Das Raetsel der Liebe
besteht.«
Lydia sank der Mut. »Oh.« Sie nagte an ihrer Unterlippe und blätterte in ihrem Notizbuch. »Was ist mit der Buchführung? Brauchen Sie vielleicht jemanden, der die Abrechnung macht?«
»Nein. Und selbst wenn – ich würde es niemals gestatten, dass Sie im Austausch gegen das Medaillon arbeiten.«
»Nun, ich würde trotzdem gerne –«
Bevor sie ihren Satz beenden konnte, schoss Northwood mit der Geschwindigkeit eines Alligators, der nach seiner Beute schnappt, aus dem Sessel hoch. Mit zwei Schritten war er bei ihr und entriss ihr das Notizbuch. Lydia keuchte erschrocken auf. Er begann, die Seiten durchzusehen, und sein Blick wurde immer finsterer.
»›Alexander Hall, Lord Northwood‹«, las er laut. »›Vor zwei Jahren infolge eines Skandals aus Sankt Petersburg nach London zurückgekehrt.‹ Was ist das hier?«
Eine intensive Röte kroch an Lydias Hals hoch. »Ich bitte um Verzeihung, Mylord. Es war nicht meine Absicht, irgendjemanden zu verletzen.«
»Dafür ist es jetzt ein bisschen spät, Miss Kellaway. Sie haben Informationen über mich gesammelt? Um das Medaillon zurückzubekommen?«
»Es war der einzige Weg, wie ich –«
»Ein
aufgeblasener Wichtigtuer
? Wo haben Sie gehört, dass ich ein aufgeblasener Wichtigtuer bin?«
Lydia wurde ganz heiß vor Scham. Zudem beschlich sie das alarmierende Gefühl, dass ihre Chancen, das Medaillon zurückzubekommen, allmählich dahinschmolzen wie Schnee in der Sonne. »Äh … eine Freundin meiner Großmutter. Sie meinte, Sie seien bekannt dafür, sich in recht hohen Kreisen zu bewegen, hier wie in Sankt Petersburg.«
Als er nichts erwiderte, fügte sie hinzu: »Sie sagte außerdem, Sie hätten beim Aufbau Ihres Handelsunternehmens Großartiges geleistet.«
Falls das Kompliment geeignet war, die vorangegangene Beleidigung zu entschärfen, so gab er es nicht zu erkennen. Stattdessen wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Buch zu.
»›Mutter in Skandal verwickelt.‹« Zorn verhärtete seine Gesichtszüge. »Sie haben wirklich gut recherchiert, nicht wahr, Miss Kellaway?«
Lydia wusste nicht, was sie sagen sollte. In ihrer Brust wirbelten Scham und Bestürzung durcheinander. Northwood sah den Rest des Buches durch. Auch als er die hastig hingekritzelten Gleichungen und Theoreme studierte, änderte sich sein Ausdruck nicht im Geringsten.
»Was ist das hier?«, fragte er noch einmal.
»Meine Notizen. Ich trage das Buch jederzeit bei mir, damit ich Dinge aufschreiben kann, die mir in den Sinn kommen.«
Northwood klappte das Buch zu.
»Es ist spät, Miss Kellaway.« Er klang erschöpft und angespannt zugleich. »John sollte inzwischen mit der Kutsche zurück sein. Wenn Sie in der Eingangshalle warten würden. Er sorgt dafür, dass Sie sicher nach Hause kommen.«
Wenn sie jetzt ging, würde er ihr niemals wieder ein Treffen gewähren, so viel war klar.
»Bitte, Mylord, ich bin sicher, wir können eine Einigung erzielen.«
»So, sind Sie das?« Er starrte sie durchdringend an. Ihr wurde ganz unbehaglich zumute und sie begann, verlegen hin und her zu rutschen. Seine Blicke glitten über ihren Körper, verweilten auf ihren Brüsten, ihren Hüften. »Was für eine Art von Einigung?«
In seiner Stimme, deren Klang in ihr nachhallte wie der tiefe Ton eines Cellos, lag dunkle Andeutung. Eigentlich hätte sie sich gekränkt fühlen sollen. Stattdessen durchlief ein Kribbeln ihren Körper und konzentrierte sich in ihrem Unterleib.
Doch es gab nichts mehr, das sie ihm noch hätte anbieten können.
»Lord Northwood«, fragte sie schließlich, »was schlagen Sie vor?«
Alexander dachte einen Moment lang nach und betrachtete schweigend die Frau, die vor ihm saß. Wer
war
sie? Warum machte sie ihn so … neugierig? Und warum fegte Empörung durch sein Innerstes wie ein Gewittersturm, weil sie von dem Skandal wusste?
»Ich
schlage vor
, Miss Kellaway«, sagte er schneidend, »Sie werfen Ihr vermaledeites Notizbuch in den Kamin und lassen mich verdammt nochmal in Ruhe.«
Ihre Augen weiteten sich. »Ihnen ist doch sicher klar, dass dies keine Option ist«, erwiderte sie leise.
Er lachte humorlos. So viel zu der Idee, sie zu verscheuchen. »Den Versuch war es zumindest wert.«
Er könnte ihr das verfluchte Medaillon einfach wiedergeben. Das jedenfalls würde ein Gentleman tun. Obwohl er den Verdacht hegte, dass sie die Geste nicht annehmen würde. Sie würde auf Bezahlung bestehen oder einen Austausch gegen etwas anderes.
Er dehnte die Schultern,
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