Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Entschlossenheit, um Saerin wie eine Zauderin aussehen zu lassen.
Die kleine Yukiri, die auf der anderen Seite des Throns der Reue stand, hatte die Arme fest verschränkt; ihr Zittern ließ die langen silbergrauen Fransen ihrer Stola erbeben. Sie befeuchtete sich die Lippen und warf der Frau neben ihr einen besorgten Blick zu. Doesine, die mehr wie ein hübscher Knabe aussah als wie eine Schwester der Gelben mit einem ausgezeichneten Ruf, zeigte keinerlei Regung. Sie lenkte die Stränge der Macht, die im Thron der Reue verschwanden, und sie starrte auf das Ter’angreal und konzentrierte sich so sehr auf ihre Arbeit, dass auf ihrer bleichen Stirn Schweißtropfen perlten. Sie alle gehörten den Sitzenden an, einschließlich der hochgewachsenen Frau, die sich auf dem Thron wand.
Talene war in Schweiß gebadet; er verklebte ihr blondes Haar und durchtränkte ihr Leinenunterhemd, sodass es an ihrer Haut haftete. Der Rest ihrer Kleidung lag als unordentlicher Haufen in einer Ecke. Ihre geschlossenen Lider flatterten und sie stöhnte unablässig und bettelte mit halb ausgesprochenen, winselnden Worten. Seaine verspürte Übelkeit, aber sie konnte ihren Blick nicht abwenden. Talene war eine Freundin. Das heißt, sie war eine Freundin gewesen.
Trotz seines Namens sah das Ter’angreal nicht wie ein Thron aus; es handelte sich um einen großen, rechteckigen Block aus einem marmorierten grauen Material. Niemand wusste, worum es sich dabei handelte, aber bis auf die abgeschrägte Oberseite war es so hart wie Stahl. Die stämmige Graue war ein Stück darin eingesunken, und gleichgültig wie sie sich auch verrenkte, das Material passte sich ihrer Gestalt an. Doesines Geflecht aus Macht floss in die einzige Öffnung des Throns, ein handtellergroßes, rechteckiges Loch auf der einen Seite, um das in unregelmäßigen Abständen winzige Kerben angeordnet waren. In Tar Valon brachte man gefangene Verbrecher in diesen Kellerraum, damit sie den Thron der Reue kennenlernten und sie sorgfältig ausgewählte Konsequenzen ihrer Verbrechen am eigenen Leib erlebten. Nach der Entlassung flohen sie unweigerlich von der Insel. In Tar Valon gab es nur wenige Verbrechen. Seaine fragte sich unbehaglich, ob man den Thron im Zeitalter der Legenden wohl zu ähnlichen Zwecken benutzt hatte.
»Was … sieht sie?« Obwohl sie es nicht wollte, ertönte ihre Frage als ein Flüstern. Talene würde mehr als nur sehen; ihr würde alles real erscheinen. Man konnte nur dem Licht danken, dass sie keinen Behüter hatte, was für eine Grüne mehr als ungewöhnlich war. Sie hatte behauptet, eine Sitzende würde keinen brauchen. Jetzt drängten sich andere Vermutungen auf.
»Sie ist blutverschmiert, weil sie von den verdammten Trollocs ausgepeitscht wird«, sagte Doesine heiser. Untertöne ihres heimatlichen cairhienischen Akzents hatten sich in ihre Stimme eingeschlichen, etwas, das nur geschah, wenn sie unter großer Belastung stand. »Sobald sie fertig sind, kann sie den Kessel der Trollocs über einem Feuer kochen sehen, und einen Myrddraal, der sie beobachtet. Sie wird wissen, dass eines von beiden für sie als Nächstes kommt. Verdammt, wenn sie diesmal nicht zusammenbricht …« Gereizt wischte sich Doesine Schweiß von der Stirn und holte keuchend Luft. »Hört auf, mich zu drängen. Es ist lange her, dass ich das hier getan habe.«
»Das ist schon das dritte Mal«, murmelte Yukiri. »Der hartgesottenste Verbrecher wird nach dem zweiten Mal von seiner eigenen Schuld gebrochen, falls es überhaupt so lange dauert! Was ist, wenn sie unschuldig ist? Licht, das ist, als würde man Schafe stehlen, wenn der Schäfer zusieht!« Selbst am ganzen Leib zitternd schaffte sie es, hoheitsvoll auszusehen, aber sie klang immer wie das, was sie einst gewesen war, eine Frau aus dem Dorf. Sie schaute die anderen verzagt an. »Das Gesetz verbietet es, den Thron bei Schwestern anzuwenden. Man wird uns alle als Sitzende verstoßen! Und da es noch nicht reicht, aus dem Saal verbannt zu werden, wird man uns vermutlich ins Exil schicken. Und vorher mit Ruten peitschen, nur um uns den Tee zu versalzen! Soll man mich doch zu Asche verbrennen, wenn wir uns irren, könnten wir alle gedämpft werden!«
Seaine erschauderte. Letzterem würden sie entgehen, falls sich ihr Verdacht bewahrheitete. Nein, es war kein Verdacht, es war eine Gewissheit. Es musste so sein! Aber selbst wenn sie recht behielten, es stimmte, was Yukiri gesagt hatte. Die Gesetze der Burg ließen nur selten
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