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Blutrote Kuesse

Titel: Blutrote Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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Kapitel 1
    Als ich das Blaulicht hinter mir bemerkte, erstarrte ich. Ich hatte nämlich beim besten Willen keine Erklärung für das, was ich auf der Ladefläche meines Pick-ups spazieren fuhr.
    Ich fuhr rechts ran und hielt den Atem an, als der Sheriff an mein Autofenster trat.
    »Hi. Gibt's Probleme?« Pure Unschuld lag in meiner Stimme, als ich darum betete, dass in meinen Augen nichts Ungewöhnliches zu sehen war.
    Beherrsch dich, du weißt, was passiert, wenn du dich aufregst.
    »Ja, Ihr Rücklicht ist defekt. Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte.«
    Mist. Das musste beim Aufladen passiert sein. Da war Eile geboten gewesen.
    Ich gab ihm meinen echten Führerschein, nicht den gefälschten. Abwechselnd richtete er den Strahl seiner Taschenlampe auf den Ausweis und mein Gesicht.
    »Catherine Crawfield. Du bist Justina Crawfields Tochter, oder? Von der Kirschplantage Crawfield?«
    »Ja, Sir.« Das sagte ich höflich und gelassen, als hätte ich nicht das Geringste zu verbergen.
    »Also, Catherine, es ist fast vier Uhr früh. Warum bist du so spät noch unterwegs?«
    Ich hätte ihm sagen können, was ich in Wahrheit trieb, nur wollte ich mir keine Schwierigkeiten einhandeln. Oder einen längeren Aufenthalt in der Gummizelle.
    »Ich konnte nicht schlafen, da dachte ich mir, ich fahr noch ein bisschen durch die Gegend.«
    Zu meinem Entsetzen schlenderte er zur Ladefläche des Pick-ups und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. »Was hast du denn da hinten?«
    Oh, nichts Besonderes. Eine Leiche unter ein paar Säcken und eine Axt.
    »Säcke mit Kirschen von der Plantage meiner Großeltern.« Hätte mein Herz noch lauter geklopft, wäre er davon taub geworden.
    »Tatsächlich?« Mit der Taschenlampe stieß er eines der unförmigen Plastikgebilde an. »Einer ist undicht.«
    »Macht nichts.« Meine Stimme war fast nur noch ein Piepsen. »Die platzen ständig auf. Darum transportiere ich sie ja in diesem alten Laster. Die Ladefläche ist schon ganz rot.«
    Erleichterung überkam mich, als er seine Erkundungstour beendete und wieder an mein Fenster trat.
    »Und du fährst so spät noch durch die Gegend, weil du nicht schlafen konntest?« Seine Mundwinkel verzogen sich wissend. Er ließ den Blick über mein enges Oberteil und die zerzausten Haare schweifen. »Und das soll ich glauben?«
    Die Anzüglichkeit war offenkundig, und ich verlor beinahe die Fassung. Er dachte, ich hätte mich in fremden Betten herumgetrieben.
    Wie meine Mutter vor fast dreiundzwanzig Jahren. Als uneheliches Kind hatte man es in einer solch kleinen Stadt nicht leicht, so etwas war hier noch immer nicht gern gesehen. Die heutige Gesellschaft hätte damit kein Problem mehr haben sollen, doch in Licking Falls, Ohio, hatten die Leute eigene Moralvorstellungen. Und die konnte man bestenfalls als archaisch bezeichnen.
    Mit großer Anstrengung unterdrückte ich meinen Ärger. War ich wütend, fielen meine menschlichen Wesenszüge gewöhnlich wie eine zweite Haut von mir ab.
    »Könnte das unter uns bleiben, Sheriff ?« Noch ein unschuldiger Augenaufschlag. Bei dem Toten hatte der immerhin funktioniert.
    »Ich mach's auch nie wieder, versprochen.«
    Er maß mich mit Blicken und spielte dabei an seinem Gürtel herum. Sein Hemd spannte sich über seinem Wanst, doch ich sparte mir Bemerkungen über seinen Leibesumfang oder die Tatsache, dass er nach Bier stank. Schließlich lächelte er und ließ dabei einen schiefen Vorderzahn sehen.
    »Fahr nach Hause, Catherine Crawfield, und lass das Rücklicht reparieren.«
    »Ja, Sir!«
    In meiner Erleichterung gab ich ordentlich Gas und fuhr davon. Das war knapp gewesen. Nächstes Mal würde ich vorsichtiger sein müssen.
    Gewöhnlich galten die Sorgen der Leute Vätern, die ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkamen, oder den Leichen, die ihre Familien im Keller hatten. Mir war beides nicht erspart geblieben.
    Oh, verstehen Sie mich nicht falsch, ich hatte nicht immer gewusst, was ich war. Meine Mutter, die Einzige, die sonst noch über das Geheimnis Bescheid wusste, hatte es mir erst gesagt, als ich sechzehn war.
    Ich wuchs mit Fähigkeiten auf, die andere Kinder nicht hatten, wollte ich aber etwas darüber wissen, wurde sie böse und befahl mir, nicht darüber zu reden.
    Ich lernte, verschwiegen zu sein und meine Besonderheiten zu verbergen. Alle anderen fanden mich einfach sonderbar. Ich hatte keine Freunde, trieb mich zu den merkwürdigsten Uhrzeiten draußen herum und war seltsam bleich. Selbst meine Großeltern

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