Das Raetsel des Pharao
bewacht wie der Palast des Pharao. In einer Gasse vor dem Eingangstor versteckten sich die vier hinter einer Mauer.
»Wenn wir durch das Tor gehen, entdecken uns die Wachen sofort«, flüsterte Amira. »Wir müssen über die Mauer klettern. Das ist unsere einzige Chance.«
Bewundernd sah Nepomuk seine neue Freundin an. Sie war nicht nur klug, sie war auch sehr mutig. »Hast du das schon einmal gemacht?«
»Ja. Der Wesir versucht schon lange, mich zu fangen, weil er weiß, dass Mauern mich nicht aufhalten. Bisher hat er mich noch nie erwischt.«
»Also, wie sieht dein Plan aus?«, fragte Ben.
Amira deutete auf einen Ziegenstall, der direkt an der Mauer stand. »Ben kann wieder eine Räuberleiter für uns machen. So kommen wir über die Mauer. Auf der anderen Seite ist ein flaches Dach. Folgt mir, wenn wir dort sind. Und keinen Mucks!«
Lautlos kletterten die vier auf das Dach des Ziegenstalls. Ben half erst Amira und dann den Geschwistern hinauf. Dabei behielt er stets die Wachen vor dem Eingangstor im Blick.
Auf der anderen Seite der Mauer hangelten sich die Kinder auf das Dach herab. Amira legte ihren Finger auf die Lippen und bedeutete ihnen, ihr zu folgen. Zum Glück schien sich der Wesir in seinem Reich sehr sicher zu fühlen. Anders war es nicht zu erklären, dass die einzigen beiden Wachen im Innenhof des Palastes auf ihre Lanzen gestützt waren und friedlich schnarchten.
Ben sah sich um. Innerhalb der Mauern lagen vier Gebäude. Sie standen auf dem Dach der Vorratskammern. Daneben lagen die Stallungen für Pferde und Ziegen. Die Unterkünfte für Wachen und Diener. Und das Hauptgebäude, der größte und prächtigste Bau von allen. Dort erspähte Ben Licht.
»Da ist noch jemand wach!«, flüsterte er.
Amira nickte. »Das ist der Palast des Wesirs. Kommt, wir gehen über die Dächer. Das ist der einfachste Weg.«
Leise kletterten sie hinüber zum Haupthaus. Durch eine Luke im Dach konnten sie einen Blick ins Innere werfen. In einem großen Raum flackerte ein Feuer und ließ dunkle Schatten auf den Wänden tanzen. Im Schneidersitz saß der Wesir vor den Flammen und las in einer Papyrus-Rolle, die mit Hieroglyphen beschriftet war. Vor ihm lag ein kunstvoll gearbeiteter Stab.
Amira hielt den Atem an. »Der Stab des Osiris!«, hauchte sie erschrocken.
»Ist das etwas Besonderes?«, fragte Lara.
»Und ob. Osiris ist der ägyptische Gott des Totenreichs. Der Legende nach birgt sein Stab große Kräfte. Wenn der Wesir ihn gegen uns benutzt, sind wir verloren.«
Schritte ließen die Kinder aufhorchen. Ein Mann kam auf den Wesir zu: Es war der narbengesichtige Anführer der Soldaten, dem sie schon im Palast des Pharao begegnet waren.
»Shukran, mein treuer Diener«, raunte der Wesir. »Was führt dich hierher zu dieser späten Stunde? Hast du die Kinder gefunden?«
Der Soldat schüttelte den Kopf. »Sie sind uns entwischt.«
»Sie hatten Hilfe von Amira«, raunte der Wesir. »Meine geflügelten Diener haben sie gesehen, als sie gemeinsam mit den drei Fremden geflohen ist.«
Shukran biss sich auf die Unterlippe. Obwohl es dunkel war, konnte Lara sehen, dass er Angst hatte. »Oh Wesir, dieses schreckliche Mädchen kennt jeden Winkel der Stadt, jedes Versteck und jeden Fluchtweg. Sie ist meinen besten Männern entkommen.«
»Wahre Freundschaft kann ein starkes Band zwischen den Menschen knüpfen, Shukran. So stark, dass nicht einmal meine dunkle Macht etwas dagegen ausrichten kann.«
»Sie sucht nach Pharao Alim, mein Wesir.«
Der Wesir erhob sich. »Ich weiß!« Die knochigen Finger des alten Mannes strichen über seinen Bart. »Alim schläft und ist in seinem Grab gut aufgehoben. Aber wir dürfen nicht riskieren, dass die Kinder unsere Pläne durchkreuzen. Wir müssen sie finden.«
»Soll ich sie in den Nil werfen lassen, als Hauptgang für die Heiligen Krokodile?«
Ein Lächeln huschte über das Gesicht des alten Mannes. »Eine verlockende Vorstellung, Shukran, aber ich will mehr über sie in Erfahrung bringen. Schaffe sie mir herbei, unversehrt! Deine Männer sollen jeden Stein nach ihnen umdrehen.«
»Jetzt, Herr? Meine Männer schlafen alle.«
»Dann wecke sie auf!«
Shukran wich einen Schritt zurück. »Natürlich, o Wesir. Ich werde mich sofort auf den Weg machen!« Mit eiligen Schritten verschwand der Soldat und schien sichtlich froh, diesen unheimlichen Ort verlassen zu dürfen.
Amira sah ihre neuen Freunde erschrocken an. Sie sprach so leise, dass man sie kaum verstehen konnte, und
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