Ihr, dass er uns verfolgen wird?«, fragte Min, als sie in Richtung Süden lostrabten, weg von Korequellen. Sie hatte Siuan gefragt, doch Logain antwortete: »Der hiesige Lord? Ich bezweifle, dass er Euch für wichtig genug erachtet. Sicher wird er wohl einen Dienstmann aussenden und Eure Beschreibungen weitergeben lassen. Wir reiten eben, so weit wir können, bevor wir lagern, und morgen genauso.« Wie es schien, hatte er die Führung übernommen.
»Wir sind gewiss nicht wichtig genug«, sagte Siuan, die ungeschickt in ihrem Sattel auf und ab hüpfte. Sie hatte vielleicht noch Angst vor Bela, doch der Blick, den sie Logains Rücken zuwarf, sagte, dass diese Bedrohung ihrer Autorität nicht lange anhalten werde.
Was sie betraf, hoffte Min inständig, dass Bryne sie wirklich für unwichtig erachten werde. Jedenfalls solange er ihre
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