Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
Mr. Spears treuherzig und bekümmert an: »Tut mir leid, daß ich zu
spät komme, Mr. Spears. Aber ich habe etwas Schreckliches erlebt. Meine Mutter
meinte tatsächlich, ich sollte überhaupt nicht zur Schule gehen. Es war
wirklich ein ganz furchtbarer Schock!«
5
Oberinspektor Wright saß am
Tisch in dem Zimmer, das Vida Cox’ Wohnzimmer gewesen war. Er hatte einen
schweren Tag hinter sich. Er war plötzlich von dem Fall, den er gerade
bearbeitete, abberufen und in dieses Dorf geschickt worden, um »wieder mal
einen Mord zu befingern«, wie sein Vorgesetzter sich ausdrückte. Weder Bob
Green, der Ortspolizist, der von Ben Wilkie herbeigerufen worden war, als er Vida gefunden hatte, noch sein Vorgesetzter,
Sergeant Hyde, aus der nächsten Stadt hatten sich in einer solchen Sache
zuständig gefühlt. So war Wright damit beauftragt worden, zusammen mit einem
Assistenten, der für die Spurensicherung zuständig war.
Es war später Nachmittag, als
sie im Brückenhotel ankamen; sie waren vorher noch in dem Leichenschauhaus der
nächstgelegenen Stadt gewesen, wo sich jetzt Vida Cox’ Leiche befand. Hyde traf
dort mit ihnen zusammen, und auf der Fahrt nach Jonston unterrichtete er seinen Vorgesetzten kurz über die Hauptpunkte des Falles.
»Wir haben die Leiche
fotografiert und auch das Zimmer. Die Stelle, wo sie lag, ist gekennzeichnet
und der Raum verschlossen und versiegelt.«
»Gut. Sieht es nach einem
Einbruch mit Gewaltanwendung aus?«
»Nun, das Geld aus der
Ladenkasse ist weg, und es kann durchaus sein, daß sich in dem Zimmer der Frau
eine größere Summe befunden hat. Sie war sehr sorglos und unbedacht und hatte
mit Abschließen nichts im Sinn, wenn sie getrunken hatte. Die Tür war
jedenfalls nicht abgeschlossen, als das Mädchen, das ihr hilft, heute früh
kam.«
»Wie dumm die Leute bloß sein
können! So läßt sich also nicht ermitteln, ob der Mord im Zimmer oder draußen
geschehen ist?«
»Nicht, soweit ich bis jetzt
sehen kann.«
»Sie war völlig bekleidet und
lag erdrosselt in ihrem Schlafzimmer, nicht wahr?«
»Ja, das Gesicht gegen die Tür
gedrückt — glücklicherweise; denn es war ein Schulbub aus dem Ort, der sie als
erster gesehen hat.«
»Wie kam denn das?«
»Das Mädchen bekam es mit der
Angst, als sie nicht mit dem Frühstück in das Zimmer konnte. Sie bat den
Jungen, die Feuerleiter entlangzugehen und durchs Fenster zu klettern. Sie
glaubte, irgend etwas wäre heruntergefallen und
verklemmte die Tür.«
»Warum ist sie nicht selber
durchs Fenster gestiegen?«
»Es ist eine sehr schmale
Leiter, und das Mädchen hatte Angst. Ihr wird leicht schwindlig.«
»Ich hoffe, der Junge ist nicht
ins Zimmer gegangen?«
»Nein, nein. Er ist ein
gescheiter Bengel, aber ein bißchen vorlaut. Als er die Frau liegen sah, dachte
er, sie wäre betrunken oder krank. Er ging zurück und rief den Busfahrer, der
gerade vorbeikam. Dieser Mann, ein gewisser Wilkie ,
stieg ein und sah sofort, was los war. Er rief den Ortspolizisten an. Der ist
ein guter Mann, aber nicht darauf eingestellt, mal etwas anderes zu machen als
den gewohnten Kleinkram. Er rief mich an, und ich wiederum informierte die
Zentrale.«
»Ihrem Gefühl nach war es
höchstwahrscheinlich jemand aus der Gegend?«
» So weit möchte ich nicht gehen, aber Mrs. Cox hatte doch eine
Menge Feinde.«
»Sie war ziemlich schwierig,
nicht wahr?«
»Sehr. Sie stand bei uns unter
Beobachtung — wegen Verstoßes gegen das Ladenschlußgesetz und Abgabe von Alkohol an Minderjährige. Zweimal wollten wir schon eine Razzia
machen, aber jedesmal wurde sie gewarnt. Aber früher
oder später hätten wir sie gekriegt.«
»Und bei den Leuten war sie
nicht beliebt?«
»Bestimmt nicht. Es wurde genug
über sie geklatscht. Sie war labil, und als ihr Mann sie verlassen hatte, hatte
sie einen ziemlich schlechten Einfluß auf die ganze Gegend hier. Spielen und
saufen!«
»Ihr Mann? Ich dachte, sie wäre
Witwe gewesen?«
»Nein, der Mann verließ sie und
blieb hier im Ort.«
»Merkwürdig. Was macht er
denn?«
Hyde erzählte ihm von dem
Lottogewinn, von dem Verkauf von Cox’ Farm und dem Kauf des Brückenhotels. »Von
da an wurde es mit ihr immer schlimmer. Ein paarmal gab es ordentlichen Krach,
und schließlich verließ er sie. Seitdem arbeitet er für eine Mrs. Sutherland, eine Witwe, die eine Schaf-Farm hat. Mit
seiner Frau kam er selten zusammen.«
»Aber gelegentlich schon?«
»Ja. Mrs. Sutherland sagte, es sähe so aus, als
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