Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
ich werde Saidin reinigen, damit die Männer nicht mehr fürchten müssen, dem Wahnsinn zu verfallen, und damit die Welt Männer nicht mehr fürchten muss, die mit der Macht umgehen können. Ich werde …«
Die grünen und weißen Troddeln schwangen herum, als er den Speer zornig hochriss. Es war unmöglich. Hitze und Staub hielten ihn zum Narren. Einiges davon musste erreicht werden, und doch war das alles unmöglich. Das Beste, worauf sie alle hoffen durften, war, zu gewinnen und dann zu sterben, bevor sie wahnsinnig wurden, und im Augenblick hatte er noch nicht einmal eine Ahnung, wie er auch nur das erreichen sollte. Alles, was ihm blieb, war es immer wieder zu versuchen. Es sollte doch aber einen Weg geben. Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit gab, musste es doch möglich sein.
» Saidin reinigen«, wiederholte Taim leise. »Ich glaube, dafür würdet Ihr mehr Macht benötigen, als Ihr Euch vorstellen könnt.« Nachdenklich schloss er die Augen ein wenig. »Ich habe von Dingen gehört, die man Sa’angreal nennt. Besitzt Ihr einen davon, von dem Ihr annehmen könnt …«
»Kümmert Euch nicht darum, was ich habe oder nicht habe«, fuhr ihn Rand an. »Ihr unterrichtet jeden, der die Fähigkeit hat, den Umgang mit der Macht zu lernen, Taim. Dann spürt noch mehr auf und unterrichtet auch sie. Der Dunkle König wartet nicht auf uns! Licht! Wir haben nicht genug Zeit, Taim, aber wir müssen es irgendwie schaffen. Wir müssen!«
»Ich werde mir Mühe geben. Erwartet aber nicht von Damer, dass er morgen bereits eine Stadtmauer zum Einstürzen bringt.«
Rand zögerte. »Taim? Seid wachsam jedem Eurer Schüler gegenüber, der zu schnell lernt. Lasst es mich in einem solchen Fall sofort wissen. Es könnte sein, dass sich einer der Verlorenen unter Eure Schüler zu mischen versucht.«
»Einer der Verlorenen!« Das kam beinahe als Flüstern heraus. Zum zweiten Mal wirkte Taim erschüttert. Diesmal war er wohl wirklich ins Mark getroffen worden. »Warum sollte …?«
»Wie stark seid Ihr?«, unterbrach ihn Rand. »Ergreift Saidin . Jetzt auf der Stelle. So viel Ihr nur halten könnt!«
Einen Augenblick lang sah ihn Taim nur ausdruckslos an, und dann strömte die Macht in ihn ein. Es gab kein Glühen, so wie es die Frauen bei anderen sahen, die gerade die Macht in sich aufnahmen. Nur ungeheure Kraft und Bedrohung lagen darin. Rand spürte alles ganz deutlich und konnte es auch recht gut einschätzen. Taim hatte nun genug Saidin in sich, um den Bauernhof und alle, die sich hier aufhielten, innerhalb von Sekunden zu vernichten und auch noch alles auf Sichtweite zu verwüsten. Es war nicht viel weniger, als Rand ohne Hilfe bewältigen konnte. Andererseits konnte es sein, dass sich der Mann zurückhielt. Rand spürte nichts von Anstrengung, und möglicherweise wollte der Mann Rand nicht seine ganze Kraft vorführen. Wie konnte er auch ahnen, wie Rand darauf reagieren würde?
Saidin und das Gefühl, das es auslöste, verblassten in Taim, und jetzt erst wurde Rand bewusst, dass er selbst von der männlichen Hälfte der Wahren Quelle erfüllt war, von einer rasenden Flut. Jedes bisschen, das er durch den Angreal in seiner Tasche an sich ziehen konnte, durchtobte ihn. Töte ihn, flüsterte Lews Therin. Töte ihn jetzt! Einen Augenblick lang packte Rand eisiger Schrecken. Die ihn umgebende Leere kam ins Wanken, Saidin tobte und schwoll an, und er war gerade noch in der Lage, die Macht loszulassen, bevor sie sowohl das Nichts wie auch ihn selbst verschlang. Hatte er nach der Quelle gegriffen oder Lews Therin? Töte ihn! Töte ihn!
In einem Wutausbruch schrie Rand in seinem Kopf: Halt den Mund! Zu seiner Überraschung verstummte die andere Stimme tatsächlich.
Schweiß rann ihm über das Gesicht, und er wischte ihn mit einer Hand weg, die ständig zu zittern versuchte. Er hatte selbst nach der Quelle gegriffen; es konnte gar nicht anders sein. Die Stimme eines toten Mannes brachte so etwas nicht fertig. Unbewusst hatte er Taim nicht getraut, wenn dieser eine solche Menge Saidins in sich aufnahm. Er hatte nicht hilflos danebenstehen wollen. So war es gewesen.
»Gebt nur auf jeden acht, der zu schnell lernt«, knurrte er. Vielleicht sagte er Taim gegenüber zu viel, aber die Menschen hatten ein Recht darauf, zu erfahren, was ihnen möglicherweise widerfahren könnte. Soweit sie das jedenfalls wissen mussten. Er wagte es nicht, Taim oder irgendjemand anderem zu gestatten, herauszufinden, wo er den größten Teil seines
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