Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
keine Stunde Zeit geben. Ihr wisst doch, dass sie die Burgwachen verstärkt hat? Angeblich auf fünfzigtausend Mann. Aber ich würde die Männer nach Möglichkeit gern dennoch einen Monat rasten und sich erholen lassen. Zehn Tage wären zwar auch genug, aber ein Monat wäre besser.« Sie nickte und ließ ihn los. Diese beiläufige Frage über die Burgwache schmerzte sie. Er war sich durchaus bewusst, dass der Saal und die Ajahs ihr nur sagten, was sie wissen sollte. »Ihr habt vermutlich recht«, sagte sie tonlos. »Es wird keine Zeit zum Ausruhen verbleiben, wenn wir Tar Valon erst erreichen. Schickt Eure schnellsten Reiter. Es wird doch keine Schwierigkeiten geben? Pelivar und Arathelle werden sie doch in Ruhe anhören?« Die Besorgnis in ihrer Stimme war nicht vorgetäuscht. Vielleicht wurde mehr als nur ihre Pläne vernichtet, wenn sie jetzt kämpfen mussten.
Brynes Tonfall änderte sich anscheinend nicht, aber er klang jetzt in gewisser Weise tröstlich. »Solange es genug Licht gibt, damit sie die weißen Federn sehen können, werden sie einen Unterhändler erkennen und ihm zuhören. Ich sollte jetzt besser gehen, Mutter. Es ist ein langer und anstrengender Ritt, selbst für Männer, die Ersatzpferde zur Verfügung haben.«
Egwene atmete tief aus, sobald der Zelteingang hinter ihm zufiel. Ihre Schultern waren angespannt, und sie hatte das Gefühl, als bekäme sie jeden Moment Kopfschmerzen. Normalerweise entspannte sie sich in Brynes Gegenwart und übernahm seine Sicherheit. Heute Nacht hatte sie ihn manipulieren müssen, und sie glaubte, dass er es wusste. Er war ein achtsamer Mann. Aber es stand zu viel auf dem Spiel, um ihm noch weiter zu vertrauen, bis er sich offen erklärte – vielleicht in Form eines Eides wie derjenige, den Myrelle und die Übrigen geleistet hatten. Bryne folgte der Amyrlin, und das Heer folgte Bryne. Wenn er glaubte, sie würde die Männer sinnlos vergeuden, genügten wenige Worte von ihm, um sie hilflos dem Saal auszuliefern. Sie trank einen tiefen Schluck und spürte die Wärme des gewürzten Weins durch sich hindurchströmen.
»Es wäre besser für uns, wenn sie es glaubten«, murmelte sie. »Ich wünschte, es gäbe etwas, was sie glauben könnten. Wenn ich vielleicht auch nichts sonst erreiche, Siuan, hoffe ich zumindest, dass ich uns von den Drei Eiden befreien kann.«
»Nein!«, erwiderte Siuan barsch. Sie klang regelrecht empört. »Es auch nur zu versuchen könnte verheerende Folgen haben, und wenn Ihr Erfolg hättet … Das Licht helfe uns … Wenn Ihr Erfolg hättet, würdet Ihr die Weiße Burg vernichten.«
»Wovon sprecht Ihr? Ich versuche, die Eide zu befolgen, Siuan, da wir gegenwärtig an sie gebunden sind, aber die Eide werden uns gegen die Seanchaner nicht helfen. Wenn Schwestern in Lebensgefahr geraten müssen, bevor sie sich wehren dürfen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir alle tot oder angeleint sind.« Sie konnte den A’dam um ihre Kehle wieder einen Moment spüren, das sie in einen Hund an einer Leine verwandelt hatte. In einen gut dressierten und gehorsamen Hund. Jetzt war sie froh über die Dunkelheit, die ihr Zittern verbarg. Schatten verfinsterten Siuans Gesicht bis auf ihren geräuschlos mahlenden Unterkiefer.
»Seht mich nicht so an, Siuan.« Es war leichter, verärgert als verängstigt zu sein und Angst hinter Zorn zu verbergen. Sie würde sich niemals wieder anleinen lassen! »Ihr habt jeden Vorteil genutzt, seit Ihr von den Eiden befreit wurdet. Wenn Ihr nicht gelogen hättet, befänden wir uns alle ohne Heer in Salidar, würden Däumchen drehen und auf ein Wunder warten. Nun, Ihr würdet das jedenfalls tun. Sie hätten mich niemals zur Amyrlin ernannt, wenn Ihr nicht bezüglich Logain und der Roten gelogen hättet. Elaida würde uneingeschränkt regieren, und in einem Jahr würde sich niemand mehr daran erinnern, wie sie sich den Amyrlin-Sitz angeeignet hat. Sie würde die Burg gewiss vernichten. Ihr wisst, dass sie hinsichtlich Rand vieles falsch macht. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie inzwischen sogar versucht hätte, ihn zu entführen, nur dass sie gerade mit uns beschäftigt ist. Nun, vielleicht würde sie ihn nicht entführen, aber sie würde gewiss irgendetwas tun. Und die Aes Sedai würden heute wahrscheinlich die Asha’man bekämpfen, ungeachtet dessen, dass Tarmon Gai’don hinter der nächsten Ecke wartet.«
»Ich habe gelogen, als es nötig schien«, flüsterte Siuan. »Als es ratsam schien.« Ihre Schultern waren
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